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Kempowskis kunstreligiöses Konzept in seiner fast vierzigjährigen Entwicklung.Auf ihm laste ein »verordnetes Lebenswerk«, diesen Satz notiert Walter Kempowski in sein Tagebuch. Er bezieht sich mit diesen bekenntnishaften Worten auf den ungeheuerlichen Anspruch, der sein schriftstellerisches Selbstverständnis seit jeher und grundlegend bestimmt - der Anspruch nämlich, mit dem aus Romanen, Tagebüchern und monumentalen historischen Textcollagen zusammengesetzten Werk die historische Schuld der Deutschen im Nationalsozialismus zu tragen. Diese vom Debütroman »Im Block« (1969) bis in den posthum…mehr

Produktbeschreibung
Kempowskis kunstreligiöses Konzept in seiner fast vierzigjährigen Entwicklung.Auf ihm laste ein »verordnetes Lebenswerk«, diesen Satz notiert Walter Kempowski in sein Tagebuch. Er bezieht sich mit diesen bekenntnishaften Worten auf den ungeheuerlichen Anspruch, der sein schriftstellerisches Selbstverständnis seit jeher und grundlegend bestimmt - der Anspruch nämlich, mit dem aus Romanen, Tagebüchern und monumentalen historischen Textcollagen zusammengesetzten Werk die historische Schuld der Deutschen im Nationalsozialismus zu tragen. Diese vom Debütroman »Im Block« (1969) bis in den posthum erschienenen Gedichtband »Langmut« (2009) beharrlich aufrechterhaltene Überzeugung Kempowskis geht einher mit der umfassenden und anhaltenden Überformung seiner Autorschaft, seiner Poetik und nicht zuletzt seines literarischen Werks im Modus moderner Kunstreligion: Durch sein »Opferleben« vollbringt der Autor ein »Sühnewerk«, verbunden mit der Selbsterhöhung zum christusartigen »Vertreter«. Die literaturwissenschaftliche Studie von Kai Sina zeichnet dieses kunstreligiöse Konzept - einschließlich seiner ironischen Brechungen - in seiner fast vierzigjährigen Entwicklung nach.
Autorenporträt
Kai Sina, geb. 1981, studierte Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft, Sprachwissenschaft und Mediävistik sowie Philosophie in Kiel. Er ist Professor für Neuere deutsche Literatur und Komparatistik an der Universität Münster. Ausgezeichnet mit dem Preis der Fritz Behrens Stiftung 2016. Veröffentlichungen u. a.: Kollektivpoetik. Zu einer Literatur der offenen Gesellschaft in der Moderne (2019); Susan Sontag und Thomas Mann (2017).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2013

Alles umsonst

Der Göttinger Germanist Kai Sina deutet das Werk von Walter Kempowski als Aktualisierung der Liturgie, als Gottesdienst, der eine "erlösende Trauer angesichts der katastrophalen deutschen Geschichte" ermöglichen soll. Der Autor nimmt die Stelle des Gekreuzigten ein, er versteht sich als der Einzige, der die Verbindung zum abwesenden Gott aufrechterhält, indem er die Schuld auf sich zu nehmen bereit ist. Die kunstreligiöse Stilisierung eines Stefan George erschien Kempowski aber eher lächerlich. Dennoch habe er sich immer wieder "christomorph" dargestellt, was auch heißt, dass er sich noch in der Phase großer Anerkennung als Ausgegrenzten und Missachteten verstanden hat. Lamm oder Taube war er aber keineswegs. Er konnte sehr charmant sein, aber als notorisch Gekränkter sprang er ziemlich gnadenlos mit Menschen um. Der kunstreligiöse Anspruch auf Heilung und Erlösung äußert sich Sina zufolge im Werk, von der "Deutschen Chronik" bis zum "Echolot", in charakteristischen Widersprüchen und einer "negativen Anthropologie". Eine einheitliche historische Erfahrung gibt es bei Kempowski nicht. Die Stimmen des kollektiven Tagebuchs bleiben unverbunden. Nur eine religiös verstandene allumfassende Liebe als "unerklärlicher Effekt der Lektüre" kann Sinas gewissenhaft, zuweilen umständlich argumentierender Studie zufolge für Einheit unter den Menschen sorgen. (Kai Sina: "Sühnewerk und Opferleben". Kunstreligion bei Walter Kempowski. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 282 S., 21 Abb., geb., 29,90 [Euro].) fap

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