Federico Garcia Lorca (1898-1936) ist Spaniens größter und einflussreichster Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Seine starke Prägung durch die andalusische Heimat brachte er in seinen Gedichten und Dramen zum Ausdruck, dabei modernisierte er mit seinen Theaterstücken das klassische
Drama.
Lorca ließ sich von den Avantgarde-Strömungen seiner Zeit (Expressionismus und Surrealismus)…mehrFederico Garcia Lorca (1898-1936) ist Spaniens größter und einflussreichster Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Seine starke Prägung durch die andalusische Heimat brachte er in seinen Gedichten und Dramen zum Ausdruck, dabei modernisierte er mit seinen Theaterstücken das klassische Drama.
Lorca ließ sich von den Avantgarde-Strömungen seiner Zeit (Expressionismus und Surrealismus) inspirieren, verarbeitet aber auch Elemente des Volks- und des Marionettentheaters. Er verstand Theater als ein akustisch-visuelles Spektakel, in dem Licht, Raum, Bewegung, Stimme, Körper, Musik und Tanz eine Einheit bilden. In seinen frühen Stücken hielt sich Lorca noch an das Vorbild des Versdramas, seine späteren Stücke sind jedoch in Prosa geschrieben.
Lorcas Dramen werden von dem tragischen Konflikt zwischen einer überkommenen Werteordnung und den menschlichen Leidenschaften bestimmt. Mit der zunehmenden Politisierung seiner Stücke hatte sich Lorca den Faschisten verdächtig gemacht. Kurz nach dem Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs wurde Lorca von Franco-Anhängern erschossen. Da war er gerade 38 Jahre alt, dennoch hinterließ er ein umfangreiches und vielfältiges Werk. In Spanien konnten seine Gesammelten Werke aber erst 1954 er-scheinen.
Nach der zweibändigen Ausgabe (deutsch - spanisch) seiner Gedichte im Göttinger Wallstein Verlag (2008) liegen nun hier Lorcas dramatische Werke in einem Sammelband vor. Neben den bekannten Tragödien aus seiner späten Schaffensphase bringt der Band auch frühe, experimentelle Stücke wie das romantische Drama „Mariana Pineda“ über die gleichnamige spanische Freiheitskämpferin und Volksheldin, die 1831 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
„Das Bildtäfelchen des Don Cristóbal“ und „In seinem Garten liebt Don Perlimplin Belisa“ sind dagegen Beispiele, die Lorca für das Marionettentheater geschrieben hat. Für die damalige Zeit unzeitgemäß und doch zukunftsweisend sind seine experimentellen Arbeiten aus den 20er- und frühen 30er Jahren: z. B. „Sobald fünf Jahre vergehen“ oder mehrere surrealistisch anmutenden Dialoge.
Am bekanntesten sind die Stücke seiner „ländlichen Trilogie“ („trilogia rural“): „Bluthochzeit“ (1933), „Yerma“ (1934) und „Bernarda Albas Haus“ (1954). In diesen großen Frauentragödien kritisiert Lorca die totalitären Gesellschaftsstrukturen des ländlichen Andalusiens und stellt die alten spanischen Mythen von Ehre und weiblicher Tugend in Frage. So verordnet die Witwe Bernarda Alba nach dem Tod ihres Mannes ihren fünf Töchtern eine achtjährige Trauerzeit. Isolation und Nichtstun bestimmen von nun an das Leben in Bernarda Albas Haus. Alle Vitalität wird nicht nur unterdrückt, sondern geradezu abgetötet.
Der Band enthält die deutschen Übertragungen des Lorca-Übersetzers Enrique Beck aus den 50er Jahren, die für diese Ausgabe noch einmal überarbeitet wurden. Der umfangreiche Anhang bringt neben dem Nachwort „Lorcas Theater. Eine Einführung“ des Herausgebers Marco Kunz ausführliche Informationen zur Geschichte und Wirkung der einzelnen Theaterstücken.
Fazit: Der vorliegende, kommentierte Band ist eine Wiederentdeckung der dramatischen Werke Lorcas für den deutschen Theaterfreund.
Manfred Orlick