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Das große Standardwerk über die Geschichte der SA
Dies ist die erste umfassende Geschichte der SA. Daniel Siemens, einer der renommiertesten deutschen Historiker der jüngeren Generation, beschreibt darin den Aufstieg der Ordnertruppe, die für die Hitlerbewegung den Straßenkampf gegen die politischen Feinde ausfocht. Bis zu den frühen dreißiger Jahren verwandelte sich die SA dann von einer Schlägertruppe zum entscheidenden Faktor bei der Machteroberung der Nationalsozialisten. In seinem Standardwerk zeigt Daniel Siemens zudem, wie sogar nach den Säuberungen beim "Röhm-Putsch" 1934 die SA…mehr

Produktbeschreibung
Das große Standardwerk über die Geschichte der SA

Dies ist die erste umfassende Geschichte der SA. Daniel Siemens, einer der renommiertesten deutschen Historiker der jüngeren Generation, beschreibt darin den Aufstieg der Ordnertruppe, die für die Hitlerbewegung den Straßenkampf gegen die politischen Feinde ausfocht. Bis zu den frühen dreißiger Jahren verwandelte sich die SA dann von einer Schlägertruppe zum entscheidenden Faktor bei der Machteroberung der Nationalsozialisten. In seinem Standardwerk zeigt Daniel Siemens zudem, wie sogar nach den Säuberungen beim "Röhm-Putsch" 1934 die SA eine überraschend aktive Rolle in der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungspolitik und dem Holocaust spielte.
Autorenporträt
Daniel Siemens, geboren 1975 in Bielefeld, ist Professor für Europäische Geschichte an der Newcastle University und Fellow der Royal Historical Society. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, darunter der hochgelobten Studie "Horst Wessel. Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten" (Siedler 2009), die mit dem Preis Geisteswissenschaften International ausgezeichnet wurde.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.06.2019

Die drei
Leben der SA
Daniel Siemens erklärt die Rolle der Sturmabteilung,
die auch nach dem Röhm-Mord 1934 bedeutsam blieb
VON ISABELL TROMMER
Im Jahr 1951 erscheint im Rowohlt-Verlag „Der Fragebogen“ von Ernst von Salomon, einer der größten Bucherfolge der jungen Bundesrepublik. Der Roman, der wie eine Autobiografie anmuten soll, nimmt sich den Entnazifizierungsfragbogen zur Grundlage. Salomon war am Kapp-Putsch beteiligt gewesen und hatte der paramilitärischen Organisation Consul angehört. In dem Buch berichtet er davon, wie er 1945 in einem amerikanischen Internierungslager den ehemaligen SA-Obergruppenführer Hanns Ludin kennenlernt: „Ich fragte ihn sofort, aus welchem Grunde er nach dem 30. Juni 1934 hoher Führer der SA geblieben sei. Er antwortete ebenso aggressiv: aus den gleichen Gründen, aus welchen er seinerzeit in die SA eintrat; er habe nach einer Gelegenheit gesucht, in großem Rahmen pädagogisch zu wirken, durch Vorbild und Beispiel männliche Tugenden zu pflegen, Kameradschaft, Treue, Anständigkeit.“ Daran habe sich nach 1934 nichts geändert, im Gegenteil.
Aufschlussreich ist nicht nur Ludins Beschreibung der nationalsozialistischen Sturmabteilung, sondern auch die Zäsur, die der Fragesteller im Jahr 1934 setzt, von der Ludin aber wenig hält. Die sogenannte Röhm-Aktion, um die es in dieser Szene geht, bildet zweifellos einen bedeutenden Einschnitt in der Geschichte des Nationalsozialismus. Die SA-Führung um Ernst Röhm sowie Kritiker Hitlers wurden auf seinen Befehl hin von SS-Einheiten festgenommen und ermordet, um angeblichen Putschplänen zuvorzukommen. Der konservativen und innerparteilichen Kritik wurde der Garaus gemacht, und so gewann unter anderem die SS an Einfluss, die bis dahin der SA unterstanden hatte; auch die Position der Reichswehr wurde gestärkt. Die Sturmabteilung hatte zwar diesen Machtkampf verloren, war damit aber nicht an ihr Ende gelangt. Wie es weiterging, zeigt der in Newcastle lehrende deutsche Historiker Daniel Siemens in seiner Geschichte der Sturmabteilung. Die 2017 auf Englisch erschienene Gesamtdarstellung liegt nun auf Deutsch vor.
Die nationalsozialistische Sturmabteilung hatte laut Siemens drei Leben. In der frühen Zeit der Weimarer Republik war sie zunächst ein paramilitärischer Wehrverband, dann entwickelte sie sich seit 1925/26 zu einer gewalttätigen sozialen Bewegung und wurde schließlich zwischen 1934 und 1945 zu einer Massenorganisation mit hilfspolizeilichen Aufgaben. Auch wenn die SA seit 1934 von der Politik auf höchster Ebene ausgeschlossen war, blieb sie, so Siemens, auf der Alltagsebene ein wichtiger Akteur. Sie habe dem NS-Regime weiterhin als „Instrument für die Durchdringung der deutschen Gesellschaft“ gedient.
Daniel Siemens interessiert sich in seinem Buch für die politischen Gewaltformen und die Integrationskraft der Sturmabteilung. Ihm geht es sowohl um die Ideologie als auch um die Praxis. Dabei nimmt er die Widersprüche und Wendungen in der Geschichte der SA sowie ihre Heterogenität in den Blick. Denn das Bild von der Sturmabteilung bleibt einseitig, wenn man sie nur als Schlägertrupp oder Rowdy-Verein begreift. Siemens beschreibt, dass die SA nicht nur aus sozialen Problemfällen bestand, Studenten und Angehörige der Mittelschicht hätten sich ihr ebenfalls angeschlossen. Spätestens in der Nachkriegszeit sei der SA-Mann aber im Grunde zum Klischee geworden.
Die Sturmabteilung entstand 1921 als paramilitärische Kampforganisation der NSDAP, sie ging aus der Turn- und Sportabteilung hervor. Die SA-Männer, unter ihnen viele Freikorpskämpfer, waren nicht nur Saalschützer bei politischen Veranstaltungen, sondern auch Straßenkämpfer – wovon es in der Weimarer Republik freilich viele gab. Zwischen 1923 und 1925, nach dem gescheiterten Hitlerputsch in München, war die SA verboten, bestand aber in regionalen Zellen fort und formierte sich bald wieder. Und sie bekam einen neuen Chef: Franz Pfeffer von Salomon. Er zentralisierte die Sturmabteilung und organisierte sie nach dem Vorbild der deutschen Streitkräfte. Immer wieder kam es zu Spannungen zwischen der NSDAP und der SA, deren Aktionismus sich kaum zügeln ließ. 1930 ernannte sich Hitler zum Obersten SA-Führer, die Leitung übernahm ein Jahr später sein alter Gefährte Ernst Röhm.
Die Gewalt richtete sich gegen Juden und politische Gegner. Es ging in diesen Jahren darum, wie Siemens zeigt, die öffentliche Ordnung und die Republik zu destabilisieren, ja zu zerstören. So trug die SA ihren Teil zum Aufstieg der NSDAP bei. Früh richtete sie Konzentrationslager ein, in denen 1933 ungefähr 80 000 Menschen interniert waren. Antisemitismus sei „von Anfang an das Schlüsselelement der ideologischen Ausrichtung der SA“ gewesen, schreibt Siemens. Im Juli 1933 etwa hetzte die Marine-SA in Cuxhaven ein deutsch-jüdisches Paar durch die Stadt. Die Frau musste ein Schild um den Hals tragen: „Ich bin am Ort das größte Schwein und laß mich nur mit Juden ein!“ Dies ist nur ein Fall neben unzähligen anderen in der Zeit davor und danach.
Die SA war nicht nur ein geselliger Männerbund, der Karrierechancen, „braune Hemden“ und eine eigene Zigarettenmarke bot (bis 1934 waren die SA-Männer aufgefordert, „Sturm“-Zigaretten einer Dresdner Firma zu rauchen, die dafür Geld in die Kassen der Organisation fließen ließ); Disziplin, Tatkraft und nationale Wiedergeburt sollten propagiert werden. Lebensform und Ideologie, Überzeugung und Zugehörigkeit gingen Hand in Hand. Die SA habe, so der Historiker, ein zentrales Versprechen des Nationalsozialismus verkörpert: „gesellschaftliche Teilhabe und Zugehörigkeit zur ‚Volksgemeinschaft’ für alle ‚reinrassigen’ Deutschen“.
Während Hitler und anderen führenden NS-Politikern daran gelegen war, die 1933 errungene Macht zu stabilisieren, wollte Röhm die nationalsozialistische Revolution weitertreiben. Kompromisse mit den Kräften der alten Ordnung zu schließen, war seine Sache nicht. Und immerhin stand die SA 1934 mit knapp vier Millionen Mitgliedern auf dem Höhepunkt ihres Einflusses.
Nach der Ermordung der SA-Führung machte sich Apathie in ihren Reihen breit. Niedergang, Ungewissheit und Neuorientierung sind die Wörter, mit denen Siemens die Zeit bis 1937 beschreibt. Die gewalttätigen Aktionen setzten sich aber fort. Das gilt auch für andere Praktiken: Schon seit den frühen Dreißigerjahren habe die SA, so Siemens, den ländlichen Raum und die bürgerliche Welt erobert und eine immer größere Rolle in Reit- und Schützenvereinen gespielt.
Die SA habe sich gewandelt, aber man solle ihre Rolle nach 1934 nicht unterschätzen, argumentiert der Autor. Hier unterscheidet sich seine Deutung von der des Historikers Peter Longerich, der in seinem 1989 erschienen Buch über die SA von einer „gezähmten Parteiarmee“ spricht, die sich spätestens nach den Novemberpogromen 1938 endgültig in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet habe.
Daniel Siemens buchstabiert seine Interpretation zur unterschätzten Rolle der SA nach 1934 anhand verschiedener Felder aus: Die SA habe einen großen Beitrag zur Militarisierung der Gesellschaft geleistet, indem sie etwa für die vormilitärische Ausbildung zuständig war; sie habe KZ-Insassen und Zwangsarbeiter bewacht und mit ihren Kampfgruppen hinter der Front agiert; zudem habe die SA paramilitärische Aufgaben im Zusammenhang mit dem „Anschluss“ Österreichs, der Zerschlagung der Tschechoslowakei sowie der Eingliederung des Memelgebietes übernommen; seit den Dreißigerjahren habe sie für das östliche Europa Siedlungspläne entworfen. Außerdem wurden in den frühen Vierzigerjahren SA-Generäle als Diplomaten nach Südosteuropa geschickt, um die Ermordung der Juden vorzubereiten. Hier kommt wieder Hanns Ludin ins Spiel: Als deutscher Gesandter war er seit 1941 in Bratislava tätig, um dort mit der Regierung über die Deportation der slowakischen Juden zu verhandeln und sie voranzutreiben.
Nach dem Krieg haben, wie Siemens zeigt, ehemalige SA-Männer von dem vorherrschenden Bild einer „gewaltbereiten, aber politisch randständigen Organisation“ profitiert. Ihre Karrierewege waren dann so vielfältig wie die anderer Nazis: Sie wurden zu Bürgermeistern, Historikern oder Naturschützern.
Dass Siemens die Forschung im Hinblick auf die Rolle der SA nach 1934 als „kumulative Banalisierung“ beschreibt, ist wohl übertrieben, entspricht aber auch nicht dem sonstigen Charakter des Buches, das ruhig, genau und klar erzählt, was sich zugetragen hat. Er schildert nicht nur die Geschichte der nationalsozialistischen Sturmabteilung, sondern arbeitet zugleich ihre gesellschaftliche Bedeutung heraus. Für die Frühgeschichte der SA wird auch Longerichs Buch bedeutsam bleiben, wer an der ganzen Geschichte und den vielfältigen jüngeren Forschungsentwicklungen interessiert ist, sollte zu Daniel Siemens’ Buch greifen.
Isabell Trommer ist Politikwissenschaftlerin.
Anders als Peter Longerich
hält Siemens die SA nicht für
eine „gezähmte Parteiarmee“
Daniel Siemens:
Sturmabteilung. Die
Geschichte der SA.
Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber.
Siedler-Verlag, München 2019. 592 Seiten, 36 Euro.
Reichsparteitag des Sieges: Im Sommer 1933 trifft sich SA-Führer Ernst Röhm (links vorne) mit dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler (Mitte, vorne). Nicht einmal ein Jahr später wird Röhm ermordet – auf Geheiß seines Chefs.
Foto: Scherl/SZ Photo
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.2019

Aus diesen Reihen kamen versierte Gewaltexperten
Eine totale Organisation im Dienste des Nationalsozialismus: Daniel Siemens' Geschichte der SA überzeugt für die Jahre ab 1934

Die 1920/21 in München gegründete "Sturmabteilung" zählt zu den gut erforschten NS-Organisationen. Über die Ideologie, Symbolik und Mentalität ihrer Mitglieder ist ebenso viel bekannt wie über die Gewaltformen dieser Straßenkämpfer. Auch die soziale Zusammensetzung einer zu mehr als der Hälfte aus Arbeitern und unteren Mittelschichtlern bestehenden SA, die durch die Zugehörigkeit zur Kriegsjugendgeneration geprägt war, hat große wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden. Die Integrationskraft einer nahezu totalen Organisation, die durch ihre eigenen Gewalttaten zusammengekittet war, ist in den letzten Jahren ausführlich erforscht worden. Vielbeachtete Arbeiten untersuchten die militante Männlichkeit und Kameraderie, aber auch die wichtigsten gesellschaftlichen Bedingungen für den Aufstieg der SA, die Anfang 1933 zu einer Massenorganisation mit rund 450 000 Mitgliedern aufgestiegen war.

Nach der 1989 von Peter Longerich vorgelegten Gesamtdarstellung "Die braunen Bataillone" hat Daniel Siemens nun eine zweite Überblicksdarstellung publiziert. Dass er damit keine Forschungslücke schließt, merkt man der ersten Hälfte seines Buches deutlich an. So bietet die Darstellung über den Aufstieg von SA und NSDAP nicht mehr als eine gut geschriebene Erzählung sattsam bekannter Entwicklungen. Neue Akzente setzt er nicht, auch wenn er die Forschungen anderer Autoren zuweilen als eigene Erkenntnisse zu camouflieren sucht.

Das ändert sich in den hinteren Abschnitten des Buches. Einige Passagen, die sich mit der Gewaltorgie der SA in der Zeit von 1933 bis Mitte 1934 befassen, schildern zunächst wieder hinlänglich Bekanntes. So ist von den "wilden Konzentrationslagern" die Rede, in denen 80 000 linke Regimegegner und rassistisch Verfolgte interniert und gefoltert wurden. Die SA, so ergänzt Siemens das bekannte Bild, verschaffte sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht- und Gewaltentfaltung aber nicht nur kurzfristig einen "rechtsfreien Raum", sondern strebte sogar eine eigene, parallele Gerichtsbarkeit an. Zugleich zweigte sie rund 72 Millionen Reichsmark aus der Staatskasse für die eigene Organisation ab.

Nach der Ermordung der SA-Spitze um Ernst Röhm Mitte 1934, so die gängige Erzählung, war die SA nicht mehr als eine bedeutungslose, weil "gezähmte Parteiarmee". Dieser Interpretation widerspricht Siemens entschieden, auch wenn zwischen Sommer 1934 und April 1938 jeder zweite SA-Mann die Sturmabteilung verließ. Gleichwohl hat es durchaus Sinn, den, so Siemens, "nachhaltigen Einfluss" der SA nachzuweisen. Denn tatsächlich gehörte auch nach 1934 die antisemitische SA-Gewalt zum Alltagsbild der NS-Gesellschaft: ob durch Boykottaktionen, nächtliche Prügel betrunkener SA-Leute oder durch antijüdische Prangeraktionen. Diese Gewalt reichte bis zum systematischen Pogrom vom November 1938, bei dem die in Zivilkleidung auftretende SA die führende Rolle bei den Verwüstungen und der Zerstörung von Synagogen, bei zahllosen Misshandlungen und Zehntausenden von Verhaftungen übernahm.

Darüber hinaus, und hier betritt der Autor weniger gut gesichertes Gelände, begleiteten die paramilitärischen Tätigkeiten der SA die territorialen Expansionen bis in das Jahr 1939, wie den "Anschluss" Österreichs, die Wiedereingliederung des Memelgebietes oder die "Zerschlagung" der Tschechoslowakei 1938/39. In den entsprechenden Gebieten erfreuten sich diese gewaltbereiten "Grenzland"-Truppen freilich vor allem bei den als "volksdeutsch" ausgewiesenen Gruppierungen einer gewissen Beliebtheit.

Ein gelungenes Kapitel zum "Lebensraum im Osten" widmet sich sodann dem Beitrag der SA zu der breitgefächerten Siedlungs- und Germanisierungspolitik der Nationalsozialisten. Die SA plante, aus dem Kreis ihrer Mitglieder "Wehrbauern" als Träger "wertvollen Erbgutes" in die Ostgebiete zu entsenden. Letztlich blieben diese Pläne des beauftragten SA-Obergruppenführers Siegfried Kasche weitgehend auf dem Papier und wurden 1943 zugunsten der Konkurrenz des mächtigen SS-Rivalen Heinrich Himmler endgültig begraben. Das war anders bei den sogenannten "SA-Diplomaten", also den fünf oberen SA-Führern, die nach Kriegsbeginn die Interessen des Nationalsozialismus in den annektierten südosteuropäischen Gebieten vertraten. Im krassen Gegensatz zu ihren gering ausgeprägten diplomatischen Fähigkeiten unterstützten diese SA-Generäle als "versierte Gewaltexperten" die NS-Politik der Vernichtung der Juden in der Slowakei, Kroatien oder Rumänien.

Im Zweiten Weltkrieg wiederum öffneten sich für die 1939 rund 1,3 Millionen SA-Mitglieder neue Handlungsfelder: von der vormilitärischen Ausbildung, in der ganze Kohorten in "Wehrmannschaften" für den Krieg fit gemacht wurden, bis hin zur Kriegsbeteiligung verschiedener SA-Einheiten. Das Vorhaben, eine militärische Großformation unter eigenem Kommando zu errichten, scheiterte jedoch schon früh. Wichtiger war der Beitrag der SA zur ideologischen Mobilisierung der Wehrmacht. Darüber hinaus erfüllten die "Wehrmannschaften" der SA in den besetzten Gebieten Hilfspolizeifunktionen und wurden für die Bewachung von KZ-Insassen sowie bei Aufräumarbeiten nach Luftangriffen eingesetzt. Im langen "Endkampf" des Jahres 1945 stellte die SA den paramilitärisch geschulten Kern des "Volkssturms", der nunmehr Jagd auf "Defätisten" des Regimes machte. Damit wurde die SA in gewisser Weise wieder zurückgeführt zu ihrer ursprünglichen Gewaltfunktion.

Insgesamt vermisst man im ersten Teil der erzählerisch gelungenen Darstellung analytische Tiefe und innovative Interpretationen. Wenig erfährt man über die SA-Einheiten auf dem Land und nahezu nichts über den europäischen Charakter des Paramilitarismus vor 1933. Im zweiten Teil wird man für die bis dahin eher geringe Originalität entschädigt. So hat Siemens erstmals das Tagebuch von Viktor Lutze ausgewertet, keinen Geringeren als dem 1934 neu ernannten Stabschef der SA. Insgesamt wird für die Jahre von 1934 bis 1945 mit neuen Quellen und Belegen die Ideologisierungs- und Militarisierungsfunktion der SA innerhalb der nationalsozialistischen "Volksgemeinschaft" überzeugend herausgearbeitet. Während für die Jahre bis 1934 Longerichs klassische Studie immer noch mit Gewinn gelesen werden kann, könnte Daniel Siemens' Darstellung für die Jahre ab 1934 zu einem Standardwerk werden.

SVEN REICHARDT

Daniel Siemens: "Sturmabteilung". Die Geschichte der SA.

Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber. Siedler Verlag, München 2019. 592 S., geb., 36,- [Euro].

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»Die beste Darstellung von Hitlers Braunhemden, die es gibt.« Robert Gerwarth