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Seit 35 Jahren beschäftigt sich Christoph Peters mit Japan. Er hat Romane über Japan geschrieben, sich in der traditionellen Teezeremonie ausgebildet, sammelt japanische Keramiken. Doch in Japan ist er nie gewesen. Die erste Reise nach Tokio muss also zum Abgleich werden zwischen Phantasie und Realität. Christoph Peters streift durch Metro und Seitenstraßen, Sushibars und Museen, besucht Tempelanlagen und einen Boxkampf. Und er ist ein eminent genauer Beobachter: Aus den Blicken der Menschen in der U-Bahn, aus den Regeln der Konversation, aus dem Nuancenreichtum in der Glasur einer Teeschale…mehr

Produktbeschreibung
Seit 35 Jahren beschäftigt sich Christoph Peters mit Japan. Er hat Romane über Japan geschrieben, sich in der traditionellen Teezeremonie ausgebildet, sammelt japanische Keramiken. Doch in Japan ist er nie gewesen. Die erste Reise nach Tokio muss also zum Abgleich werden zwischen Phantasie und Realität. Christoph Peters streift durch Metro und Seitenstraßen, Sushibars und Museen, besucht Tempelanlagen und einen Boxkampf. Und er ist ein eminent genauer Beobachter: Aus den Blicken der Menschen in der U-Bahn, aus den Regeln der Konversation, aus dem Nuancenreichtum in der Glasur einer Teeschale entsteht das Panorama einer ganzen Kultur. "Tage in Tokio" ist die Liebeserklärung an ein faszinierendes und widersprüchliches Land, das mit jedem Versuch, es zu verstehen, auch etwas über uns erzählt.
Autorenporträt
Christoph Peters wurde 1966 in Kalkar geboren. Er ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungsbände und wurde für seine Bücher vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Wolfgang-Koeppen-Preis (2018), dem Thomas-Valentin-Literaturpreis der Stadt Lippstadt (2021) sowie dem Niederrheinischen Literaturpreis (1999 und 2022). Christoph Peters lebt heute in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm bei Luchterhand die ersten beiden Teile einer an Wolfgang Koeppen angelehnten Trilogie: "Der Sandkasten" (2022) und "Krähen im Park" (2023).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Rezensent Thomas Schaefer entdeckt in Christoph Peters' unkonventionellem Reisebericht aus Japan eine hilfreiche Handreichung in Sachen Reisen und der Begegnung mit dem Fremden schlechthin. Wie der intime Kenner des Landes nach jahrelangen (virtuellen) Studien und einigen in Japan spielenden Romanen 2019 erstmals japanischen Boden betritt, das birgt für Schaefer wie für den Autor jede Menge Überraschungen, Anlass zur Revision und zu Fragen über das Vertraute und das Fremde und die eigene Wahrnehmung. Vieles, was der Autor zu kennen glaubte, Tee-Zeremonien, Leben im Ryokan etc., erscheint neu und ganz anders, so Schaefer. Dass Peters sich dabei die Selbstironie bewahrt und den Leser gut unterhält, scheint ihm bemerkenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2021

Im Land der aufgehenden Erwartungen

Christoph Peters gilt als der japanophilste deutsche Schriftsteller. Aber nach Japan gereist ist er erst vor Kurzem - und erzählt nun davon.

Das Buch beginnt mit einem überraschenden Geständnis: "Seit 35 Jahren beschäftigt sich Christoph Peters intensiv mit Japan. Doch in dem Land ist er nie gewesen." Dabei hat er doch kundige Romane und Essays geschrieben, die sich mit Elementen der japanischen Kultur beschäftigen - dem Weg des Tees, auf dem Peters selbst wandelt, aber auch mit dem organisierten Verbrechen.

Ein japanisches Konzept, das in Deutschland früh verfing, bezieht sich auf die Wege, auf denen man sich einer Tätigkeit verschreibt und an deren Ziel Meisterschaft und Erleuchtung warten sollen - unabhängig davon, ob einer nun dem Schwert- oder dem Teeweg folgt. Untereinander sind diese Wege vielfältig verknüpft. Im Gesamtkunstwerk einer Teezeremonie haben etwa Keramikhandwerk, Malerei, Blumenstecken, Dichtung und Kalligraphie ihren festen Platz. Das ist viel Stoff. Und da Sammlungen, Übersetzungen, Reproduktionen, Anleitungen und Vereine zur Vermittlung dieser Techniken außerhalb von Japan beliebt sind, kann man sich jahrelang mit einem Land beschäftigen, in dem man nie war.

Doch es kommt der Punkt, an dem die aus der Ferne gesammelten Eindrücke mit der Realität abgeglichen werden wollen. Man spürt den Druck angestauter Erwartungen, ebenso die Angst vor ihrer Enttäuschung. Warum Peters bisher nicht in Japan war, darüber erfährt der Leser wenig. Doch die Idee, einen wie Peters in jenem Moment zu begleiten, in dem er sein Wissen mit Beobachtungen vor Ort abgleicht, ist reizvoll. Auch weil Peters ehrlich ist: Als er auf dem Weg vom Flughafen Narita zum ersten Mal einen Blick auf Japan erhascht, fühlt er sich im Nachhinein wie ein Hochstapler, "der sich akribisch auf seine neue Rolle als Chefarzt vorbereitet hat und jetzt zum ersten Mal einem echten Patienten gegenübersitzt".

Peters erzählt chronologisch von seinem Aufenthalt in Tokio - illustriert durch schlicht-präzise Zeichnungen von Matthias Beckmann -, in einem klaren, abwägenden Ton. In Fußnoten stellt er einige Beobachtungen nachträglich in Frage oder erläutert sie. Gleichzeitig wird bereits auf den ersten fünfzig Seiten deutlich, wie viel Wissensgepäck Peters durch seine lange Beschäftigung mit Japan mit sich herumschleppt. Dieses Gepäck fordert Raum - indem konkrete Beobachtungen zunehmend durch Exkurse über Kunsttheorie oder die Rückbindung der japanischen Kultur an den Zen-Buddhismus verdrängt werden.

Wenn Peters eine berühmte Teeschale wie die "Unohanagaki" betrachtet, folgt man seinem geschulten Auge gern. Doch andere Beobachtungen, vor allem über die lebendigen Bewohner des Inselstaates, scheinen manchmal zu flüchtig, um aufgeschrieben zu werden, ohne zum Klischee zu gerinnen. Selbst wenn der Autor sich die Mühe macht, auf die häufig eindimensionale Berichterstattung über Japan hinzuweisen und sie anhand von Stichproben zu überprüfen, lassen sich manche Beobachtungen vor Ort stärker vom Hörensagen leiten, als es ihnen guttut: Wie und wohin Japaner gucken, ob und wann man mit ihnen ins Gespräch kommt und wie Rassismus dort funktioniert - so etwas lässt sich während eines Gastaufenthaltes nur schwer beurteilen. "Als ich sie" - die Kollegin eines Freundes, namens Verena, die "seit zehn Jahren mit ihrem senegalesischen Mann und der gemeinsamen Tochter in Tokio lebt" - "nach ihren Erfahrungen mit dem japanischen Rassismus frage, zeigt mir Verena Handyfotos, auf denen ein dreijähriges Mädchen mit wild vom Kopf abstehenden Löckchen im Kimono, umringt von zahlreichen japanischen Kindern und Eltern, das Shichi-Go-San - eine Art Initiationsfest mit Schreinbesuch und vielen Süßigkeiten - feiert. 'Wenn wir zu meinen Eltern nach Halle fahren', sagt sie, 'hab ich tatsächlich Schwierigkeiten und überlege mir, wo wir hingehen, aber hier in Japan gab es noch nie ein Problem.'"

So blickt der Leser weniger durch Peters' Augen auf Japan als vielmehr in seinen Kopf. Von Tokio erfahren wir nach zwei Dritteln des Buches, wie es sich für Peters anfühlt, dort anzukommen, ein Hotel zu betreten, Bahn zu fahren, ein Café zu besuchen und Sushi zu essen. Später kommen Besuche im Edelkaufhaus Mitsukoshi, beim Senso-Tempel und bei einem Boxkampf hinzu. Zumindest Letzterer weicht von den ausgetretenen Pfaden ab. Doch sonst vermittelt "Tage in Tokio" ein genaues Bild der Japanwahrnehmung westlicher Liebhaber des Landes, das bis hin zu den genannten Orten, Personen und Kulturtechniken jene erschreckende Einheitlichkeit aufweist, die den Erfolg von Exportgütern wie Sen No Rikyu (Teemeister), Miyamoto Musashi (Schwertheiliger) und "Beat" Takeshi Kitano (Schauspieler, Regisseur, Faktotum) als Chiffren für Japan beweist. Gegen Ende mündet all das in die Feststellung, dass sich der Autor trotz der Abweichungen seines inneren Japans zum äußeren in Tokio wohlfühlt. Wie schön. Jetzt könnten eigentlich die unverstellten Reisebeobachtungen beginnen. Doch da ist das Buch auch schon zu Ende. AXEL WEIDEMANN

Christoph Peters: "Tage in Tokio".

Luchterhand Literaturverlag, München 2021. 256 S., Abb., geb., 16,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Mit subtiler Selbstironie betrachtet Peters Innen und Außen, Klischee und Erfahrung, Projektionen erster und zweiter Ordnung. Ein hochaktuelles Buch über das Bekannte im vermeintlich Fremden und umgekehrt.« Richard Kämmerlings / Welt am Sonntag