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Mit Marx in die Zukunft
Wenn wir glauben, die Welt durch nachhaltigen Konsum vor der Klimakatastrophe zu retten, betrügen wir uns selbst. Das sagt der japanische Philosoph Kohei Saito. Denn der Kapitalismus ist nicht zukunftsfähig. Klar und überzeugend vertritt Saito die These: Nichts, was die Welt jetzt braucht, lässt sich innerhalb eines kapitalistischen Systems realisieren. Grünes Wachstum ist unmöglich.
Was wir stattdessen brauchen? Einen neuen Kommunismus. Genauer gesagt: einen Ökosozialismus, der nicht auf Wachstum ausgerichtet ist, der das Produktionstempo herunterfährt und
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Produktbeschreibung
Mit Marx in die Zukunft

Wenn wir glauben, die Welt durch nachhaltigen Konsum vor der Klimakatastrophe zu retten, betrügen wir uns selbst. Das sagt der japanische Philosoph Kohei Saito. Denn der Kapitalismus ist nicht zukunftsfähig. Klar und überzeugend vertritt Saito die These: Nichts, was die Welt jetzt braucht, lässt sich innerhalb eines kapitalistischen Systems realisieren. Grünes Wachstum ist unmöglich.

Was wir stattdessen brauchen? Einen neuen Kommunismus. Genauer gesagt: einen Ökosozialismus, der nicht auf Wachstum ausgerichtet ist, der das Produktionstempo herunterfährt und Wohlstand umverteilt. Schon Marx plädierte für eine nachhaltige Wirtschaftsordnung. Und nur damit wird es uns gelingen, die Natur - unsere Lebensgrundlage - zu erhalten.

Die bahnbrechende Neuinterpretation der Marx'schen Theorie von einer der aufregendsten jungen Stimmen der internationalen Philosophie

»Neoliberale Maßnahmen wie Deregulierung oder Beschneidung des Sozialstaats, mit denen das Wachstum angetrieben wurde, haben soziale Gräben und Instabilität hinterlassen. Warum sollen wir so weitermachen, unser ganzes Leben auf Arbeiten, Geldverdienen, Konsumieren ausrichten? Wir brauchen einen 'new way of life'.«
Kohei Saito
Autorenporträt
Kohei Saito, geboren 1987, ist Associate Professor für Philosophie an der Universität von Tokio. Er promovierte 2016 an der Humboldt-Universität zu Berlin, ist Mitherausgeber der Marx-Engels-Gesamtausgabe und wurde 2018 mit dem Isaac-Deutscher-Preis ausgezeichnet. Saitos 'Systemsturz' wurde in Japan ein großer Erfolg, das Buch verkaufte sich dort mehr als 500.000 Mal.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Herfried Münkler liest das Buch des japanischen Philosophen Kohai Saito mit Interesse. Wie sich Saito mit Marx zu einer ökologisch-ökonomischen Wende hindenkt, die auf einen Systemsturz hinausläuft, findet Münkler prinzipiell spannend. Leider interpretiert sich der Autor dabei einen Marx zurecht, den es laut Münkler zufolge nie gegeben hat. Ein Aktualisierungsversuch der laut Münkler zur "Überinterpretation" wird, wenn sich Marx in dieser Sicht auf "frühere Wirtschaftsverfassungen" rückorientiert. So lässt sich die Natur leider nicht vor der wirtschaftlichen Ausbeutung retten, findet Münkler.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.08.2023

„Zum Rückfall in die Barbarei verdammt“
Das kapitalismuskritische Buch „Systemsturz“ des linken japanischen Philosophen Kohei Saito verkaufte sich in Japan eine halbe Million Mal. Taugt es etwas?
500 000 verkaufte Exemplare. Das ist sogar für die populärsten Autoren und die populärsten Themen meistens unerreichbar. Für ein Buch, in dem ein offen neo-marxistischer Philosoph den Sturz des Kapitalismus fordert, ist es ein kleines Wunder. Es ereignete sich in Japan, nachdem dort 2020 die Originalausgabe von Kohei Saitos Buch „Systemsturz – Der Sieg der Natur über den Kapitalismus“ erschienen war, das jetzt auch auf Deutsch vorliegt.
Aber es sind wunderliche Zeiten. Und man kann bestimmt sagen, dass es angesichts unaufhaltsam wachsender Ungleichheit und der vielerorts längst katastrophalen Folgen des Klimawandels eine gewisse Nachfrage nach grundstürzender Systemkritik gibt. Hierzulande steht etwa Ulrike Herrmanns im vergangenen Jahr veröffentlichtes Buch „Das Ende des Kapitalismus – Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind“ seit vielen Monaten immer wieder vorne in den Bestsellerlisten.
Saitos Text tendiert in bester marxistischer Tradition im Ton mehr zum Manifest: „Wir können die Probleme, die vom Kapitalismus verursacht wurden, nicht dadurch lösen, dass wir ihn uns für später warmhalten. Er ist nämlich das Grundübel.“ Oder: „Sollten wir weiter versuchen, den Kapitalismus am Leben zu erhalten, sind wir angesichts des Chaos, das die Klimakrise mit sich bringt, zum Rückfall in die Barbarei verdammt.“ Im argumentativen Kern geht es Saito natürlich um die Widersprüche und horriblen Kosten des Kapitalismus als „imperialer Lebensweise“, die nicht nur die Menschen, sondern auch die Natur in unverantwortlicher Art ausbeutet. Von allen Bemühungen, die mehr oder weniger innerhalb des Bestehenden die Lage zu verbessern versuchen, hält er entsprechend wenig. Wir stecken viel zu tief im „kapitalistischen Sumpf“. Weder der sogenannte „Green New Deal“, noch technologische Lösungen des Geoengineering noch die von den Vereinten Nationen formulierten Ziele für nachhaltige Entwicklung finden Saitos Gnade. Im Zweifel reduzieren sie alle die Treibhausgas-Emissionen nicht schnell genug – oder verbessern die Lage doch nur wieder auf Kosten der Armen und Ärmsten. Oder beides. Hier sind die stärksten Stellen des Buches, deprimierend brillant etwa ist das Kapitel zum „wahren Preis des Elektroautos“.
Die seiner Ansicht nach „einzige Option“, die Krise zu überwinden und eine gerechte und nachhaltige Gesellschaft zu verwirklichen, ist für Saito das, was er – gegen die übliche Marx-Auslegung, nach der sein Denken mit Postwachstum nicht vereinbar ist – „Degrowth-Kommunismus“ nennt. Bei der ideologisch zurückhaltenderen und den Kapitalismus als Wirtschaftsprinzip nicht so grundsätzlich ablehnenden Herrmann heißt das „grünes Schrumpfen“, das Saito aber noch zu kapitalismusfreundlich sein dürfte, deshalb will er ja den „Degrowth-Kommunismus“.
Was ist damit genau gemeint? Letztlich der Wandel zur Gebrauchswertwirtschaft (im Gegensatz zur Überflusswirtschaft), die Verkürzung der Arbeitszeit, die Demokratisierung des Produktionsprozesses und der Fokus auf systemrelevante Arbeit. Wahrhaft ein ehrgeiziges Projekt, das auf jeden Fall viele ohne Zweifel beklagenswerte Fehlentwicklungen der herrschenden Verhältnisse im globalen Westen zu beheben verspricht.
Der Moment der Wahrheit bei Büchern mit fundamentaler Systemkritik dieser Art kommt immer dann, wenn alle Einwände vorgebracht sind und die Antwort auf die Frage ansteht, was jetzt eigentlich zu tun ist, um den offenbar unausweichlichen Systemwechsel tatsächlich herbeizuführen. In der Regel wird es dann allerdings nicht origineller, sondern pauschaler, knapper und wolkig-appellativer. So leider auch hier. Kaito ist auf Seite 275 so weit, drei Seiten vor Schluss – und kommt eigentlich nur mit einer über zehn Jahre alten Studie der an der Universität Harvard lehrenden amerikanischen Politologin Erica Chenoweth um die Ecke.
In „Why Civil Resistence Works“ stellte Chenoweth 2012 die seinerzeit vielbeachtete These auf, dass es historisch betrachtet immer dann zu großen gesellschaftlichen Umwälzungen kommt, wenn 3,5 Prozent der Bevölkerung gewaltlos, aber entschlossen aufbegehren. 1986 etwa sei so auf den Philippinen die Marcos-Diktatur gestürzt worden, und 2003 habe die georgische Rosenrevolution Präsident Schewardnadse zum Rücktritt gezwungen. Das war es dann aber auch schon wieder.
Kaito braucht nur die vermeintlich hoffnungsvolle Idee und übernimmt sie wie ein Naturgesetz, was angesichts der kritischen Energie, die er zuvor gezeigt hat, merkwürdig ist, aber nicht untypisch. Die Argumente, die den eigenen Überzeugungen widersprechen, werden auf allen Seiten der Kapitalismus-Diskussion allzu oft entweder bis zur Unkenntlichkeit vereinfacht oder gleich ganz ignoriert.
Im Fall der 3,5-Prozent-These verschweigt Kaito zum Beispiel, dass die Datengrundlage und Methode der Studie – Chenoweth betrachtete im Zeitraum von 1900 bis 2006 genau 323 gewaltlose Proteste und gewaltvolle Konflikte – als angreifbar gelten, weil erfolglose friedliche Kampagnen fehlten oder Proteste, die gar nicht so gewaltlos waren den gewaltlosen zugeschlagen wurden wie die Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika. Ganz abgesehen davon, dass sich aus historischen Mustern nicht einfach Entwicklungsgesetze ableiten lassen, weil politische Ereignisse in der Regel mehr als eine Ursache haben und jeweils sehr spezifische.
Konkret schlägt Kaito den Einzelnen dann Schulstreiks vor, in Umwelt-NGOs aktiv zu werden oder im Gemeinderat – und beim Arbeitgeber strengere Umweltmaßnahmen zu fordern. Im Zweifel helfe eine große Unterschriftenliste für die Ausrufung des „Klimanotstands“, damit mal was voran geht. Alles bestimmt nicht völlig verkehrt, aber die richtigen Mittel für einen realen „Systemsturz“? Eher niedliche Agitprop-Folklore zum Wohlfühlen für gekränkte Millennials: „Wenn wir Menschen unsere Kräfte Schuler an Schulter und solidarisch bündeln, können wir unsere einzige Heimat, den Planeten Erde, noch retten.“ Und wenn nur der Zynismus links liegen gelassen werde, werde die Bewegung der 3,5 Prozent „zu einer großen Welle, wird die Macht des Kapitals in ihre Schranken gewiesen, die Demokratie neu ausgerichtet“, eine „dekarbonisierte Gesellschaft“ sei „zweifellos“ in Reichweite.
Ach, es wäre alles halb so schwer, wenn’s um die Hälfte leichter wär.
JENS-CHRISTIAN RABE
Niedliche Agitprop-Folklore
zum Wohlfühlen für
gekränkte Millennials
Kohei Saito, geboren 1987, lehrt Philosophie in Tokio. Er wurde an der Berliner Humboldt-Uni promoviert.
Foto: dtv
Kohei Saito: Systemsturz – Der Sieg der Natur über den Kapitalismus. Aus dem Japanischen von Gregor Wakounig. DTV, München 2023. 277 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Ein aufregendes Gedankenexperiment! Stefan Berkholz SWR 2 Lesenswert 20230928

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2023

Da kann doch der Kapitalismus nur fallen
Mehr Wohlstand durch Minuswachstum: Kohei Saito legt sich den späten Marx als Theoretiker eines ökologisch unumgänglichen Systemwandels zurecht.

Der Triumph von Demokratie und Kapitalismus, von dem viele nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems gemeint hatten, er sei irreversibel, ist in die Jahre gekommen - nicht nur, weil das chinesische System im "globalen Süden" inzwischen eine größere Attraktivität besitzt als Demokratie und Marktwirtschaft, sondern auch, weil in den westlichen Demokratien selbst die Anzahl ihrer Skeptiker und Gegner im steten Wachsen begriffen ist und so mancher dem kapitalistischen System nicht mehr zutraut, Lösungen für die dringlichsten Herausforderungen zu bieten. Das Problem der Skeptiker und Gegner von Demokratie und Kapitalismus ist freilich, dass sie keine überzeugenden Alternativen anzubieten haben und deswegen im Bannkreis des Kritisierten verbleiben: Wie soll die Erderhitzung ohne ein Ende des Wirtschaftswachstums begrenzt werden? Und wie kann demokratische Zustimmung zu Wirtschaftsschrumpfung erlangt werden, wenn diese mit gravierenden Wohlstandseinbußen für einen Großteil der Bevölkerung verbunden ist? Das Spektrum der Antworten reicht von der Herrschaft ökologisch aufgeklärter Eliten bis zur Vorstellung, durch die Forcierung technologischer Entwicklungen doch noch Chancen zur Verbindung von Wohlstandssteigerung und Ressourcenschonung zu bekommen.

Der japanische Philosoph Kohei Saito hat sich die Vorschläge zu einer Rettung der Natur und der Menschheit vorgenommen und deren innere Widersprüche herausgearbeitet. Mit der Darlegung (oder auch Konstruktion) von Widersprüchen hat sich Saito, er versteht sich selbst als Marxist, ganz in die marxsche Tradition gestellt, wonach dem äußeren Anschein nach stabile Systeme schließlich daran zugrunde gehen, dass sich in ihrem Innern antagonistische Kräfte entwickeln, die das System sprengen und eine neue Ordnung schaffen. Marx zufolge war das der Gegensatz von Kapital und Arbeit; Saito setzt an die Stelle dieses soziopolitischen Gegensatzes die Naturschranke, die sich in der Begrenztheit der Rohstoffe sowie dem infolge Erderhitzung Unbewohnbarwerden ganzer Regionen zeigt. Die Kraft, die vonnöten ist, um diesen Widerspruch in einen politischen Konflikt zu verwandeln, identifiziert er in den diversen Ökologiebewegungen und dem "globalen Süden", der sich gegen seine Ausplünderung und Nutzung als Sammelplatz von Schadstoffen zu wehren beginnt.

So weit, so wenig überraschend. Wie aber soll aus der Summierung der Unzufriedenen und von CO2-Emissionen Bedrohten eine politische Bewegung werden, die in der Lage ist, den Kapitalismus zu stürzen und ihn durch eine gänzlich andere soziale und wirtschaftliche Ordnung zu ersetzen? Um das zu erklären, bringt Saito eine neue Sicht auf Marx und seine Theorie ins Spiel. Dieser neu interpretierte Marx ist das eigentliche Gelenkstück seines Buches, sozusagen die Gewähr dafür, dass aus den im ersten Teil des Buchs ob ihrer Widersprüchlichkeit kritisierten Theorien einer ökologisch-ökonomischen Wende am Schluss ein Konzept wird, das die Perspektive auf den "Systemsturz" eröffnet und diesen als ebenso erforderlich wie politisch möglich darstellt.

Das Problem dieser "Neuinterpretation" der marxschen Theorie ist jedoch, dass Saito aus verstreuten Notizen, einzelnen Gedanken und dem Umstand, dass Marx die Weiterarbeit am "Kapital", seinem Hauptwerk, nach Publikation des ersten Bandes nur noch dilatorisch betrieb, eine Kehrtwende des späten Marx konstruiert, die es so nicht gegeben hat. Es ist eher ein Hineinprojizieren gegenwärtiger Fragen in die Arbeiten des späten Marx als die Entdeckung einer Neuausrichtung der Theorie durch diesen selbst. Saito hat einige Exzerpte von Marx, an deren Edition er mitgearbeitet hat, als fundamentale Wende von Marx' Denken überinterpretiert.

Marx hatte sich nach der intensiven Beschäftigung mit ökonomischen Theorien einigen ethnographischen Schriften zugewandt, unter anderem auch Georg von Maurers "Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland", und war dabei auch auf das Institut der Allmende gestoßen, des von der Gemeinschaft kollektiv genutzten Bodens, das im Prozess der "ursprünglichen Akkumulation" in Privateigentum überführt worden war. Darauf nahm Marx auch Bezug, als er Wera Sassulitsch antwortete, die ihn gefragt hatte, ob in Russland ein Übergang von der Dorfgemeinde in die sozialistische Gesellschaft ohne kapitalistisches Zwischenstadium möglich sei. Marx wollte das in seiner Antwort nicht ausschließen, blieb aber insgesamt sehr zurückhaltend: Er schrieb mehrere Fassungen eines Antwortbriefes und schickte dann die vorsichtigste von ihnen ab.

Von einer theoretischen Wende, in deren Verlauf er vom Progressisten zum Anhänger einer Rückorientierung auf vergangene Wirtschaftsverfassungen geworden wäre, kann keine Rede sein. Genau das aber behauptet Saito und stützt darauf seine gesamte Theorie des "degrowing", der Vorstellung, durch einen Rückbau der Wirtschaftstätigkeit die Probleme der Naturübernutzung lösen zu können, ohne dabei auf die demokratische Unterstützung einer Mehrheit der Menschen verzichten zu müssen - nicht zuletzt deswegen, weil nach dem Ende des Kapitalismus als einer, wie er meint, an bedingungslosem Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsverfassung die Produktion unnötiger und unnützer Statusgüter entfalle und die Menschen sehr viel mehr Zeit für die freie Gestaltung ihres Lebens hätten. Mehr Wohlstand durch Minuswachstum.

Träfe Saitos Marx-Interpretation zu, wäre Marx in den letzten Jahren seines Lebens zum Konservativen geworden, der sich jedoch nicht traute, das offen einzugestehen, und deswegen die Folgebände des "Kapitals" nicht fertigstellte. Das ist eine Überinterpretation von Marx' ethnographischem Interesse, die durch die Quellenlage auch der Neuedition von Marx' Werk nicht gedeckt ist. Und gegen Saitos Gesamtkonzeption ist geltend zu machen, dass sie mit allzu harmonischen Antworten auf die durchaus divergenten Herausforderungen der Gegenwart aufwartet. Eine Idealisierung des einfachen Lebens, Idyllen der Vergangenheit - etwa die absurde Behauptung, den Sklaven der Antike sei es materiell besser gegangen als den Arbeitern der heutigen Zeit - und die Vorstellung, der sozioökonomische Gegensatz zwischen Norden und Süden lasse sich im Zeichen der Ökologie überwinden, weisen Saito als politischen Romantiker aus, der sämtliche Interessengegensätze zum Verschwinden bringt, indem er den Kapitalismus zur Ursache aller Verwerfungen und Probleme stilisiert. Bedürftigen Seelen spendet das Buch Trost; zur Lösung ökonomisch-ökologischer Probleme trägt es wenig bei. HERFRIED MÜNKLER

Kohei Saito: "Systemsturz". Der Sieg der Natur über den Kapitalismus.

Aus dem Japanischen von Gregor Wakounig. dtv Verlag, München 2023.

320 S., geb., 25,- Euro.

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