Südostasien ist eine der faszinierendsten Regionen der Welt. Mit seinen kulturellen und gesellschaftlichen Traditionen, seiner ethnischen Vielfalt und seiner bewegten Geschichte und Gegenwart steht Südostasien seit Jahrzehnten im Blickpunkt des Weltinteresses. Waren es zunächst die langwierige Dekolonisierung und die sich daran anschließenden Indochina-Kriege, so sind es heute vor allem die wirtschaftlichen Entwicklungen, die Schlagzeilen machen. Nicht zuletzt durch eine immer engere Kooperation mit der Europäischen Union wächst der Informationsbedarf über die südostasiatischen Staaten, von denen einige zugleich beliebte touristische Reiseziele sind. Alle diese Gründe verlangen nach einer ausführlichen Behandlung der Region, die mit diesem Handbuch vorgelegt wird.
Südostasien wird darin zum einen in seiner Gesamtheit beleuchtet: In Überblickskapiteln zum Naturraum, den Völkern und Religionen, der Kultur und der Geschichte werden die großen Zusammenhänge vorgestellt, welche die Region kennzeichnen. Mit dem Ende der Kolonialzeit bildeten sich die modernen Staaten des heutigen Südostasiens heraus. Die Entwicklung der einzelnen Länder war dabei durchaus unterschiedlich. Diesem Umstand tragen informative Länderprofile mit Angaben zu gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung. Das Kapitel über kulturelle Brücken zwischen Südostasien und Indien, China und dem Vorderen Orient zeigt die Region in ihren globalen Zusammenhängen. Eigene Kapitel sind der Wirtschaft und dem ASEAN-Verbund gewidmet, untermauert durch einen faktenreichen statistischen Anhang.
Karten, Illustrationen und eine nach Themen geordnete Bibliographie ergänzen die Darstellung.
Zum Autor/Herausgeber: Bernhard Dahm ist Professor für Südostasienkunde an der Universität Passau.Professor Roderich Ptak lehrt am Institut für Ostasienkunde der Universität München.
Südostasien wird darin zum einen in seiner Gesamtheit beleuchtet: In Überblickskapiteln zum Naturraum, den Völkern und Religionen, der Kultur und der Geschichte werden die großen Zusammenhänge vorgestellt, welche die Region kennzeichnen. Mit dem Ende der Kolonialzeit bildeten sich die modernen Staaten des heutigen Südostasiens heraus. Die Entwicklung der einzelnen Länder war dabei durchaus unterschiedlich. Diesem Umstand tragen informative Länderprofile mit Angaben zu gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung. Das Kapitel über kulturelle Brücken zwischen Südostasien und Indien, China und dem Vorderen Orient zeigt die Region in ihren globalen Zusammenhängen. Eigene Kapitel sind der Wirtschaft und dem ASEAN-Verbund gewidmet, untermauert durch einen faktenreichen statistischen Anhang.
Karten, Illustrationen und eine nach Themen geordnete Bibliographie ergänzen die Darstellung.
Zum Autor/Herausgeber: Bernhard Dahm ist Professor für Südostasienkunde an der Universität Passau.Professor Roderich Ptak lehrt am Institut für Ostasienkunde der Universität München.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2000Wenn sich Ereignisse überschlagen
Braucht man einen standfesten Führer: Ein Südostasien-Handbuch
Benhard Dahm, Roderich Ptak (Herausgeber): Südostasien-Handbuch. Geschichte, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur. Verlag C. H. Beck, München 1999. 684 Seiten, 70 Abbildungen und 12 Karten, 128,- Mark.
Präsidentschaftswahlen in Indonesien, blutige Unabhängigkeit in Ost-Timor und immer noch die Ausläufer der Wirtschaftskrise. Die Ereignisse in der Region zwischen Indien und China, die als Südostasien zusammengefasst wird, überschlagen sich und geben dem westlichen Beobachter fast täglich neue Rätsel auf. Bernhard Dahm und Roderich Ptak bieten mit ihrem "Südostasien-Handbuch" einen Hintergrund, vor dem sich die Geschehnisse besser einordnen lassen.
Leserfreundlich ist der Aufbau des Bandes. Kapitel zu den landeskundlichen und kulturellen Grundlagen Südostasiens stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zu den geschichtlichen Darstellungen. Von den frühen Hochkulturen über die Ankunft der europäischen Mächte bis hin zu Dekolonisation und Unabhängigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Region als Ganzes behandelt. In den Länderprofilen für die Zeit nach 1945 ist das umfangreichste Kapitel dem Vielvölkerstaat Indonesien gewidmet, in dem erst Sukarno und dann Suharto sich des Konzepts der "gelenkten Demokratie" bedienten, um die auseinander strebenden Ethnien und Religionen zusammenzuhalten. Ein Anhang mit statistischen Grunddaten und Karten, eine thematisch geordnete Bibliographie, ein sorgfältiges Register und Kurzbiographien der Autoren machen das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk oder aber zum Ausgangspunkt für weitere Forschungen. Zusätzlich würde man sich ein Glossar wünschen, da die Fülle von Begriffen aus den jeweiligen Landessprachen, die oft nur bei ihrem ersten Auftreten in Klammern übersetzt werden, den sachunkundigen Leser überfordern.
Südostasiens Beziehungen zu anderen Völkern und Weltgegenden bilden einen weiteren Themenschwerpunkt. Mary Somers Heidhues beschreibt die Rolle der Chinesen als einflussreichster ethnischer Minderheit in der Region. Rührige chinesische Unternehmer trugen in vielen Staaten sehr zum Wirtschaftsboom der vergangenen Jahrzehnte bei. Dadurch zogen sie allerdings auch den Neid der weniger wohlhabenden und schlechter ausgebildeten einheimischen Bevölkerung in den verschiedenen Ländern auf sich. Hinter dem Schlagwort "Neue Wirtschaftspolitik" verbirgt sich in Malaysia eine bewusste Diskriminierungspolitik, mit der sich die Regierung seit den siebziger Jahren darum bemüht, die Stellung der Malaien in Wirtschaft und Staatsdienst zu verbessern. In Indonesien entlud sich der Volkszorn über die Finanzkrise auf den Chinesen. Die Ausschreitungen gegen die chinesische Bevölkerung Anfang 1998 wurden von Regierungsseite geduldet, wenn nicht gar gesteuert.
Es ist schwer vorstellbar, wie diese Staaten, die schon ihren inneren Zusammenhalt nur notdürftig wahren, auf zwischenstaatlicher Ebene kooperieren können. Den ersten Schritt in diese Richtung unternahmen 1967 Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand mit der Gründung der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Asean). Ziel der Staatengemeinschaft war zu Beginn weniger die regionale Integration als vielmehr die Verteidigung nationaler Unabhängigkeit nach außen. Die Asean trat in ihren Sternstunden als Schlichterin in Vietnam und Kambodscha auf. Ein einheitlicher Wirtschaftsraum nach europäischem Beispiel nimmt erst seit den neunziger Jahren Formen an. Neueste Pläne sehen die Errichtung einer Freihandelszone (Afta) bereits für das Jahr 2003 vor. Klar gegliedert skizziert der Beitrag von Susanne Feske Aufbau und Funktion der Asean und verfolgt ihre Entstehungsgeschichte bis zu den gescheiterten Vorläufern zurück, wie dem 1954 unter amerikanischer Ägide gegründeten Verteidigungspakt Seato. Auffällig ist die fast uneingeschränkt positive Bewertung der Arbeit der Asean, deren "identitätsstiftende Funktion" auch im Vorwort der Herausgeber hervorgehoben wird. Weniger deutlich angesprochen werden dagegen latente Streitigkeiten unter den Mitgliedstaaten und das Verhalten der Organisation angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise.
Der Wirtschaft ist das Kapitel von Anne Booth gewidmet. Sie erläutert zunächst den südostasiatischen Aufschwung und arbeitet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den nordostasiatischen Wunderkindern Japan, Korea und Taiwan heraus. Bei der Erörterung der Krise beschränkt sich die Autorin darauf, einige Erklärungsansätze zu zitieren, die bis Mitte 1998 kursierten, ohne sie nach Argumentationsmustern zu ordnen. Schade, dass dieses zentrale Kapitel vor Erscheinen des Buches nicht noch einmal überarbeitet wurde, zumal einige der anderen Beiträge bis ins Jahr 1999 vorstoßen.
Ob die Volkswirtschaften sich wieder erholen, ist im Moment die dringlichste Frage. Die Antwort darauf wird nicht nur die Zukunft der Demokratie in Indonesien beeinflussen, sondern die politische Stabilität der gesamten Region. Abzuwarten bleibt auch, ob es dem Asean-Bündnis gelingen wird, die einzelstaatlichen Interessen sinnvoll zu bündeln. Keine leichte Aufgabe, denn die politischen Systeme und ökonomischen Entwicklungsstufen der Mitgliedstaaten könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Erweiterung um die Schwellenländer Vietnam, Laos, Birma und Kambodscha zwischen 1995 und 1999 hat die Koordination nicht einfacher gemacht. Andererseits hat aber gerade die gemeinsame Notlage zu einem verstärkten Informationsaustausch zwischen den betroffenen Staaten geführt.
SABINE MUSCAT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Braucht man einen standfesten Führer: Ein Südostasien-Handbuch
Benhard Dahm, Roderich Ptak (Herausgeber): Südostasien-Handbuch. Geschichte, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur. Verlag C. H. Beck, München 1999. 684 Seiten, 70 Abbildungen und 12 Karten, 128,- Mark.
Präsidentschaftswahlen in Indonesien, blutige Unabhängigkeit in Ost-Timor und immer noch die Ausläufer der Wirtschaftskrise. Die Ereignisse in der Region zwischen Indien und China, die als Südostasien zusammengefasst wird, überschlagen sich und geben dem westlichen Beobachter fast täglich neue Rätsel auf. Bernhard Dahm und Roderich Ptak bieten mit ihrem "Südostasien-Handbuch" einen Hintergrund, vor dem sich die Geschehnisse besser einordnen lassen.
Leserfreundlich ist der Aufbau des Bandes. Kapitel zu den landeskundlichen und kulturellen Grundlagen Südostasiens stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zu den geschichtlichen Darstellungen. Von den frühen Hochkulturen über die Ankunft der europäischen Mächte bis hin zu Dekolonisation und Unabhängigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Region als Ganzes behandelt. In den Länderprofilen für die Zeit nach 1945 ist das umfangreichste Kapitel dem Vielvölkerstaat Indonesien gewidmet, in dem erst Sukarno und dann Suharto sich des Konzepts der "gelenkten Demokratie" bedienten, um die auseinander strebenden Ethnien und Religionen zusammenzuhalten. Ein Anhang mit statistischen Grunddaten und Karten, eine thematisch geordnete Bibliographie, ein sorgfältiges Register und Kurzbiographien der Autoren machen das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk oder aber zum Ausgangspunkt für weitere Forschungen. Zusätzlich würde man sich ein Glossar wünschen, da die Fülle von Begriffen aus den jeweiligen Landessprachen, die oft nur bei ihrem ersten Auftreten in Klammern übersetzt werden, den sachunkundigen Leser überfordern.
Südostasiens Beziehungen zu anderen Völkern und Weltgegenden bilden einen weiteren Themenschwerpunkt. Mary Somers Heidhues beschreibt die Rolle der Chinesen als einflussreichster ethnischer Minderheit in der Region. Rührige chinesische Unternehmer trugen in vielen Staaten sehr zum Wirtschaftsboom der vergangenen Jahrzehnte bei. Dadurch zogen sie allerdings auch den Neid der weniger wohlhabenden und schlechter ausgebildeten einheimischen Bevölkerung in den verschiedenen Ländern auf sich. Hinter dem Schlagwort "Neue Wirtschaftspolitik" verbirgt sich in Malaysia eine bewusste Diskriminierungspolitik, mit der sich die Regierung seit den siebziger Jahren darum bemüht, die Stellung der Malaien in Wirtschaft und Staatsdienst zu verbessern. In Indonesien entlud sich der Volkszorn über die Finanzkrise auf den Chinesen. Die Ausschreitungen gegen die chinesische Bevölkerung Anfang 1998 wurden von Regierungsseite geduldet, wenn nicht gar gesteuert.
Es ist schwer vorstellbar, wie diese Staaten, die schon ihren inneren Zusammenhalt nur notdürftig wahren, auf zwischenstaatlicher Ebene kooperieren können. Den ersten Schritt in diese Richtung unternahmen 1967 Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand mit der Gründung der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Asean). Ziel der Staatengemeinschaft war zu Beginn weniger die regionale Integration als vielmehr die Verteidigung nationaler Unabhängigkeit nach außen. Die Asean trat in ihren Sternstunden als Schlichterin in Vietnam und Kambodscha auf. Ein einheitlicher Wirtschaftsraum nach europäischem Beispiel nimmt erst seit den neunziger Jahren Formen an. Neueste Pläne sehen die Errichtung einer Freihandelszone (Afta) bereits für das Jahr 2003 vor. Klar gegliedert skizziert der Beitrag von Susanne Feske Aufbau und Funktion der Asean und verfolgt ihre Entstehungsgeschichte bis zu den gescheiterten Vorläufern zurück, wie dem 1954 unter amerikanischer Ägide gegründeten Verteidigungspakt Seato. Auffällig ist die fast uneingeschränkt positive Bewertung der Arbeit der Asean, deren "identitätsstiftende Funktion" auch im Vorwort der Herausgeber hervorgehoben wird. Weniger deutlich angesprochen werden dagegen latente Streitigkeiten unter den Mitgliedstaaten und das Verhalten der Organisation angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise.
Der Wirtschaft ist das Kapitel von Anne Booth gewidmet. Sie erläutert zunächst den südostasiatischen Aufschwung und arbeitet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den nordostasiatischen Wunderkindern Japan, Korea und Taiwan heraus. Bei der Erörterung der Krise beschränkt sich die Autorin darauf, einige Erklärungsansätze zu zitieren, die bis Mitte 1998 kursierten, ohne sie nach Argumentationsmustern zu ordnen. Schade, dass dieses zentrale Kapitel vor Erscheinen des Buches nicht noch einmal überarbeitet wurde, zumal einige der anderen Beiträge bis ins Jahr 1999 vorstoßen.
Ob die Volkswirtschaften sich wieder erholen, ist im Moment die dringlichste Frage. Die Antwort darauf wird nicht nur die Zukunft der Demokratie in Indonesien beeinflussen, sondern die politische Stabilität der gesamten Region. Abzuwarten bleibt auch, ob es dem Asean-Bündnis gelingen wird, die einzelstaatlichen Interessen sinnvoll zu bündeln. Keine leichte Aufgabe, denn die politischen Systeme und ökonomischen Entwicklungsstufen der Mitgliedstaaten könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Erweiterung um die Schwellenländer Vietnam, Laos, Birma und Kambodscha zwischen 1995 und 1999 hat die Koordination nicht einfacher gemacht. Andererseits hat aber gerade die gemeinsame Notlage zu einem verstärkten Informationsaustausch zwischen den betroffenen Staaten geführt.
SABINE MUSCAT
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