Ausgehend vom Vielvölkerstaat Jugoslawien beginnt László Végel eine essayistische Erkundung Europas und macht sich auf eine melancholische Suche nach einem Ort, an dem eine sinnvolle Existenz möglich ist. Im Mittelpunkt des klugen und kundigen Beitrags zur Vermessung der europäischen Möglichkeiten steht der wiederaufkommende Faschismus in Südosteuropa mit den wachsenden nationalistischen Feindseligkeiten und das bittere Leben in der ungarischen Enklave Wojwodina. Durch den neu erwachten ungarischen Nationalismus setzt dort auch die späte Abrechnung mit den Kriegsverbrechen beider Seiten im Zweiten Weltkrieg ein, und sorgt für eine Atmosphäre ständiger Aggression und Explosivität. Eine verlässliche politische Orientierung gibt es nicht.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ilma Rakusa findet die neue Essaysammlung von László Végel "schrecklich wahr und zum Weinen komisch". Die Rezensentin berichtet, dass der serbisch-ungarische Autor sich lange Zeit nicht aus der unfreiwilligen Isolation in seiner Heimat losmachen konnte, deshalb wundert sie sich auch nicht, dass ihn die zahlreichen Reisen seit 2006 - vor allem nach Berlin - zum Schreiben animiert haben. In "Sühne. Texte unterwegs" schreibe Végel allerdings nicht als globalisierter Reisender, sondern als ein Mensch, der sich stark seiner eigenen Sozialisation und Vergangenheit bewusst ist. Neben bunten Geschichten, wie die einer Busreise von Novi Sad nach Berlin, greife der Autor deshalb auch ältere Themen wieder auf: So etwa die ungläubige Faszination für die Anpassungsfähigkeit der Eliten nach dem Umbruch von Staatssozialismus zu Kapitalismus, die Végel eine "monumentale Schizophrenie" nannte. Ilma Rakusa möchte Lászlo Végels kritische Stimme auch hierzulande nicht mehr missen. Die Übersetzung von Lacy Kornitzer lässt sie unkommentiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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