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Die Morde, die jeder begeht
Jan Costin Wagners neuer Kimmo-Joentaa-Roman ist eine hochspannende und zutiefst intensive Elegie auf den Tod in einer aus den Fugen geratenen Welt
Anfang Mai, im finnischen Turku fällt der letzte Schnee.Kimmo Joentaa wird gleich zwei Mal gerufen: an einen Unfallort, an dem eine Elfjährige durch einen Unbekannten ums Leben gekommen ist, und an einen Tatort, an dem zwei unbekannte Tote auf einer Parkbank liegen, als würden sie schlafen. Für den Vater des bei dem Unfall verstorbenen Mädchens wird Kimmo Joentaa zum Begleiter in der Trauer, während er gleichzeitig…mehr

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Produktbeschreibung
Die Morde, die jeder begeht

Jan Costin Wagners neuer Kimmo-Joentaa-Roman ist eine hochspannende und zutiefst intensive Elegie auf den Tod in einer aus den Fugen geratenen Welt

Anfang Mai, im finnischen Turku fällt der letzte Schnee.Kimmo Joentaa wird gleich zwei Mal gerufen: an einen Unfallort, an dem eine Elfjährige durch einen Unbekannten ums Leben gekommen ist, und an einen Tatort, an dem zwei unbekannte Tote auf einer Parkbank liegen, als würden sie schlafen. Für den Vater des bei dem Unfall verstorbenen Mädchens wird Kimmo Joentaa zum Begleiter in der Trauer, während er gleichzeitig daran arbeitet, die Unfallf lucht und den Doppelmord aufzuklären. Die Ermittlung führt Joentaa in ein fatales Beziehungsgeflecht, das Menschen, die ursprünglich nichts verband, schicksalhaft zusammengeführt hat: einen Architekten, der den festen Glauben an die Symmetrie des Lebens verliert, einen Schüler, der unauf haltsam auf einen Amoklauf zusteuert, eine junge Frau, die versucht, der Armut zu entkommen, und einen Investmentbanker, der sich im Dickicht seines Doppellebens verliert. Als Kimmo Joentaa die Linien, die diese Menschen verbinden, schließlich zu erkennen beginnt, ist es fast zu spät. Und erst dann begreift er, dass seine große Aufgabe nicht die Suche nach einem Doppelmörder ist, sondern eine, die ihm noch bevorsteht ...
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Autorenporträt
Jan Costin Wagner, Jahrgang 1972, lebt als Schriftsteller und Musiker bei Frankfurt am Main. Seine Romane um den finnischen Ermittler Kimmo Joentaa wurden von der Presse gefeiert, vielfach ausgezeichnet (u. a. Deutscher Krimipreis, Nominierung zum Los Angeles Times Book Prize) und in 14 Sprachen übersetzt. Tage des letzten Schnees und DasLicht in einem dunklen Haus wurden 2019 und 2022 vom ZDF u.a. mit Henry Hübchen und Bjarne Mädel verfilmt. Sommer bei Nachterhielt den Radio Bremen Krimipreis, Am roten Strand ist nominiert für den Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Krimi. 
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das Genre des Krimis trifft laut Christoph Schröder zwar zu auf die Kimmo-Joentaa-Romane von Jan Costin Wagner, spielt aber keine so große Rolle. Es geht nicht um die Aufklärung eines Verbrechens und auch nicht um gesellschaftliche Missstände, erklärt Schröder. Viel bedeutsamer erscheint dem Rezensenten, wie der Autor seine Figuren in Extremsituationen begleitet, in einer subtilen Mischung aus Empathie und Distanz, sprachlich ohne Pathos und Larmoyanz, sparsam und konzentriert. Im vorliegenden Buch nun gelingt das Wagner laut Schröder technisch überzeugender denn je und bezogen auf die Vereinigung der vielen verschiedenen Handlungsebenen sogar so gut, dass Schröder echt erstaunt ist. Positiv erstaunt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2014

Die Gleichzeitigkeit von Glück und Trauer
Wie man Gefühle erzählt: Ein Gespräch mit Jan Costin Wagner, der seinen neuen Roman in Frankfurt vorstellt

Dieses Mal hat alles mit dem Unfall angefangen, der sich auf den ersten Seiten des Romans ereignet. Für das Entwerfen des restlichen Buches hat Jan Costin Wagner sich Zeit gelassen. Vor drei Jahren ist "Das Licht in einem dunklen Haus" erschienen, sein bislang letzter Roman um den finnischen Polizeikommissar Kimmo Joentaa. "Tage des letzten Schnees", den vor wenigen Tagen bei Galiani herausgekommenen Nachfolger, stellt Wagner am Dienstag in der Frankfurter Romanfabrik vor. Das Buch folgt den Konventionen des Krimis, wie alle Werke Wagners, unterläuft sie aber auch, wie jeder seiner Romane. Fragt man ihn, womit die Arbeit am neuen Buch begonnen habe, verweist er neben dem Einstiegsunglück darauf, dass er vor der Niederschrift stets das Gefühl haben müsse, alles sei an seinem Platz: "Die Geschichte, die erzählt werden soll, die Figuren, die ich zur Sprache bringen will, und die Dramaturgie, in der die Figuren miteinander verwoben sind."

Dass Wagner das, was er erzählen will, und die Form, in der es erzählt wird, von Anfang an zusammen im Kopf hat, erklärt einen Teil der intensiven Wirkung, die seine Bücher bei ihrer Lektüre entfalten - nicht, weil die Aufklärung des Verbrechens, sondern vielmehr, weil die Erklärung der Gefühle so spannend ist, mit denen die von Mord und Totschlag aus dem Alltag gerissenen Personen zurechtkommen müssen. "Extremsituationen", sagt Wagner dazu, mit denen er selbst durch das Schreiben umgehe, denen er eine sprachliche Form gebe, so wie seine Charaktere es tun müssen, die über Verlust und Schmerz nachdenken und manchmal sogar sprechen, angefangen bei Joentaa, der auch im neuen Roman an seine Frau Sanna denkt, die ihm in "Eismond", dem 2003 erschienenen ersten Buch der Reihe, gestorben ist.

Nun also der Auto-Unfall, der einen Bekannten des Kommissars und dessen Tochter ereilt. Der Vater überlebt, das Mädchen stirbt. Die Folgen und Ursachen dieses Ereignisses werden dem Leser Stück für Stück vor Augen geführt, wie immer auch aus der Perspektive derer, die im Auto oder anderswo als Täter unterwegs sind, darauf legt Wagner Wert. Schließlich will er nicht nur wissen, was ein Verbrechen auslöst, sondern auch, was dahintersteckt. Um den Unfallverursacher geht es daher ebenfalls, um dessen eigenes Unglück und das weiterer mit ihm verbundener Menschen. Um die Schwindeleien einer Prostituierten aus dem ungarisch-rumänischen Grenzgebiet und den Schwindel, der hinter so manchem Geschäft erfolgreicher Banken steckt, um den Zusammenstoß von Armut und Reichtum, kurz um all das, was Wagner im Gespräch die psychologischen und moralischen "Kollisionen" nennt, die der aus einem Unfall-Einfall entstandene Roman durchspielt. Zu ihnen zählt für ihn die "Gleichzeitigkeit von Trauer und Glück" ebenso wie die grundsätzliche Frage danach, wie ein Ereignis das andere bedingt - "oder auch nicht". Dass es für Kriminalbeamte und Schriftsteller unentscheidbar bleibt, ob Zufall oder Ordnung herrschen, zeigt Wagner in einer besonders dramatischen Wendung gegen Ende des Romans so nachdrücklich wie nie.

Plötzliche Enthüllungen dieser Art, von denen "Tage des letzten Schnees" einige aufzubieten hat, wären dramaturgisch weniger wirkungsvoll ohne das, was entsteht, wenn Wagner sich an seinen "ziemlich leeren" Schreibtisch setzt und Wörter findet für das Bündel von Ereignissen, Personen und Beziehungen, das er zuvor so sorgfältig durchdacht hat: "Erst die Sprachfindung entscheidet darüber, ob das Ganze gelingt." Das Finden der in jedem Moment richtigen Formulierung dient nicht bloß dem Erzielen der größtmöglichen Wirkung auf den Leser, sondern auch der Sorgfaltspflicht, von der sich der Autor gegenüber den von ihm erfundenen Figuren leiten lassen sollte. "Ich möchte immer das Gefühl haben, der Romanwelt zu entsprechen." Während Wagners Charaktere zwischen Turku, der Nachbarstadt Salo und Helsinki versuchen, ihren Empfindungen Ausdruck zu geben, geht er daher der Frage nach, "ob das Leben den Tod überwinden kann". Die Kimmo-Joentaa-Frage könnte man diese Formulierung nennen, auf die "Tage des letzten Schnees" dem Kommissar kurz vor Schluss gleich mehrere überraschende Antworten gibt.

Weniger Ermittler als "Trauerbegleiter"sei Kimmo im neuen Roman, sagt Wagner und klingt damit nicht unzufrieden. Ermittler und Ordner ist in seinem Fall viel eher der Autor selbst, der Fiktion und Fakten mit Effekt präsentiert. Dass er das Mitgefühl, das seine Leser beim Nachdenken über Opfer und Täter unweigerlich packt, durch erzählerische Kniffe herstellt, macht sein Vorgehen ein wenig auch zu dem des Gauners, der jeden Trick kennt. Aber die Kunst steht außerhalb des Gesetzes, auch der Gesetze der Gattung, die Wagner zugunsten dessen unterläuft, worauf es ihm ankommt: "Den Figuren gerecht zu werden."

Der Schreibtisch, an dem dies geschieht, steht seit einiger Zeit in Hainburg im Landkreis Offenbach. In Langen, im selben Kreis gelegen, ist Wagner 1972 zur Welt gekommen, lange hat er mit seiner aus Finnland stammenden Frau halb in ihrer, halb in seiner Heimat gelebt. Nun, da die gemeinsame Tochter in Deutschland zur Schule geht, gelingt es der Familie nur noch in den Ferien, für längere Zeit zusammen nach Finnland zu fahren, das Land der "leicht herzustellenden Einsamkeit und Ruhe", das, wie Wagner hinzufügt, ihm ganz sicher entspreche. Es gefällt ihm, seit er mit 19 Jahren zum ersten Mal auf der Fähre von Stockholm nach Turku fuhr, um seine künftige Frau zu besuchen. In Helsinki ist er vor kurzem den Organisatoren des finnischen Gastlandauftritts auf der Frankfurter Buchmesse begegnet, die sich auf den Oktober freuen. "Es wird eine schöne Präsentation werden", sagt Wagner. "Finnen mögen Finnland." So geht es auch ihm. Und seinen Lesern. (Siehe Seite 33.)

Am 14. Januar stellt Jan Costin Wagner "Tage des letzten Schnees" in der Frankfurter Romanfabrik, Hanauer Landstraße 186, vor. Die Lesung beginnt um 20 Uhr.

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Mehr als ein Krimi. (...) Die Stärke der Romanreihe liegt in den tiefen Einblicken in die Gefühlswelt seiner Figuren. Kathrin Hollmer Süddeutsche Zeitung 20200202