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Produktdetails
  • Rudolf Steiner Studien 4
  • Verlag: Rudolf Steiner Verlag
  • 1997.
  • Seitenzahl: 363
  • Deutsch
  • Abmessung: 29mm x 218mm x 290mm
  • Gewicht: 1480g
  • ISBN-13: 9783727453243
  • ISBN-10: 3727453249
  • Artikelnr.: 07144258
Autorenporträt
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: «Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.» Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er «Anthroposophie» (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär

vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft». Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der «Rudolf Steiner Gesamtausgabe» zum großen Teil ediert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.1998

Farbe der Verklärung
Andrej Belyj und die Anthroposophie · Von Ralph Dutli

Zu den vier wichtigsten Prosawerken dieses Jahrhunderts zählte Vladimir Nabokov - neben leichter zu erratenden Texten von Joyce, Kafka und Proust - Andrej Belyjs Roman "Petersburg" aus dem Jahr 1913. Der Autor, eine der faszinierendsten Figuren der russischen Moderne, ist im deutschen Sprachraum immer noch weitgehend unbekannt.

Andrej Belyj kam unter dem Namen Boris Bugajew am 26. Oktober 1880 zur Welt, als Kind eines Mathematikers an der Moskauer Universität und einer hysterischen Mutter, die ihn in Mädchenkleider steckte, seine Locken wachsen ließ, um das "Verbrechen der hohen Stirn" zu vertuschen: Unter keinen Umständen sollte ein "Professor" aus ihm werden. Viele Traumata sind in Belyjs formal äußerst kühnen Roman "Kotik Letajew" von 1917 eingeflossen, der den Bewußtseinsstrom eines Kleinkindes simuliert (deutsch 1993). Was bedeutet das Pseudonym? Der Jünger Andreas (Andrej) wird im orthodoxen Christentum als der Erstberufene verehrt, als ein slawischer Apostel und als einer der ersten "Narren in Christus", die in Rußland besonderes Ansehen genossen. "Belyj" ist das russische Wort für "weiß", die Farbe der Verklärung und Auferstehung in der orthodoxen Kirche.

Zeitlebens sah sich Belyj als "Suchender". Schon während des Studiums der Mathematik und der Naturwissenschaften beschäftigte er sich intensiv mit der deutschen Philosophie: Kant, Schopenhauer, Nietzsche. Er war auch außerordentlich empfänglich für alles Okkulte und Irrationale, für hinduistische und buddhistische Gedankenwelten. Daß er schon früh auf die Theosophie verfiel, lag aber im Trend der Zeit. Die Geheimlehre der Jelena Blawatskaja war gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in russischen Intellektuellenkreisen zur Mode, für viele sogar zur Droge geworden. Doch Belyj wandte sich bald angewidert ab. Die Gefährdung durch den Okkultismus versuchte er in seinem Sektenroman "Die silberne Taube" (1909) zu bannen.

Das wohl wichtigste Ereignis seines Lebens fand am 7. Mai 1912 in Köln statt: Belyj begegnete Rudolf Steiner und beschloß, dessen Anthroposophie zu seinem Lebensweg zu machen. Die spirituelle Reichweite dieser Begegnung belegt nun ein Dokumentationsband von Taja Gut, der eine Fülle von bisher unbekannten Belyj-Texten, Briefen und Bildern sorgfältig kommentiert und mit einer ausgezeichneten Einführung versehen ist. Das Buch ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Erschließung der geistigen Biographie Andrej Belyjs. Der wesentliche Zusammenhang seines Symbolismus mit Steiners Anthroposophie (die er einmal als "reinsten Symbolismus" bezeichnet) ist nun nicht mehr wegzudeuten. Auch für das Verständnis der Wirkungsgeschichte der Anthroposophie in Rußland wird der Band unersetzlich bleiben, und nicht zuletzt ist er ein Mosaikstein im Gesamtbild der deutsch-russischen kulturellen Wechselbeziehungen.

Die Kölner Ereignisse schildert Belyj eine Woche später, am 14. Mai 1912, in einem langen Brief an seinen russischen Dichterkollegen und Mit-Symbolisten Alexander Blok. Für die Begegnung mit dem leibhaftigen "Doktor" bietet er reichlich Licht-Metaphorik auf. Höchst wichtig ist Steiners Licht auch für die Frau an Belyjs Seite, Assja Turgenjewa, seine Lebensgefährtin von 1909 bis 1916. Sie wird schließlich die Anthroposophie einem Leben mit dem russischen Dichter vorziehen und bis zu ihrem Tod in Dornach bleiben, während Belyj im August 1916 nach Moskau zurückkehrt. Lange kämpfte er mit Eifersuchtsgefühlen gegenüber dem "Doktor", dessen Lehre ihm die Frau geraubt hatte. Erst das letzte Gespräch mit Steiner am 30. März 1923 in Stuttgart (genau zwei Jahre vor Steiners Tod) vermag Belyjs Verfolgungswahn zu zerstreuen.

Auch Belyj war in den Weltkriegsjahren 1914 bis 1916 in Dornach und half mit bei der Gestaltung des Johannesbaus, des in der Silvesternacht 1922/1923 einer Brandstiftung zum Opfer gefallenen ersten Goetheanums. Von der Westfront war Kanonendonner zu hören. Als Holzschnitzer arbeitete Belyj - zur Zeit des deutschen Vormarsches in Rußland - am Verbindungsstück zwischen dem Ahornarchitrav einer Säule und dem Ulmenarchitrav der nächsten: Der erstere war der gegenwärtigen "germanischen" Kulturepoche zugeordnet, der zweite symbolisierte die kommende, "slawische".

Die Zeit in Dornach war für Belyj schwierig. So beglückt er von der Gegenwart Steiners war, so ungehalten äußerte er sich über die "deutschen Tanten" in dessen Gefolge. Die Ausstrahlung Steiners fand er nicht immer in dessen Büchern, wo die "Essenz, destilliert aus Sternen und Bergluft", für das breite Publikum "mit einem Eimer Wasser" verdünnt sei. In einem Brief an Blok vergleicht er Steiner mit einem "Puschkinschen Poem", das ganze Steinerianertum aber mit einem "Abc-Buch", mit dröger Pädagogik. Zeitlebens litt Belyj Mangel an Gesprächspartnern, die ihm entsprachen. Begrenzte Deutschkenntnisse behinderten ihn zudem im Gespräch mit dem "Doktor". Längere Briefe richtete er deshalb an Marie von Sivers, die in Petersburg aufgewachsene zweite Ehefrau Rudolf Steiners. Hier konnte er sich in seinem russischen Idiom ausdrücken, das Steiner für so viel "weiser" als die Russen hielt.

Wieder in Moskau, entfaltete Belyj eine Fülle von anthroposophischen Aktivitäten. Er fühlte sich als Gesandter Steiners. Vom bolschewistischen Umsturz 1917 erwartete er eine "Revolution des Geistes". Aus Enttäuschung und Verzweiflung setzte er sich schließlich im November 1921 nach Berlin ab, in das brodelnde Zentrum der russischen Emigration. Eines der bewegendsten Dokumente des Bandes ist ein im litauischen Kaunas, wo Belyj auf das deutsche Visum wartete, am 11. November 1921 an Assja adressierter Brief, der den von Hunger, Kälte, Typhus und Erschießungen geprägten Alltag der nachrevolutionären Zeit, des Roten Terrors schildert.

Zugleich weist Belyj einen naiven und taktlosen Brief von Assja aus dem wohlbehüteten schweizerischen Dornach zurück. Im März 1922 kommt es zum letzten Treffen mit Assja, das den Bruch besiegelt. Belyj versucht sich darauf, wie diverse Zeitgenossen berichten, in zwielichtigen Berliner Lokalen in einem Gemisch von Foxtrott und Eurythmie die Verzweiflung aus dem Leib zu tanzen. Ein schlimmes Jahr ohnehin: Am 1. Oktober 1922 reitet Trotzki in der "Prawda" seine verhängnisvolle Attacke gegen Belyj und schreibt ihn als "literarische Leiche" ab.

Die Anthroposophin Klawdija Wassiljewa, die ab 1925 seine zweite Lebensgefährtin sein wird, bewegt den heimwehkranken Belyj dazu, nach zwei Jahren des Berliner Exils im Oktober 1923 nach Rußland zurückzukehren - wo die Anthroposophische Gesellschaft bereits verboten, wenn auch nicht mit dem fatalen Verdikt der "konterrevolutionären Vereinigung" belegt ist. Belyj wird trotz Krisen und Momenten der Entfremdung Steiners prominentester russischer Schüler bleiben: 1928/1929 schrieb er das "vielleicht gewichtigste und schönste Erinnerungsbuch an Rudolf Steiner" (Taja Gut), deutsch unter dem Titel "Verwandeln des Lebens".

Als seine Frau und einige Gefährten 1931 verhaftet werden, wendet sich Belyj mit Briefen an den Staatsanwalt Kantanjan und am 31. August 1931 an Stalin. Nadeschda Mandelstam bemerkte in ihren Memoiren "Das Jahrhundert der Wölfe": "Er selbst blieb verschont, aber alle um ihn herum wurden weggefegt. Immer, wenn sie seine Frau holten, tobte und schrie er vor Wut. ,Warum holt man sie und nicht mich?' Dieser Gedanke machte ihn rasend und verkürzte sein Leben beträchtlich." Im Sommer 1933 brach Belyj während eines Aufenthaltes auf der Krim zusammen. Kopfschmerzen quälten ihn bis zu seinem Tod am 8. Januar 1934.

In seinem Memoirenwerk, das er 1922 mit den "Aufzeichnungen eines Sonderlings" eröffnete, sah sich Belyj des öftern als Erleuchteter mit Narrenkappe. Ossip Mandelstam hatte Belyjs "symbolistische Nebel" lange mit Spott überschüttet, lernte ihn jedoch im Sommer 1933 näher kennen und dichtete nach seinem Tod 1934 ein großartiges, siebenteiliges Requiem voller kühner Bilder: "Als Tiara die Mütze des Toren, die man dir einst bot, / Du türkisblauer Lehrer, du Quäler, Erwähler, Idiot. / (. . .) Schlittschuhläufer, du Erster, epochengetriebener Sohn / Unterm Eisstaub von neuem erfundener Deklination." Die der Überschwenglichkeit gänzlich unverdächtige Nadeschda Mandelstam schrieb, sie habe nie wieder einen so "leuchtenden Menschen" wie Belyj gesehen: "eine elektrische Ladung, ein materialisiertes Gewitter, ein Wunder".

In ihrem Pariser Exil schuf Marina Zwetajewa 1934 ihr bezauberndes, lebendiges Nachrufporträt "Ein gefangener Geist", das auch den tanzenden Vortragskünstler Belyj würdigte. Sie erinnert sich an eine Szene in einem Moskauer Verlag, wo Belyj unter den Porträts von Goethe und Rudolf Steiner "tanzte wie David vor der Bundeslade".

Andrej Belyj: "Symbolismus - Anthroposophie. Ein Weg". Texte - Bilder - Daten. Herausgegeben, eingeleitet, mit Anmerkungen und einer Bibliographie versehen von Taja Gut. Rudolph Steiner Verlag, Dornach 1997. 363 S., geb., 96,- DM.

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