Jean-Jacques Sempé ist seit vielen Jahren eine feste Größe in der internationalen Cartoon-Szene. Sein deutschsprachiger Verlag Diogenes hat nun mit „Sturmböen und Windstille“ einen weiteren Band des stimmungsvollen Zeichners herausgegeben. Wie immer bei Sempé sind es keine Cartoons, bei denen man
laut loslacht, es sind eher melancholische Zeichnungen, die zum Nachdenken anregen.
Die Bilder des…mehrJean-Jacques Sempé ist seit vielen Jahren eine feste Größe in der internationalen Cartoon-Szene. Sein deutschsprachiger Verlag Diogenes hat nun mit „Sturmböen und Windstille“ einen weiteren Band des stimmungsvollen Zeichners herausgegeben. Wie immer bei Sempé sind es keine Cartoons, bei denen man laut loslacht, es sind eher melancholische Zeichnungen, die zum Nachdenken anregen.
Die Bilder des Franzosen (meist Schwarz-Weiß) spiegeln den menschlichen Alltag wider mit all seinen glücklichen oder verzweifelten Momenten, mit seinen „Sturmböen und Windstillen“. Manche Zeichnungen kommen ganz ohne Text, andere dagegen sind mit längeren Monologen oder Dialogen der abgebildeten Personen versehen. Da hört sich eine Mutter das ellenlange psychologische Hilfsangebot am Telefon an, während im Hintergrund ihre Kinder toben. Oft sind es auch Telefongespräche - z.B. berichtet eine Hausfrau am Telefon über das gestrige Abendessen mit Bekannten, wo es um den „Ulysses“ von Joyce ging. Sempé belauscht gewissermaßen seine Protagonisten.
Meine Lieblingsbilder: Auf einem Bahnhof begegnen sich zwei Musikgruppen. Auf der einen Seite des Bahnsteigs ein Damenquartett mit ihren Instrumentenkästen, auf der anderen Seite ein Rockergruppe mit dem viel größeren Musikzubehör. Eine Dame ruft herüber: „Auch wir geben ein Konzert: Schubert, Bartók, Alban Berg. Und ihr?“ - Oder der alte Leonardo da Vinci hat in der letzten Nacht seine berühmte „Mona Lisa“ geschaffen. Dabei hatte er einen abscheulichen Albtraum: das Gemälde wird irgendwann T-Shirts, Sammeltassen und anderen Schnickschnack zieren. Und dieser Albtraum ist ja heute Wahrheit geworden.
Die ganzseitigen Zeichnungen sind eine wahre Fundgrube des tiefsinnigen Humors, sie erzählen immer eine Geschichte und der Betrachter kann sich dabei selbst erkennen. Besser kann man die Tücken und die kleinen Dinge des Alltags nicht darstellen. Tolle gezeichnete Poesie.