Jeder zweite bis dritte Patient unserer Intensivstation muß länger als 24 Std beatmet werden; überwiegend handelt es sich dabei um schwere Schädigungen der Lunge selbst, die mit lebens bedrohlichen Störungen des Gasaustausches einhergehen. Neben den Kontusions- und Aspirationsfolgen, den Pneumonien und anderen lange bekannten Schädigungen und Erkrankungen des Respirationsorgans beansprucht die "Schocklunge" zu nehmendes Interesse. Die Primärvorgänge, dIe zu dieser (vor allem durch interstitielles Oedem gekennzeichneten) oft letalen Komplikation fuhren, sind noch weitgehend ungeklärt und an gesichts der verschiedenen Ursachen der sog. Schocklunge vermutlich auch nicht einheitlich. Auffallend ist, daß die Veränderungen bei Mehrfachverletzten besonders schwer sind und be sonders früh auftreten, wobei weder eine positive Korrelation zum Blutverlust erkennbar ist, noch der Flüssigkeitsbilanz eine entscheidende Rolle zukommt. Mein Mitarbeiter G. Metz hat deshalb eine neurogene Auslösung vermutet und im Tierversuch überprüft, ob man durch Stimulation peripherer Nerven ein der menschlichen Schocklunge ähnliches Syndrom hervorrufen kann. Dies ist ihm gelungen, er konnte die dabei ablaufenden hämodynamischen Vorgänge abklären und als Ursache der Oedementstehung herausstellen. Weitere Versuchsserien, in denen die Lungenveränderungen bei sonst gleicher Anordnung durch tiefe Narkose, Analgetica und Sympathicolytica, aber auch durch einen Aderlaß ver hindert oder abgeschwächt wurden, unterstützen die These von der neurogenen-hämodyna mischen Primärphase in der Entstehung der Schocklunge.
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