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Bananenrepublik USA: Im weißen Haus sitzt ´Baby Bush mit seiner Kamarilla´, ein Präsident, der nie gewählt wurde, und der regieren läßt - hauptsächlich von Geschäftsfreunden seines Vaters. Die Lage der Nation ist entsprechend: die Außenpolitik eine Serie von haarsträubenden Fehlentscheidungen, die Börse entpuppt sich als eine Spielwiese für Betrüger, viele Anleger sind ruiniert, die Wirtschaft auf Talfahrt. In dieser Abrechnung voll boshaftem Witz zeigt Michael Moore, was alles schief läuftin der einzig noch verbliebenen Weltmacht USA. Er schont dabei nichts und niemanden, zeigt die Schwächen…mehr

Produktbeschreibung
Bananenrepublik USA: Im weißen Haus sitzt ´Baby Bush mit seiner Kamarilla´, ein Präsident, der nie gewählt wurde, und der regieren läßt - hauptsächlich von Geschäftsfreunden seines Vaters. Die Lage der Nation ist entsprechend: die Außenpolitik eine Serie von haarsträubenden Fehlentscheidungen, die Börse entpuppt sich als eine Spielwiese für Betrüger, viele Anleger sind ruiniert, die Wirtschaft auf Talfahrt. In dieser Abrechnung voll boshaftem Witz zeigt Michael Moore, was alles schief läuftin der einzig noch verbliebenen Weltmacht USA. Er schont dabei nichts und niemanden, zeigt die Schwächen des politischen Systems ebenso auf wie die Auswirkungen des ungebremsten Kapitalismus. Michael Moore gelingt es eine seltene Mischung aus knallhartem politischen Buch und witziger Satire, die niemanden gleichgültig läßt.
Autorenporträt
Michael Moore, geboren 1954 in Flint/Michigan, arbeitet als Regisseur, Fernsehmoderator und Schriftsteller. Bekannt geworden durch Dokumentarfilme - "Bowling for Columbine" wurde 2003 mit dem Oscar als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Buchveröffentlichungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.2002

Die Plage der Nation
Jedermann rechnet ab: Michael Moore kämpft in seinem Bestseller "Stupid White Men" und in seinem Dokumentarfilm "Bowling for Columbine" gegen Washington und Waffennarren

Es war das Jahr, in dem die Häuser zwischen Kalifornien und Connecticut ständig geflaggt hatten. An den Seitenfenstern vieler Autos waren Fahnen angebracht, die lustig im Fahrtwind flatterten, und selbst auf manchen Telefonkarten sah man nur noch Stars and Stripes. Wer ein wenig älter ist, der mochte sich vielleicht daran erinnern, wie Jimi Hendrix nicht nur vom "Star Spangled Banner" sang, sondern es auch verbrannte. Doch das war kein guter Gag im patriotischen Jahr 2002. Die Linken waren auch nicht zu Scherzen aufgelegt, sie schwiegen zumeist bitter, weil Ari Fleischer, der Sprecher des Präsidenten, am 26. September 2001 gesagt hatte, "alle Amerikaner müssen aufpassen, was sie sagen und was sie tun". Die Demokraten beugten sich in der Irak-Frage dem Drängen des Präsidenten, und die diffuse Angst, die sich über das Land gelegt hatte, verdichtete sich, als der "Sniper" im Oktober drei Wochen lang den Alltag im Großraum Washington lähmte.

Es waren auch die Tage, in denen Michael Moores Dokumentarfilm "Bowling for Columbine" in die amerikanischen Kinos kam, der weder vor Satire noch vor schlechten Scherzen zurückscheut. Schon im April hatte der voluminöse Mann mit den hängenden Jeans, der großen Brille und der ewigen Baseballkappe die Bestenliste der "New York Times" erobert. "Stupid White Men and Other Sorry Excuses for the State of the Nation" wurde mittlerweile mehr als eine halbe Million Mal verkauft, obgleich es zunächst so aussah, als werde das Buch gar nicht auf den Markt kommen, weil es, wie der Untertitel der soeben erschienenen deutschen Ausgabe sagt, "eine Abrechnung mit dem Amerika unter George Bush" ist. Eine solche kann, wer unbedingt will, auch in Moores Film sehen, der im Mai in Cannes minutenlange Standing Ovations und einen Spezialpreis bekam und der internationalen Presse liebstes Vorurteil bestätigte, daß die amerikanische Bevölkerung aus einem Haufen schwer bewaffneter Ballermänner besteht.

Der 48jährige Moore ist eine Nervensäge, was man schnell bemerkt, da er in seinen Filmen stets persönlich erscheint. Er lauert Mächtigen und weniger Mächtigen wie ein Wegelagerer auf, er redet mal wie ein Gebrauchtwagenhändler und mal wie ein Großinquisitor, um dann wieder als neugieriger Passant oder besorgter Kunde aufzutreten. Seit er 1989 mit seinem ersten Film "Roger & me" den Autokonzern General Motors attackierte, hat Moore den Ruf des lustigen Populisten und Brachialsatirikers. Zu diesem Image paßt es bestens, daß er aussieht und argumentiert wie ein amerikanischer Jedermann und daß er wie der "guy next door" auch Mitglied der "National Rifle Association" (NRA) ist. Als Jugendlicher hat er sogar mal einen Scharfschützenwettbewerb gewonnen. Doch inzwischen hat Moore die Waffengattung gewechselt. Er schießt mit Worten und Bildern, die er zu einer Art Schrotladung mischt, woraus bekanntlich eine enorme Streuung entsteht und wobei längst nicht jede Kugel das gewünschte Ziel erreicht.

"Bowling for Columbine" ist auch eine solche Schrotladung, im Maschinengewehrtakt abgefeuert, bis man glaubt, ganz Amerika sei eine Lach- und Schießgesellschaft. Es ist kein sonderlich gut strukturierter Film, der viele richtige Fragen stellt, die er nicht beantworten kann. "Sind wir nun eine Nation von Waffennarren oder nur von Narren?" fragt er, ausgehend vom Massaker in Columbine im April 1999, und legt los. Moore montiert Werbespots mit Cartoons, Archivmaterial aus 50 Jahren amerikanischer Außenpolitik mit Louis Armstrongs "What a wonderful world", er besucht Männer in Tarnanzügen, die schwerbewaffnet durchs Unterholz schleichen, und den bösen Rocker Marilyn Manson in dessen Garderobe. Die Grenzen zwischen Satire und Dokumentation sind dabei durchlässig, was einerseits am Thema liegt und andererseits an Moores Verfahren. Er spricht von Killerbienen und Milleniumshysterie, er zeigt den Werbespot eines Herstellers von Metalldetektoren, in dem ein Jugendlicher nach und nach zehn Feuerwaffen aus der Hose zieht; Hunde werden mit Gewehren "ausgerüstet", die Medien wortreich beschimpft - und irgendwann kommt man sich dabei vor wie an einem jener "All you can eat"-Buffets.

Vor allem aber inszeniert Moore sich selbst. Von Anfang an steuert er auf den Showdown mit Charlton Heston zu. Heston war Moses und Ben Hur, er amtiert trotz Alzheimerleiden noch immer als Präsident der "National Rifle Association", und er ist unmittelbar nach Columbine im nahegelegenen Denver aufgetreten. Wie einer, der sich am Stammtisch mächtig in Rage geredet hat, kauft sich Moore in Beverly Hills eine Karte, auf der die Häuser der Stars verzeichnet sind. Er klingelt an Hestons Anwesen, und der alte Star gewährt dem NRA-Mitglied eine Audienz am Pool. Moore mäandert durch seine Fragen, und Heston antwortet auch nicht gerade so klar wie Moses am Sinai. Die Aufforderung, sich für seinen taktlosen Auftritt zu entschuldigen, begreift Heston nicht. Er schüttelt dem zudringlichen Gast die Hand und geht ab, Richtung Wohnhaus. Moore stellt als Abschiedsgruß das Foto einer Sechsjährigen, die in Flint/Michigan von einem Gleichaltrigen erschossen wurde, an einen Pfeiler. Im letzten Bild sieht man ihn auf einer Bowlingbahn, wo er mit der ersten Kugel alle Pins umlegt. Bowling war an jenem Morgen der erste Kurs in Columbine, zu dem die Täter pünktlich erschienen. Leider kommt Moore mit Kamera und Mikrofon nicht ganz so rasch zum Ziel. Er hat ein fabelhaftes Talent, Leute aus der Reserve zu locken, um sie dann gnadenlos vorzuführen. So feiert er komische Triumphe, die er am Schneidetisch fortsetzt, oft bis die Pointe verpufft ist. Die suggestive Montage wird zum direkten Ventil seiner Empörung. Völlig beiläufig stellt er etwa fest, daß die NATO-Flugzeuge am Tag des Columbine-Massakers die heftigsten Bombenangriffe auf Serbien flogen; dann sitzt er bei Marilyn Manson, und der erklärt, das sei ihm auch aufgefallen. So sucht sich der Satiriker immer wieder Belege in der Empirie, die er gar nicht benötigte, was die Schlußfolgerung dann wiederum wie eine ziemlich schlechte Pointe aussehen läßt.

Um so erstaunlicher ist es, daß Moore in den Querelen um sein Buch als kluger Taktiker agierte. "Stupid White Men" attackiert den Bush-Clan, spricht von Wahlbetrug in Florida und enthält auch einen offenen Brief an Bush jr., in dem sich Moore erkundigt, ob der Präsident die nötige Hilfe für seine Drogen- und Alkoholprobleme bekomme. Daß Regan Books, eine Tochter von HarperCollins, die Sottisensammlung im Oktober 2001 nicht mehr herausbringen wollte, kann nur Gutgläubige überraschen. 50 000 Exemplare waren jedoch bereits gedruckt, und Moore sollte sich deshalb an den Kosten einer drastisch revidierten Neuedition beteiligen.

Der passionierte Ruhestörer hielt nach außen hin still, und er veränderte kein Jota. Und nachdem er auf einer Versammlung der "New Jersey Citizen's Action" im Dezember 2001 einige Passagen vorgelesen hatte, forderte er das Auditorium auf, nichts zu unternehmen. Eine Bibliothekarin verstand den Wink. Auf diversen Listservern der amerikanischen Bibliothekarsorganisation schilderte sie die Praktiken des Verlages, das Branchenblatt "Publisher's Weekly" griff die Story auf, und auf einmal schlug eine E-Mail-Welle über HarperCollins zusammen. Die Sprecherin des Konzerns wollte davon nichts bemerkt haben, als sie Mitte Dezember bekanntgab, das Buch werde im März 2002 unverändert erscheinen.

Vermutlich war Moore dann selbst ein wenig überrascht, als er sich auf der Bestsellerliste wiederfand und auf einer langen Lesereise teilweise vor mehreren tausend Menschen auftrat. Behende surfte er auf der Stimmungswelle, die auch Noam Chomskys Interviewband "9-11" oder Greg Palasts "The Best Democracy Money Can Buy" erstaunliche Verkaufszahlen bescherte, weil eine schlichte offizielle Position nun einmal keine filigrane Widerrede herausfordert. Moore bringt es mühelos fertig, sich auf einer Seite vom Narren in einen Nörgler und vom Gagschreiber in einen Gutmenschen zu verwandeln, was seine europäischen Leser in manche Falle lockt. Denn Moores Form des Protests gehört zu den schwer begreiflichen Eigenarten der amerikanischen Psyche, und deswegen ist es natürlich auch Unsinn, ihm den Antiamerikanismus von den Lippen ablesen zu wollen.

An der Paranoia, die er beschreibt, hat er selber teil. Und daß er nicht daran denkt, aus der NRA auszutreten, und zugleich mit zwei überlebenden Columbine-Opfern das Kmart-Hauptquartier belagert, weil die beiden Todesschützen ihre Munition bei Kmart kauften, ist für Moore kein Widerspruch. Er freut sich vielmehr, als eine Kmart-Sprecherin vor seine Kamera tritt, um zu verkünden, die Warenhauskette werde den Verkauf von Munition einstellen. Michael Moore, das ist jener prototypische amerikanische Bürger, der Politikern und Wall-Street-Strategen so wenig über den Weg traut, daß er die Probleme lieber selbst in die Hand nimmt und für alle Fälle die Schußwaffe griffbereit hält, deren Besitz der zweite Verfassungszusatz garantiert.

Zu Beginn von "Bowling for Columbine" eröffnet er in einer Provinzbank ein Konto und erfährt, daß jeder neue Kunde ein Gewehr als Geschenk erhält. Natürlich gibt Moore die Waffe nicht zurück. Und natürlich bleiben am Ende die Fragen, die er gestellt hat: Warum gibt es keine Verschärfung des Waffengesetzes? Woher rührt die amerikanische Angst, die der Waffenbesitz besänftigen soll und zugleich schürt? Warum kommen mehr Menschen durch Schußwaffen ums Leben als in jedem anderen Land der Welt? Michael Moore kann sie mit seinem irrwitzigen Mosaik aus Interviews und Archivmaterial, mit seinen mal wahnsinnig komischen und mal atemberaubend dämlichen verbalen Kraftakten nicht beantworten - so wenig wie all die anderen, deren Antworten nur geschliffener klingen. Aber er wird weitermachen. Erst einmal hat er jetzt den Verlag gewechselt. Er hat mit Warner Books einen Drei-Millionen-Dollar-Deal für seine beiden nächsten Bücher abgeschlossen, und aus "Stupid White Men", so war kürzlich zu lesen, soll ein Zeichentrickfilm werden. Dieser Plotpoint wird zumindest die Freunde des Antiamerikanismus eine Weile beschäftigen.

PETER KÖRTE

"Stupid White Men" ist vor kurzem im Piper Verlag erschienen (368 S., 12 [Euro]); "Bowling for Columbine" kommt am 21. November in deutsche Kinos.

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