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Dies ist die Geschichte eines behüteten Mädchens, das unbequeme Fragen stellt, die Geschichte einer mutigen, tapferen Frau, die früh verwitwet ihre fünf Kinder allein durchbringt. Es ist die Geschichte von Emmeline Pankhurst (1858-1928), die sich so gründlich über die Verhältnisse in ihrem Land empörte, dass sie zur bekanntesten und radikalsten der »Suffragetten« wurde. Diese Frauen kämpften vor dem Ersten Weltkrieg für ihr Wahlrecht und versetzten damit nicht nur die englischen Männer in Angst und Schrecken. 1903 gründete Pankhurst die radikal bürgerliche Woman's Social and Political Union…mehr

Produktbeschreibung
Dies ist die Geschichte eines behüteten Mädchens, das unbequeme Fragen stellt, die Geschichte einer mutigen, tapferen Frau, die früh verwitwet ihre fünf Kinder allein durchbringt. Es ist die Geschichte von Emmeline Pankhurst (1858-1928), die sich so gründlich über die Verhältnisse in ihrem Land empörte, dass sie zur bekanntesten und radikalsten der »Suffragetten« wurde. Diese Frauen kämpften vor dem Ersten Weltkrieg für ihr Wahlrecht und versetzten damit nicht nur die englischen Männer in Angst und Schrecken. 1903 gründete Pankhurst die radikal bürgerliche Woman's Social and Political Union (WSPU) und schlug von da an in der bisher so friedlichen wie erfolglosen Frauenbewegung neue Töne an: »Jede soll kämpferische Gesinnung auf ihre eigene Weise zeigen. Sie können ... sich bei Versammlungen mit Ministern den Schlägertrupps der Parteien entgegenstellen und sie so an die Verlogenheit ihrer Prinzipien erinnern ... Sie können Fensterscheiben einwerfen. Sie können aber auch noch weiter gehen und den geheimen Abgott, das Eigentum, attackieren ... Mein letztes Wort ist an die Regierung gerichtet: Ich wiegle diese Versammlung zum Aufruhr auf.« Frauen organisieren Blockaden, ketten sich an Zäune und Gebäude, und die Obrigkeit reagiert mit Gewalt: Demonstrantinnen werden verprügelt und verhaftet, es kommt zu Hungerstreiks und Zwangsernährung, im Gegenzug werfen die Anhängerinnen Pankhursts Bomben und legen Brände ...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2016

Ihr Kampf für die Frauen
Pathetisch: Die Erinnerungen der Emmeline Pankhurst

Im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts hatten sich die britischen Suffragetten - nach dem englischen Wort "suffrage" für Wahlrecht - zunächst mit friedlichen Mitteln für ihre Rechte eingesetzt. Sie arbeiteten emsig in den Parteien mit und engagierten sich in allen sozialen Fragen, um den Männern ihre politische Reife zu beweisen. Regelmäßig richteten sie Petitionen ans Unterhaus, hofften auf eine Erwähnung des Frauenwahlrechts durch den König, und immer wieder versprachen Politiker, sich für ihre Sache einzusetzen.

Nichts geschah. Die Suffragetten gingen daher 1903 mit der Gründung der Women's Social and Political Union zu anderen Methoden über: Sie trennten sich von den etablierten Parteien und betrieben nur noch Politik für ihre Rechte. Sie führten Unterschriftenaktionen, politische Versammlungen und Protestmärsche durch. Als auch das nichts half, begannen sie mit militanten Aktionen, zündeten Briefkästen an, verübten Säureanschläge auf Golfplätze und warfen Schaufenster ein. Schließlich organisierten sie Brand- und Bombenanschläge, wobei sie jedoch darauf achteten, dass keine Menschen ums Leben kamen.

Die 1996 im Steidl Verlag auf deutsch erschienene Ausgabe der Erinnerungen der prominenten Suffragette Emmeline Pankhurst ist nun wiederaufgelegt worden, mit überarbeiteter Übersetzung, revidierten Anmerkungen und erweitertem Bildteil. Diese Erinnerungen sind eine Chronik der Selbstermächtigung und des Kampfes - mit entsprechenden Längen, denn der Kampf war mühsam, und Emmeline Pankhurst hatte erkannt, wie wichtig Pathos und detailliertes Eigenlob waren. Die Regierung war von Anfang an außer sich vor Empörung. Mit brutaler Härte bekämpfte sie die Frauen, als diese ihren friedlichen Weg verließen. "Wenn englische Männer Fensterscheiben einwerfen, wird dies als achtbarer Ausdruck einer politischen Meinung betrachtet. Wenn es englische Frauen tun, sieht man ein Verbrechen darin", schrieb Pankhurst. Wenn Matrosen meuterten und Eigentum beschädigten, wenn Wähler randalierten oder Sozialisten zivilen Ungehorsam leisteten: All das schien zum Politikbetrieb zu gehören. Hingegen knüppelten die Ordnungshüter illegale Protestmärsche und Versammlungsstörungen von Frauen nieder. Die Gerichte verordneten harsche Strafen, die Zensur griff bei den Publikationen der Suffragetten durch. Doch aus Pankhursts Zeilen wird nicht nur ihr Ärger über die Doppelmoral gegenüber den Geschlechtern deutlich, sondern auch die Verbitterung der verantwortlichen Politiker, Polizisten und Richter.

Noch galt das alte Gesetz: Männlichkeit wirkte legitimierend, Weiblichkeit lächerlich. Daher war es so ungeheuerlich, wenn Frauen all das taten, was die Welt nur von Männern kannte. Frauen hatten seit Jahrhunderten gelernt, für andere da zu sein und ihren Lebenssinn im Glück der anderen zu suchen. Und so erschien der Kampf um die eigenen Rechte, der bei Männern heroischen Triumph hervorrief, bei Frauen kalt und egoistisch.

Besonders verstörend empfanden die Mitbürger die Gewalt, zu der die Suffragetten, im Gegensatz zu ihren Mitkämpferinnen in anderen Ländern, griffen. Gewalt galt als männliche Domäne, während der Körper der Frauen insbesondere im Bürgertum als besonders schützenswert angesehen wurde. Doch nun legten die Frauenrechtlerinnen Bomben, und die überwiegend bürgerlichen Suffragetten setzten ihre Körper ein, um ins Parlament einzudringen, illegale Protestmärsche abzuhalten oder im Gefängnis mit Hungerstreiks ihrer Politik Nachdruck zu verleihen.

Pankhurst erzählte, wie liberale Politiker, die sich gegen die Suffragetten ereiferten, gerne an die guten Zeiten erinnerten, als Männer in bürgerlichem Stolz für ihre Rechte randalierten und Eigentum zerstörten. Gewalt, schrieb sie, ist "der einzige Weg, den englische Politiker verstehen können". Doch hatte Pankhurst damit recht? Erst vor kurzem hat Sarah Gavrons Film "Suffragette" Pankhursts Erzählung aufgegriffen. Am Ende des Filmes wird der gewaltsame Tod einer Suffragette vor dem Ersten Weltkrieg als die große Wende gefeiert, die der Unterdrückung ein Ende bereitet habe. Doch dem war nicht so. Den britischen Bürgerinnen wurde erst 1928, dem Todesjahr von Emmeline Pankhurst, das gleiche Wahlrecht eingeräumt, während es deutsche oder amerikanische Frauen, die nicht zu gewalttätigen Mitteln gegriffen hatten, schon direkt nach dem Ersten Weltkrieg erhielten.

Pankhurst war eine von vielen Frauen weltweit, die für ihr Recht kämpften. Die Frauenrechtsbewegung war ein internationales Phänomen in einer Zeit des Umbruchs. Und das "Time Magazine" hatte recht, Emmeline Pankhurst zu den hundert wichtigsten Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts zu zählen, weil damit der Geschlechter-Revolution Reverenz erwiesen wird.

HEDWIG RICHTER

Emmeline Pankhurst:

"Suffragette". Die Geschichte meines Lebens.

Aus dem Englischen von Agnes S. Fabian und

Hellmut Roemer.

Steidl Verlag, Göttingen 2016. 344 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hedwig Richter schreibt mit Sympathie für die britischen Suffragetten, die 1903 mit der Gründung der Women's Social and Political Union die Forderung nach dem Frauenwahlrecht nicht mehr über die Arbeit in den politischen Parteien durchsetzen wollten, sondern als eigenen, auch militanten Kampf. Zustimmend zitiert sie einige Passagen über Doppelmoral und Ungerechtigkeit aus Emmeline Pankhursts Erinnerungen, zu denen sie allerdings nicht mehr sagt, als dass der Steidl Verlag die Ausgabe von 1996 in leichter Überarbeitung wiederaufgelegt hat. Wichtig scheint der Rezensentin, dass die deutschen und amerikanischen Frauen ganz ohne Militanz und zehn Jahre vor den Britinnen das Wahlrecht erhielten.

© Perlentaucher Medien GmbH