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Das Projekt Tätig Sein, dass neben einer Ausstellung ein Buch umfasst, setzt sich mit Veränderungen unserer Arbeits- und damit auch Lebenswelt im Zuge einer forcierten Kapitalisierung auseinander. Was immer wir tun, wir tun es unter dem Aspekt seiner Verwertung. Galt dieser Satz einst für das wirtschaftliche Handeln werden nun mehr und mehr Bereiche von der Logik des Marktes erfasst, die in der traditionellen Ökonomie als außerökonomisch beschrieben wurden. Insofern dies auch die Kunst betrifft, verwundert es nicht, dass sie sich dieses Themas verstärkt angenommen hat. Insbesondere vor dem…mehr

Produktbeschreibung
Das Projekt Tätig Sein, dass neben einer Ausstellung ein Buch umfasst, setzt sich mit Veränderungen unserer Arbeits- und damit auch Lebenswelt im Zuge einer forcierten Kapitalisierung auseinander. Was immer wir tun, wir tun es unter dem Aspekt seiner Verwertung. Galt dieser Satz einst für das wirtschaftliche Handeln werden nun mehr und mehr Bereiche von der Logik des Marktes erfasst, die in der traditionellen Ökonomie als außerökonomisch beschrieben wurden. Insofern dies auch die Kunst betrifft, verwundert es nicht, dass sie sich dieses Themas verstärkt angenommen hat. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das von der Boheme getragene Ideal selbstbestimmter und nichtentfremdeter Arbeit − vormals Gegenmodell zum kapitalistischen Prinzip der Arbeitsteilung − nun als Norm befestigt wird. Die Ausstellung stellt historische und zeitgenössische Positionen vor, die diesen Wandel auf verschiedenen Ebenen reflektieren. Mit dem Begriff Tätig Sein wird eine Größe jenseits des Gegensatzes zwischen Arbeit und Freizeit eingeführt, die nicht nur das Nebeneinander, sondern auch die Äquivalenz verschiedener Tätigkeiten betont. In der Diainstallation von Allan Sekula, die an den Film La sortie des usines der Brüder Lumière erinnert, erscheint das Arbeitsmodell der Moderne nochmals im Rückblick: sie zeigt ArbeiterInnen, die nach Schichtende die Fabrik verlassen. Die für die Ausstellung realisierte Arbeit von Gunter Reski steht sowohl in der Tradition des (sozialistischen) Wandbilds als auch Grafitti − Medien, die unter umgekehrten Vorzeichen an eine breitere Öffentlichkeit adressiert sind. Michaela Schweiger verschränkt Sequenzen des Kultfilms Themroc, in dem der Held gegen die Zwänge des Fordismus rebelliert, mit eigenem Filmmaterial, dass in einer Planstadt gedreht wurde und das Ende der industriellen Gesellschaft beschreibt. In vergleichbarer Weise thematisieren Cao Fei/Ou Ning und Asta Gröting Umbrüche der Arbeitswelt auf der Ebene des urbanen Raumes. Am Beispiel der chinesischen Metropole Guangzhou dokumentieren Cao Fei/Ou Ning die rasante Umgestaltung von einer landwirtschaftlichen Region in ein kommerzielles Ballungszentrum. Gröting hält die verzweifelte Suche nach einem Parkplatz im städtischen Raum fest. Petra Maitz und Peter Piller machen die prekäre Situation, den Lebensunterhalt durch Nebenjobs verdienen zu müssen, für ihre künstlerische Produktion fruchtbar. Sowohl Pillers Zeichnungen, in die Einblicke des Büroalltags einfließen, als auch Maitz Installation, der Geräusche zugrunde liegen, die sie bei ihrer Arbeit für Rebecca Horn aufnahm, gehen aus einer fremdbestimmten Tätigkeit hervor. Im Zentrum der Arbeiten von Moira Zoitl und Phill Niblock stehen Machthierarchien, die durch Veränderungen von Arbeitsverhältnissen (re-)produziert werden. Während Zoitl diese auf geschlechtsspezifischer Ebene reflektiert, wird bei Niblock die Trennung zwischen materieller und immaterieller Arbeit auf globaler Ebene erfahrbar. Kulturelle Grenzen überschreitet Maria Thereza Alves, die mit einem T-Shirt − bedruckt mit der ihr im Senegal verliehene Ehrenbürgerurkunde − mit Berliner Passanten diskutieren wird. Im Anschluss daran entsteht ein Faltblatt, das in der Ausstellung ausliegen wird. Vor allem Jeanne van Heeswijk, aber auch Heike Bollig eignen sich für ihre projektbezogenen Arbeiten unterschiedliche Rollen an. An die Stelle herkömmlicher künstlerischer Formen treten verstärkt Tätigkeiten, die Arbeitsfelder jenseits der Kunst ähneln und so den Verwertungscharakter des Kunstbetriebs offenlegen. Inga Svala Thorsdottir offeriert Serviceangebote, die jedoch überflüssige Dienstleistungen sind, da sie einer Zeitökonomie, wie sie vor allem die protestantische Arbeitsmoral propagiert hat, widersprechen. Mit dem Modell der Natur setzen sich Cornelia Schmidt-Bleek und Rosemarie Trockel auseinander. Schmidt-Bleek, indem sie mit der Nachbildung der in Südamerika beheimateten Seerose victoria amazonica auf die Bionik rekurriert, und Trockel, indem sie fehlerhafte Netze unter Drogen gesetzter Spinnen fotografiert.