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Produktdetails
  • Verlag: Oase
  • ISBN-13: 9783889220578
  • ISBN-10: 3889220576
  • Artikelnr.: 11959876
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2003

Hinter dem Ende der Welt
Das Buch zum Besuch des Berliner Südwestkirchhofs
Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Stadt Berlin immer schneller wuchs, stieg auch die Zahl der Toten erheblich an, die in der Millionenstadt zu beerdigen waren. Es gab nicht mehr genügend Friedhöfe. Man beschloss, südwestlich von Berlin eine neue Begräbnisstätte anzulegen, am Rand von Stahnsdorf bei Potsdam. Louis Meyer, der Garteningenieur der Berliner Stadtsynode, gestaltete ein über 200 Hektar großes Gelände mitten im Wald. 1909 wurden die ersten Toten aus Berlin im Südwestkirchhof in Stahnsdorf bestattet; bis heute fanden dort über hunderttausend Tote ihre letzte Ruhe.
Für die Friedhofsbesucher baute man eine Eisenbahnlinie zum Friedhof, auf der später sogar S-Bahnzüge von Berlin nach Stahnsdorf verkehrten. Doch nach 1945 trennte der Eiserne Vorhang die Toten auf dem Friedhof von den Hinterbliebenen in Berlin. Es fanden kaum noch Beerdigungen auf dem Stahnsdorfer Friedhof statt, nach 1961 auch keine Besuche von Familienangehörigen mehr. Viele Grabstätten wurden nicht mehr gepflegt, aber es wurden auch keine eingeebnet oder aufgelassen. Die Natur überwucherte die Gräber.
Seit 1989 kann nun wieder jedermann nach Stahnsdorf fahren. Doch die Berliner brauchen den Friedhof nicht mehr, um ihre Toten zu bestatten. Die Stadt ist nicht mehr so rasant weiter gewachsen wie in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts. Nun stellt sich die Frage, wie man mit einem derart großen Friedhofsdenkmal umgehen soll. Peter Hahn stellt es nicht nur umfassend vor; er beschreibt auch zahlreiche Gräber und erinnert an die dort bestatteten Persönlichkeiten. Zu den Toten, die auf dem Stahnsdorfer Friedhof liegen, zählen Werner von Siemens, Elisabeth Baronin von Ardenne (das Vorbild für „Effi Briest”), Heinrich Zille, Engelbert Humperdinck und viele andere.
Peter Hahns handlichen Führer sollte man dabei haben, wenn man sich beispielsweise an einem nebligen Dezembertag auf eine seltsame Entdeckungsreise begibt: zu den Denkmälern des Stahnsdorfer Friedhofes und zu der darüber wuchernden Natur.
HANSJÖRG KÜSTER
PETER HAHN (Hrsg.): Südwestkirchhof Stahnsdorf. Lexikon, Lesebuch, Parkführer. Oase Verlag, Badenweiler 2003. 288 Seiten, 14,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2003

Auf den Friedhof mit neuen Bekannten

Es gibt viele Friedhöfe in Berlin mit vielen berühmten Personen. Man kann im Internet systematisch nach den großen Toten und ihren letzten Ruhestätten suchen (unter: diegeschichteberlins.netpure.de). Aber auch wenn man auf diese Weise rasch in Erfahrung bringt, daß Hegel auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof begraben liegt und der Historiker Friedrich Meinecke auf dem Friedhof Dahlem I - das Reich der Toten öffnet sich erst durch einen Führer, der die Personen unter den Grabsteinen wiederauferstehen läßt, indem er ihnen ihre Individualität zurückgibt und zugleich den Ort ihrer letzten Ruhe erklärt. Auf ebenso einfühlsame wie informative Weise öffnet Peter Hahn, regelmäßig Autor in diesem "Reiseblatt", das Tor zum Südwestkirchhof Stahnsdorf, einem Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von dem Gartenbauer Louis Meyer im Sinne Lennés geschaffenen Park-Friedhofs. Victor Klemperer schwärmte von der Anlage als "herrlich, schön, friedlich". Hahn läßt das Diktum Hugo von Hofmannsthals wahr werden, daß der Umgang mit den Toten süß wie Opium sei. Man erhält Einlaß in eine illustre Gesellschaft. Ob Gustav Langenscheidt, Zille oder der Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau - Hahn stellt sie dem Leser in lebendigen Kurzbiographien so vor, daß man auf dem Friedhof am Ende lauter Bekannte hat, anstatt bloß vor einer Ansammlung von Grabsteinen zu stehen.

jei

"Südwestfriedhof Stahnsdorf - Lexikon, Lesebuch, Parkführer", herausgegeben von Peter Hahn, Oase Verlag, Badenweiler 2003. Zahlreiche Abbildungen, 286 Seiten, broschiert, 14,80 Euro. ISBN 3-88922-057-6.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Auf ebenso einfühlsame wie informative Weise fand Rezensent "jei" in dieser Publikation das Tor zum berühmten, im Sinne Peter Lennes angelegten Friedhof geöffnet. Autor Peter Hahn lasse darin das Diktum Viktor Klemperers wahr werden, "dass der Umgang mit Toten wie Opium" sei. Die berühmten Grabinhaber stelle Hahn dem Leser in lebendigen Kurzbiografien vor, durch die "jei" den Toten ihre Individualität zurückgegeben sah und gleichzeitig den Ort ihrer letzten Ruhe erklärt fand.

© Perlentaucher Medien GmbH