Spitzensportler, die Massen bewegen. Tenniscracks wie Boris Becker. Formel-1-Heroen wie Jackie Stewart. Stadionhelden, die Fußballgeschichte geschrieben haben. So wie Geoff Hurst, der Schütze des Wembley-Tors. Die Ausnahmekönner aus Sportarten, die hierzulande eher selten im Rampenlicht stehen: Joe Namath, die Legende des American Football. Oder Ronnie O'Sullivan, der weltbeste Snooker-Profi. Trainerlegenden und der Krebs. Sportstars als "anonyme" Alkoholiker. Tour-Sieger und das Trauma des Missbrauchs. Paul Kimmage vereint sie alle in einer Kollektion außergewöhnlicher Nahaufnahmen.
In der Sportredaktion von "The Sunday Times" ist Paul Kimmage der Mann für die großen Interviews. Denn er versteht es meisterlich, Ausnahmeathleten einzufangen und auf den Zahn zu fühlen. Schließlich weiß er als ehemaliger Radprofi bestens um die Befindlichkeiten der Sportlerseele. Wenn Kimmage interviewt, bleibt es nie beim harmlosen Frage-Antwort-Spiel. So gelingen ihm höchst intime Star-Porträts, die oft entlarven und stets inspirieren.
Als er 1990 seine Autobiografie vorlegte, riskierte Paul Kimmage die unehrenhafte Entlassung aus der Gilde der Radprofis. Denn er hatte eine beispiellose Dopingbeichte verfasst. Eine herzzerreißende Klageschrift gegen eine Parallelgesellschaft, die Menschen, Ideale und Träume zerstörte. Der zum Sportbuch des Jahres gekürte Kimmage-Erstling "Raubeine rasiert" ist bis heute Pflichtlektüre und ebnete ihm seine zweite Karriere als Sportjournalist. Seit 2002 ist er für die renommierte The Sunday Times tätig und bestreitet dort die Reihe "The Big Interview", deren beste Momente dieses Buch versammelt.
Schon fünf Mal in Folge wurde Paul Kimmage vom Verband der britischen Sportjournalisten als Interviewer des Jahres ausgezeichnet. "Er hat das journalistische Interview auf eine neue Ebene gehoben und in eine Kunstform überführt", hieß es in einer Würdigung seiner Porträts von Tony Adams, Severiano Ballesteros, Boris Becker, Flavio Briatore, Jenson Button, Jimmy Connors, Stan Collymore, David Coulthard, Haile Gebrselassie, Geoff Hurst, Eddie Jordan, Anna Kournikova, Bernhard Langer, Greg LeMond, Nigel Mansell, John McEnroe, David Millar, Rafael Nadal, Joe Namath, Maria Sharapova, Teddy Sheringham, Jackie Stewart, Tanya Streeter, Ronnie O'Sullivan, Phil Taylor u.v.a.
In der Sportredaktion von "The Sunday Times" ist Paul Kimmage der Mann für die großen Interviews. Denn er versteht es meisterlich, Ausnahmeathleten einzufangen und auf den Zahn zu fühlen. Schließlich weiß er als ehemaliger Radprofi bestens um die Befindlichkeiten der Sportlerseele. Wenn Kimmage interviewt, bleibt es nie beim harmlosen Frage-Antwort-Spiel. So gelingen ihm höchst intime Star-Porträts, die oft entlarven und stets inspirieren.
Als er 1990 seine Autobiografie vorlegte, riskierte Paul Kimmage die unehrenhafte Entlassung aus der Gilde der Radprofis. Denn er hatte eine beispiellose Dopingbeichte verfasst. Eine herzzerreißende Klageschrift gegen eine Parallelgesellschaft, die Menschen, Ideale und Träume zerstörte. Der zum Sportbuch des Jahres gekürte Kimmage-Erstling "Raubeine rasiert" ist bis heute Pflichtlektüre und ebnete ihm seine zweite Karriere als Sportjournalist. Seit 2002 ist er für die renommierte The Sunday Times tätig und bestreitet dort die Reihe "The Big Interview", deren beste Momente dieses Buch versammelt.
Schon fünf Mal in Folge wurde Paul Kimmage vom Verband der britischen Sportjournalisten als Interviewer des Jahres ausgezeichnet. "Er hat das journalistische Interview auf eine neue Ebene gehoben und in eine Kunstform überführt", hieß es in einer Würdigung seiner Porträts von Tony Adams, Severiano Ballesteros, Boris Becker, Flavio Briatore, Jenson Button, Jimmy Connors, Stan Collymore, David Coulthard, Haile Gebrselassie, Geoff Hurst, Eddie Jordan, Anna Kournikova, Bernhard Langer, Greg LeMond, Nigel Mansell, John McEnroe, David Millar, Rafael Nadal, Joe Namath, Maria Sharapova, Teddy Sheringham, Jackie Stewart, Tanya Streeter, Ronnie O'Sullivan, Phil Taylor u.v.a.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2009Grand Slam der Worte
Interviews sind für Paul Kimmage Leistungssport. Dass die Stars ihn dabei manchmal nicht ins Spiel kommen lassen, ist egal: Am Ende gewinnt immer der Leser.
Von Thomas Klemm
Paul Kimmage ist unbedingt zu beneiden. Er trifft sich an einem schwülen Abend in Miami Beach mit Anna Kurnikowa, er besucht Haile Gebrselassie in seiner Heimatstadt Addis Abeba, er plaudert mit Maria Scharapowa an einem kalifornischen Strand, er reist Jenson Button nach Istanbul hinterher, er verbringt gesellige Stunden mit Rafael Nadal und dessen Familie auf Mallorca. Kimmage ist stets auf den Spuren der Stars, Sternchen und Idole, versucht dabei aber, sich nicht blenden zu lassen vom schönen Schein. Erfolge, Rekorde, Medaillen, die interessieren Kimmage, der in England fünfmal in Folge als "Interviewer des Jahres" ausgezeichnet wurde, nur am Rande. Der Sportjournalist ist ein Geschichtensucher, er reist rund um den Globus auf der Suche nach den Geheimnissen, die hinter den Sportstars stecken. Als Weltenbummler des Worts nähert er sich mitunter auch Schamgrenzen; zum Beispiel, als er sich im Gespräch mit Maria Scharapowa zur Frage hinreißen lässt, ob die Russin ein Angebot des "Playboy" annehmen würde, sich nackt ablichten zu lassen. Doch bei allem Hang zur Enthüllung: Kimmage ist voller Respekt für die Leistungen der Sportler und lauscht ergeben Erfolgsgeschichten wie jenen des Weltklasseläufers Gebrselassie. "Und doch ist es so", schreibt Kimmage, "dass ich, jedes Mal wenn sich unser Gespräch seinem Sport und seinen Rekorden auch nur annähert, meinen Drang unterdrücken muss, lauthals zu gähnen."
Seit sieben Jahren führt Paul Kimmage Gespräche, die er in Geschichten verpackt und unter der Rubrik "The Big Interview" in der englischen "Sunday Times" veröffentlicht. Die besten Zwiegespräche, unter dem Titel "Talk don't run" nun erstmals auf Deutsch erschienen, sind für Kimmage keine Wortgeplänkel, in denen Informationen erfragt oder Meinungen abgefragt werden; er versteht Interviews als kleine, möglichst unterhaltsame Wortgefechte. So bedauert er im Rededuell mit dem Tennismodell Anna Kurnikowa, dass sie ihn schon bei den einleitenden Floskeln "nicht ins Spiel kommen" lasse. Nach einigen weiteren Kurzantworten der schlagfertigen Russin bemerkt Kimmage: "Erster Satz Kurnikowa, sechs zu null." Doch im weiteren Verlauf des verbalen Schlagabtauschs hat der Interviewer die Blondine, die in Werbekampagnen mehr Erfolge vorweisen kann als auf dem Tennisplatz, so weit gereizt, dass sie sich plötzlich zu ihrem Ehrgeiz bekennt: ",Ich hatte nichts', schnauzt sie mich an: ,Und dass ich es dahin geschafft habe, wo ich heute stehe - so übel ist das alles nicht.'" Spiel, Satz, Sieg Kimmage.
Dass der 47 Jahre alte Ire den Dialog auch als Wettbewerb versteht, ist aus seiner Biographie heraus nur allzu verständlich: In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war Kimmage Radprofi, nahm an der Tour de France teil, bis er des Dopings überdrüssig war, sein Schweigen in einem Buch ("Raubeine rasiert") brach und ausgeschlossen wurde aus dem Zirkel der Pedaleure. Er wechselte die Seiten, wurde vom langjährigen Heimlichtuer zum Aufklärer - "vom Bock zum Gärtner, vom Saulus zum Paulus", wie er sagt.
In seinen "Big Interviews" gelingen Kimmage mitunter einfühlsame Porträts wie jene über den Snooker-Star Ronnie O'Sullivan oder den früheren Formel-1-Piloten David Coulthard. Manchmal versucht er sich als investigativer Journalist, stößt aber beim Thema Doping sowohl bei Tennis-Champion Nadal wie auch bei früheren Radprofis vom Schlage eines Jonathan Vaughters auf eine Mauer des Schweigens. Aber alle Interviews dienen Kimmage zur Selbstdarstellung: Er schert sich nicht um einen Schein von Objektivität, ist radikal in seinem Urteil. Den Golfer Bernhard Langer beschreibt er als harten Kerl, pedantisch, gläubig und humorlos und mit "Augen aus Stahl". Über den Radprofi David Millar sagt Kimmage: "Er ist ein selbstsüchtiger, ein extrem materialistisch denkender Drecksack." Boris Becker, der sich als vorbildlicher Vater verkauft, hingegen sei "ein netter Kerl". Kimmage, dem leider manchmal entlarvende Zwischentöne seiner Gesprächspartner entgehen, ahnt allerdings, dass ihm mitunter ein Bären aufgebunden werden soll. So beschleicht ihn nach den Erzählungen des Tennisstars Novak Djokovic der "Verdacht, dass er einem nur Theater vorspielt". Aber selbst bei seinem Scheitern macht Paul Kimmage seinen Lesern Spaß.
Paul Kimmage: "Talk don't run. Sportstars im Kreuzverhör", 367 Seiten, 14,80 Euro, Covadonga Verlag, Bielefeld.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Interviews sind für Paul Kimmage Leistungssport. Dass die Stars ihn dabei manchmal nicht ins Spiel kommen lassen, ist egal: Am Ende gewinnt immer der Leser.
Von Thomas Klemm
Paul Kimmage ist unbedingt zu beneiden. Er trifft sich an einem schwülen Abend in Miami Beach mit Anna Kurnikowa, er besucht Haile Gebrselassie in seiner Heimatstadt Addis Abeba, er plaudert mit Maria Scharapowa an einem kalifornischen Strand, er reist Jenson Button nach Istanbul hinterher, er verbringt gesellige Stunden mit Rafael Nadal und dessen Familie auf Mallorca. Kimmage ist stets auf den Spuren der Stars, Sternchen und Idole, versucht dabei aber, sich nicht blenden zu lassen vom schönen Schein. Erfolge, Rekorde, Medaillen, die interessieren Kimmage, der in England fünfmal in Folge als "Interviewer des Jahres" ausgezeichnet wurde, nur am Rande. Der Sportjournalist ist ein Geschichtensucher, er reist rund um den Globus auf der Suche nach den Geheimnissen, die hinter den Sportstars stecken. Als Weltenbummler des Worts nähert er sich mitunter auch Schamgrenzen; zum Beispiel, als er sich im Gespräch mit Maria Scharapowa zur Frage hinreißen lässt, ob die Russin ein Angebot des "Playboy" annehmen würde, sich nackt ablichten zu lassen. Doch bei allem Hang zur Enthüllung: Kimmage ist voller Respekt für die Leistungen der Sportler und lauscht ergeben Erfolgsgeschichten wie jenen des Weltklasseläufers Gebrselassie. "Und doch ist es so", schreibt Kimmage, "dass ich, jedes Mal wenn sich unser Gespräch seinem Sport und seinen Rekorden auch nur annähert, meinen Drang unterdrücken muss, lauthals zu gähnen."
Seit sieben Jahren führt Paul Kimmage Gespräche, die er in Geschichten verpackt und unter der Rubrik "The Big Interview" in der englischen "Sunday Times" veröffentlicht. Die besten Zwiegespräche, unter dem Titel "Talk don't run" nun erstmals auf Deutsch erschienen, sind für Kimmage keine Wortgeplänkel, in denen Informationen erfragt oder Meinungen abgefragt werden; er versteht Interviews als kleine, möglichst unterhaltsame Wortgefechte. So bedauert er im Rededuell mit dem Tennismodell Anna Kurnikowa, dass sie ihn schon bei den einleitenden Floskeln "nicht ins Spiel kommen" lasse. Nach einigen weiteren Kurzantworten der schlagfertigen Russin bemerkt Kimmage: "Erster Satz Kurnikowa, sechs zu null." Doch im weiteren Verlauf des verbalen Schlagabtauschs hat der Interviewer die Blondine, die in Werbekampagnen mehr Erfolge vorweisen kann als auf dem Tennisplatz, so weit gereizt, dass sie sich plötzlich zu ihrem Ehrgeiz bekennt: ",Ich hatte nichts', schnauzt sie mich an: ,Und dass ich es dahin geschafft habe, wo ich heute stehe - so übel ist das alles nicht.'" Spiel, Satz, Sieg Kimmage.
Dass der 47 Jahre alte Ire den Dialog auch als Wettbewerb versteht, ist aus seiner Biographie heraus nur allzu verständlich: In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war Kimmage Radprofi, nahm an der Tour de France teil, bis er des Dopings überdrüssig war, sein Schweigen in einem Buch ("Raubeine rasiert") brach und ausgeschlossen wurde aus dem Zirkel der Pedaleure. Er wechselte die Seiten, wurde vom langjährigen Heimlichtuer zum Aufklärer - "vom Bock zum Gärtner, vom Saulus zum Paulus", wie er sagt.
In seinen "Big Interviews" gelingen Kimmage mitunter einfühlsame Porträts wie jene über den Snooker-Star Ronnie O'Sullivan oder den früheren Formel-1-Piloten David Coulthard. Manchmal versucht er sich als investigativer Journalist, stößt aber beim Thema Doping sowohl bei Tennis-Champion Nadal wie auch bei früheren Radprofis vom Schlage eines Jonathan Vaughters auf eine Mauer des Schweigens. Aber alle Interviews dienen Kimmage zur Selbstdarstellung: Er schert sich nicht um einen Schein von Objektivität, ist radikal in seinem Urteil. Den Golfer Bernhard Langer beschreibt er als harten Kerl, pedantisch, gläubig und humorlos und mit "Augen aus Stahl". Über den Radprofi David Millar sagt Kimmage: "Er ist ein selbstsüchtiger, ein extrem materialistisch denkender Drecksack." Boris Becker, der sich als vorbildlicher Vater verkauft, hingegen sei "ein netter Kerl". Kimmage, dem leider manchmal entlarvende Zwischentöne seiner Gesprächspartner entgehen, ahnt allerdings, dass ihm mitunter ein Bären aufgebunden werden soll. So beschleicht ihn nach den Erzählungen des Tennisstars Novak Djokovic der "Verdacht, dass er einem nur Theater vorspielt". Aber selbst bei seinem Scheitern macht Paul Kimmage seinen Lesern Spaß.
Paul Kimmage: "Talk don't run. Sportstars im Kreuzverhör", 367 Seiten, 14,80 Euro, Covadonga Verlag, Bielefeld.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ob der Sportjournalist und frühere Radprofi Paul Kimmage mit seinen hier versammelten Interviews eine neue Kunstform entwickelt hat, wie es heißt, will Alex Rühle mal dahingestellt lassen. Es muss ja nicht immer gleich Kunst sein. Meisterliches Handwerk aber ist es allemal, was Rühle hinter den Texten erkennt. Dazu gehören für ihn die konzentrierte Beobachtung des Interviewers, die szenische Knappheit und die eingestreuten Erzählpassagen, die Rühle die Texte "wie amerikanische Erzählungen" lesen lässt, und nicht zuletzt der Umstand, dass Kimmage seinen Gesprächspartnern "auf Augenhöhe" begegnet. Die Dämonen im Sportsgeist, die oft erschütternden Kämpfe der einstigen Wettkampf-Stars, wie Jimmy Connors oder Geoff Hurst, mit dem Nachruhm, mit Alkohol und Depressionen - für Rühle ergibt ihre journalistische Durchdringung nicht weniger als "kondensierte Lebensgeschichten".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH