Der Wald lichtete sich. Ruby zügelte ihre Stute und blickte nachdenklich auf Rosefield Hall hinunter: ein graues elisabethanisches Schlösschen in einer Talsenke zwischen steil aufragenden Hügeln.
Es ist der Sommer 1913, der für Ruby Compton alles verändern soll. Sie ist 18 und bislang sehr
wohlbehütet als Tochter von Lord und Lady Compton aufgewachsen. Aber Ruby hatte schon immer ihren eigenen…mehrDer Wald lichtete sich. Ruby zügelte ihre Stute und blickte nachdenklich auf Rosefield Hall hinunter: ein graues elisabethanisches Schlösschen in einer Talsenke zwischen steil aufragenden Hügeln.
Es ist der Sommer 1913, der für Ruby Compton alles verändern soll. Sie ist 18 und bislang sehr wohlbehütet als Tochter von Lord und Lady Compton aufgewachsen. Aber Ruby hatte schon immer ihren eigenen Kopf. Sie freundet sich mit dem Dienstmädchen an und reitet oft alleine durch die angrenzenden Wälder. Hier trifft sie auch eines Tages auf den attraktiven und sehr charmanten Cyril Brown, der mit seiner Schwester den Sommer auf Tamary Court verbringt. Sie fühlen sich sofort zueinander hingezogen und obwohl beide ihre wahre Identität zuerst verschweigen, verbringen sie unbeschwerte Stunden miteinander. Doch jedes Mal wenn Ruby mit einer direkten Annäherung rechnet, macht Cyril einen Rückzieher. Spielt er nur mit ihr oder hat er tatsächlich ein dunkles Geheimnis? Auch ihre Eltern sind von dieser Verbindung überhaupt nicht angetan, denn Cyril passt nicht in die Adelsfamilie...
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Ich mag die Romane von Julie Leuze, mit ihren dickköpfigen, starken und unkonventionellen weiblichen Charakteren und da macht auch Rosefield Hall keine Ausnahme. Hier haben wir nämlich gleich 4 davon! Denn der Roman wird in wechselnden Perspektiven nicht nur von Ruby, sondern auch Florence, Alice und Gwendolen erzählt. Jede hat ihre eigene Geschichte und dennoch gehören sie alle irgendwie zusammen.
Zu Beginn allerdings wechseln die recht kurzen Kapitel zwischen Ruby und ihrem Dienstmädchen Florence so oft hin und her, dass ich zwar sehr interessiert, aber leider auch sehr distanziert zuschaut habe. Und ich brauchte deswegen auch etwas länger um eine Verbindung zu den beiden aufzubauen, obwohl sie von Anfang an unheimlich sympathisch waren.
Auch, dass die Kapitel nach einem erneuten Wechsel nicht direkt anknüpfen, sondern auch durchaus mal eine Zeitspanne dazwischen liegt und man jetzt z.B. nicht erfährt, wie das Essen oder die Gesellschaft ausgegangen ist, hat mich manchmal irritiert. Im weiteren Verlauf der Handlung wird allerdings deutlich warum, denn es gibt so viele Handlungsstränge bzw. Themen, dass gar nicht überall in die Tiefe gegangen werden kann. Einerseits ist das wirklich unheimlich interessant und es ist auch alles rund und passt zusammen, andererseits waren es mir persönlich ein wenig zu viele Themen auf rund 300 Seiten. Dadurch blieb die Atmosphäre manchmal ein wenig auf der Strecke.
Alles in allem sind das aber nur geringe Kritikpunkte, Abzüge in der B-Note quasi. Denn wenn Julie Leuze eins kann, dann ist das fesselnd und anschaulich schreiben und dabei interessante und spannende Geschichten erzählen. Nachdem ich mich auf den Stil eingelassen hatte, bin ich nur so durch das Buch geflogen.
Ihre "Frauen" sind einfach immer großartig - sehr vielschichtig und man erlebt hautnah Ihre Entwicklungen mit. In diesem Fall ist es die Zeit kurz vor dem ersten Weltkrieg, die Klassifizierung der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und die Rechte der Frauen allgemein.
Fazit: Ein großartiger Schmöker, der gut und gerne die doppelte Anzahl der Seiten hätte haben dürfen. Ich bin und bleibe ein Fan von Julie Leuze.