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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2000

Pferdekauf

Als D'Artagnan der Gascogner sich aufmachte, in die weite Welt hinauszuziehen, meinte sein Vater es nicht nur gut mit ihm und band deswegen seinem Sohn nicht nur ein Schwert um den jungen Leib, sondern er meinte es mit seinem Sprößling noch besser und drückte ihm deswegen die Zügel für ein Pferd in die Hand, das ihn tragen, aber auch noch einige Freude bereiten sollte. Und so schwang sich - so nimmt die berühmte Geschichte der "Drei Musketiere" ihren Anfang - der Gascogner auf den Rücken des Tieres, das selber kaum auf seinen eigenen vier Beinen stehen konnte, und trottete in den Horizont davon. Der junge Reiter erreichte bald einen Marktflecken, und als er nun durch denselben auf seinem Klepper mehr schlich als ritt, brachen alle, die Zeuge dieses Einmarsches auf allen vieren wurden, in ein brüllendes Gelächter aus, das der Gascogner als ein höhnisches erkennen mußte. Man hielt sich den Bauch wegen des alten Vierbeiners, dessen Farbe schon, ein Wahnsinnsschockgelb, jedes Gespräch stocken ließ. Der Gascogner schlug sich um seinen und des Pferdes Ruf, entschloß sich darauf aber, ein neues Pferd zu erhandeln. Er hatte kein Glück: In seiner Satteltasche fand er keine Abschrift eines Buches, das ihm von Nutzen gewesen wäre: "Der Pferdekauf", geschrieben von G. Gerweck, 84 Seiten lang, mit 8 Abbildungen. Die gebundene Ausgabe kostet 29,90 Mark und erschien im Enke Verlag, Stuttgart 2000. Das Buch hätte ihm "eine sichere Grundlage dafür" geboten, "sich bei einem Pferdekauf vor unliebsamen Täuschungen zu schützen". Denn: "Zunächst sollte der zukünftige Besitzer wissen, welche Rasse und welches Temperament zu den eigenen Vorstellungen passen." Eine Checkliste hätte ihm gezeigt, daß alles gutgehen würde, wenn er sie sorgfältig ausgefüllt hätte. Der Gascogner hätte nun allen Mut sinken lassen und Förster werden können, weil man als Förster nicht unbedingt ein Pferd braucht. Dafür aber muß man Ahnung von Bäumen haben. Diese Ahnung hatte er aber nicht und auch nicht das Buch in der Satteltasche: "Strukturierte Mischwälder. Eine Herausforderung für den Waldbau unserer Zeit", geschrieben von Marie-Stella Duchiron, 303 Seiten, mit 106 zu einem großen Teil farbigen Abbildungen, gebunden und für 86,- Mark zu haben. Das Buch erschien im Parey Buchverlag, Berlin 2000. Der Gascogner tauschte, um diesem beruflichen Dilemma zu entkommen, seinen Klepper gegen ein anderes Pferd ein, Checkliste hin, Checkliste her, und gelangte schließlich durch allerhand noch nicht strukturierte Mischwälder nach Paris.

rtg

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