In den Jahren 1981 bis 1998 hat Schleef kaum Tagebuch geführt. Er hatte zu inszenieren und Bücher zu schreiben (Gertrud 1, Gertrud 2, Droge Faust Parsifal). Als er sich in den letzten Jahren seines Lebens daranmachte, das Tagebuch auszuarbeiten und einzurichten, füllte er die Lücke mit eigenen Texten aus dieser Zeit, ungedruckten Langfassungen von Interviews zum Beispiel.Im Gegensatz dazu scheint er in den Jahren 1999 bis 2001 fast nur noch Tagebuch zu schreiben, wenn er nicht gerade schwimmt, am liebsten in der Donau bei Wien. Schreiben dient ihm wie das Schwimmen dazu, sich zur Ruhe zu…mehr
In den Jahren 1981 bis 1998 hat Schleef kaum Tagebuch geführt. Er hatte zu inszenieren und Bücher zu schreiben (Gertrud 1, Gertrud 2, Droge Faust Parsifal). Als er sich in den letzten Jahren seines Lebens daranmachte, das Tagebuch auszuarbeiten und einzurichten, füllte er die Lücke mit eigenen Texten aus dieser Zeit, ungedruckten Langfassungen von Interviews zum Beispiel.Im Gegensatz dazu scheint er in den Jahren 1999 bis 2001 fast nur noch Tagebuch zu schreiben, wenn er nicht gerade schwimmt, am liebsten in der Donau bei Wien. Schreiben dient ihm wie das Schwimmen dazu, sich zur Ruhe zu bringen. Nichts anderes hilft. Mit den Endloseintragungen schlafloser Nächte hält er sich an der Oberfläche - um weiterzugleiten, aufs Ende zu.
Schleef, EinarEinar Schleef wurde am 17. Januar 1944 in Sangerhausen geboren und starb am 21. Juli 2001 in Berlin. Er ist heute hauptsächlich als Dramatiker und Regisseur bekannt, arbeitete aber auch als Bühnenbildner, Maler und Schauspieler. Zu seinen zentralen Werken zählen der Roman Gertrud und das Theaterstück Nietzsche Trilogie. Er wurde mit seinen Stücken mehrfach zum Theatertreffen eingeladen und erhielt neben zahlreichen anderen Preisen auch den Mülheimer Dramatikerpreis 1995.
Menninghaus, WinfriedWinfried Menninghaus, geboren 1952, ist Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften an der FU Berlin.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ekkehard Knörer hat gewählt. Zwischen Mitmachen bei diesem monströsen Tagebuchprojekt (dessen zwei abschließende Bände nun vorliegen) und Aussteigen. Als Leser zieht er es vor, sich, genau wie der Autor selbst, dem Textfluss auszuliefern, diesem Sprachkörper Einar Schleef. Im Detail bedeutet dies für den Rezensenten, in ein Textkonvolut einzutauchen, das, vor allem im vorletzten Band, nicht Tagebuch im herkömmlichen Sinn ist, sondern eher eine Sammlung von literarischen Entwürfen und Fassungen. Die allerdings, auch das weiß Knörer, sind immer nah am Autobiografischen. Ob die Gegenwart von der Vergangenheit "unterspült" wird und Kindheitserinnerungen auftauchen. Oder (so nach Schleefs Zusammbruch im Januar 2001) der Autor die Theaterarbeit mit eigenen Todesfantasien verbindet. Und immer ist die Lektüre eine Zumutung. Knörer hat Mühe, den Assoziationskaskaden zu folgen. Doch die aus den Texten sprechende Dringlichkeit nimmt er dem Autor ab.
»Schleefs philosophisch, psychologisch, politisch tief und weit schweifende Chronik seines Daseins ist zugleich eine der Gesellschaft im erst geteilten (Schleef verlässt 1976 die DDR), später wiedervereinten Deutschland zwischen 1953 und 2001. Das macht sie erst recht zur aufregenden, zuweilen erschauernd- und erschreckenden Lektüre, die noch dazu amüsiert mit Klatsch und Nähkästchenwühlerei.« Wengierek, Reinhard DIE WELT 20091205
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