Die Regelmäßigkeit, mit der sich die Moderne auf dem Feld ihrer Schlüsseldomäne "Kunst" in religiöse Ambivalenzen verstrickt, überrascht: Hier Karikaturenstreit und Domfensterdebatte, dort die Ankündigung des Vatikans, sich auf der Biennale 2011 mit einem eigenen Pavillon zu präsentieren - die alten theologischen Anziehungs- und Abstoßungskräfte sind auch in der Gegenwart noch unvermindert am Werk. In dieser Konstellation stellen sich herausragende Kunst-, Kultur- und Bildwissenschaftler, Philosophen und Theologen der Frage nach dem Zusammenhang von "Bild" und "Transzendenz": Können wir Kunstwerke mit jener radikalen Form von Transzendenz in Verbindung bringen, die auf dem Gebiet der Religionen als das "Heilige" bezeichnet wird? Und nach welcher Logik wird seitens der Kunst selbst Kunstwerken Transzendenz zugesprochen - von den Künstlern, Kritikern und Betrachtern? Ist es dieselbe Form von Transzendenz, die mit dem "Heiligen" gemeint ist? Die Publikation beruht auf einer Vortragsreihe der Udo Keller Stiftung Forum Humanum in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle 2009. Beiträger und Beiträge: Jan Assmann, Szenen des Heiligen; Hans Belting, Gesicht oder Abdruck? Offene Fragen zur Vorgeschichte der Christusikone; Alex Stock, Kultbild - Bilderverbot; Michael von Brück, Östliche Meditationsbilder; Manfred Frank, »Religionslose Kathedralen im ewigen Winter« der Moderne: Caspar David Friedrich im frühromantischen Kontext; Karin Wendt, Überschreitungen? Überlegungen zur Deutung von Möglichkeiten und Grenzen in der Begegnung mit Kunst; Boris Groys, Das säkulare Sakrale. Über Kasimir S. Malewitsch; Friedhelm Mennekes, Joseph Beuys, Sacro Cuore di Gesu - Transformationen eines mittelalterlichen Bildthemas; Wolfgang Ullrich, Transzendenzskepsis. Andy Warhols Bildbegriff.
»Die neuen Aufsätze dieses höchst anregenden Buches lassen sich nur schwer auf einen Gesamtnenner bringen. Wenn es in dem Buch eine gemeinsame Fragestellung gibt, dann ist es die nach der Unterscheidbarkeit von ästhetischer und religiöser Transzendenz. Aber auch wer an diesem Problem wenig interessiert ist, wird die einzelnen Aufsätze ... mit Spannung und Interesse lesen.« Jürgen Israel Glaube + Heimat / der Sonntag 20120219