Mit diesem Roman setzte Disraeli zu Beginn seiner glänzenden politischen Karriere ein eindrucksvolles Zeichen für Toleranz und Verständigung zwischen den Religionen. Dank der ersten vollständigen Übersetzung ist der mitreißende Reise- und Bildungsroman nun endlich auch hierzulande zu entdecken.
Die besten Köche des Landes, Dekorateure, Feuerwerksmeister, sie alle strömen zum Schloss des Herzogs Bellamont, denn es gilt, die Volljährigkeit von dessen Sohn Tancred zu feiern. Zur Krönung der Festivitäten eröffnen Tancreds Eltern ihrem Spross, was ihn als Geschenk erwartet: ein Platz im Parlament und die Ehe mit seiner hübschen Cousine.
Maßlos ist die Überraschung der Eltern, als Tancred ablehnt. Sein sehnlichster Wunsch ist es, eine Pilgerfahrt ins Heilige Land zu unternehmen. Aller Widerstand der Eltern erweist sich als fruchtlos, sie müssen den Sohn ziehen lassen.
Was als spirituelle Sinnsuche beginnt, wird bald zu einer Erweckungsfahrt umfassenderer Art. Der Orient in seiner ganzen Fremdheit schlägt Tancred machtvoll in seinen Bann. Er verliebt sich in die Tochter des reichsten Kaufmanns von Jerusalem und gerät in das Intrigenspiel rivalisierender arabischer Gruppen. Nach vielen Wechselfällen erkennt er, dass für ein christliches Selbstverständnis privat wie gesellschaftlich die Rückbesinnung auf die jüdischen Wurzeln und die Öffnung für das Fremde unerlässlich sind.
Die besten Köche des Landes, Dekorateure, Feuerwerksmeister, sie alle strömen zum Schloss des Herzogs Bellamont, denn es gilt, die Volljährigkeit von dessen Sohn Tancred zu feiern. Zur Krönung der Festivitäten eröffnen Tancreds Eltern ihrem Spross, was ihn als Geschenk erwartet: ein Platz im Parlament und die Ehe mit seiner hübschen Cousine.
Maßlos ist die Überraschung der Eltern, als Tancred ablehnt. Sein sehnlichster Wunsch ist es, eine Pilgerfahrt ins Heilige Land zu unternehmen. Aller Widerstand der Eltern erweist sich als fruchtlos, sie müssen den Sohn ziehen lassen.
Was als spirituelle Sinnsuche beginnt, wird bald zu einer Erweckungsfahrt umfassenderer Art. Der Orient in seiner ganzen Fremdheit schlägt Tancred machtvoll in seinen Bann. Er verliebt sich in die Tochter des reichsten Kaufmanns von Jerusalem und gerät in das Intrigenspiel rivalisierender arabischer Gruppen. Nach vielen Wechselfällen erkennt er, dass für ein christliches Selbstverständnis privat wie gesellschaftlich die Rückbesinnung auf die jüdischen Wurzeln und die Öffnung für das Fremde unerlässlich sind.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit größter Aufmerksamkeit müsse man diesen Roman lesen, um seine zentrale Botschaft nicht misszuverstehen, lässt sich Gustav Seibts ausführlicher Rezension entnehmen. Aus Anlass des zweihundersten Geburtstags des einstigen britischen Premiers und Vaters der konservativen Partei wurde Benjamin Disraelis Roman "Tancred oder Der neue Kreuzzug" von Ingrid Rein neu und erstmals vollständig übersetzt. 1847 als dritter Teil der "Coningsby Trilogie" entstanden, erzählt das Buch von Tancred, der als englischer Adelsspross auf die gesellschaftlichen Pflichten pfeift und nach Jerusalem pilgert, wo er am Berg Sinai die ewigen Prinzipien für eine moderne Lebensführung und Gesetzgebung zu finden hofft. Im Heiligen Land angekommen verwirbelt sich der Roman, so der Rezensent, in einem "Brio abenteuerlich-romantischer Episoden". Ein Engel verkündet dem Helden, dass die Gleichheit unter den Menschen nur durch Gottes Führung gelingen könne. Will meinen: die Rückkehr zu den reinen Quellen mosaischer Gesetzgebung tut Not. Dies hält Seibt - anders als der von ihm angeführte "Judenhasser" Carl Schmitt - nicht für eine "jüdische Agenda des liberalen Zeitalters", wohl aber für ein Zeugnis jüdischen Selbstbewusstseins. Nicht offensiv, eher verteidigend und anklagend laute die Botschaft des Buchs: "Ihr Christen verfolgt und verachtet jenes Volk, von dem doch der Kern eurer Gesetze und Zivilisation bis heute stammt." Der kulturkritische Tenor schlage sich ferner darin nieder, dass England und Europa als "barbarische Gefilde" erscheinen, deren einziger Wert das Geld sei. Die romantische Hochschätzung des Orients sei aber kein Ausdruck von "camoufliertem Kolonialismus", sondern entspringe dem Traum von einer Gotteslandschaft, in der sich Juden, Christen und Muslime mit dem Satz "Es gibt nur einen Gott" begrüßten, resümiert Gustav Seibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2004Schulden! Intrigen!
Kreditwesen: Benjamin Disraelis "Tancred" in neuer Übersetzung
Benjamin Disraelis Welt war die eines schamlosen Glaubens an eigene Erfindungen. Von Ehrgeiz verzehrt, stürzte er sich früh in die Londoner City, spekulierte, gründete eine Zeitung, die Börsen-Desinformationen verbreiten sollte, trat als Salonlöwe auf, schrieb anonyme Schmähschriften und fallierte mit südamerikanischen Bergbauwerten. Mit zwanzig war er pleite. "Was wäre ich ohne meine Schulden?", so läßt er 1847 in "Tancred" sein orientalisches Alter ego, den syrischen Emir Fakredin ausrufen, "Jugend und Schulden sind für das Handeln die beiden größten Stimulantien".
Um seiner schlimmsten Außenstände Herr zu werden, begann Disraeli, der keinen Beruf erlernt hatte, einen Roman nach dem anderen zu schreiben, von "Vivian Grey" bis "Henrietta Temple"; Silbergabelromane, wie manche sie nannten, weil darin die gute Gesellschaft mit viel Interesse an Speisefolgen, Verwandtschaftsverhältnissen und Klatsch geschildert wurde. Disraeli schreckte dabei bis zur unfreiwilligen Komik vor keiner Angeberei zurück: "Ihre Ladyship war inzwischen passata, obwohl unter Zuhilfenahme von Kaschmirschals, Diamanten und Turbanen ihr tout ensemble noch immer sehr beeindruckte." Außer durch windige Geschäfte und als Kolportageschleuder machte er auch noch durch hellblaue Hosen und schwarze Strümpfe mit roten Streifen und schließlich durch Affären mit verheirateten Frauen von sich reden, bevor er dann in die Politik ging.
London war in den Jahren nach Waterloo von neureichen Aufschneidern bevölkert, die gerne etwas dürftig Verschlüsseltes über die Aristokratie lasen. Das erste Kapitel des "Tancred", der jetzt pünktlich zum zweihundertsten Geburtstags Disraelis auf deutsch herausgekommen ist, handelt seitenlang von einem Londoner Viertel, das ein Koch aufsucht, der einen Tischdekorateur benötigt, um dann im Roman nur noch einmal vorzukommen, nämlich fünfzig Seiten später völlig verzweifelt, weil der Herzog von Bellamont seine Schnitzel aus Karpfenmilch nicht eines Wortes gewürdigt hat. "Was weiß denn Ben von den Herzögen?" soll Isaac D'Israeli, sein Vater, trocken gefragt haben.
Zunächst wußte er nur, was auch die politische Karriere Disraelis prägte, die ihn 1837 zum Abgeordneten, 1851 zum Schatzkanzler und siebzehn Jahre später zum Premierminister Großbritanniens machte: daß die Zeit der Adelsherrschaft ablief, was die Gesellschaft zu einer strukturellen Heuchelei zwang. Denn noch schwärmte man die aristokratische Welt an, und Disraeli tut es in "Tancred" von der ersten bis zur letzten Zeile. Heldentum, Rasse, Schönheit, Religion, Reichtum - in all dem beschwor er das Außerordentliche als historische Kraft.
Tancred selbst, ein junger Lord, der im Heiligen Land nach neuerlicher Offenbarung sucht, ist eine Art abstinenter Byron. Aber dem Haß auf alles Mittelmäßige, den Disraeli einmal als seinen Lebensimpuls bekannte, mischte sich das Bewußtsein bei, daß die romantische Welt nicht einfach nur entdeckt werden kann, sondern hergestellt werden muß. "Ohne Anleihe zählen Fürsten heute nichts mehr." Die gesellschaftliche Hierarchie besteht also noch, ihre Stufen werden aber vor allem als Mittel betrachtet, den rücksichtslos Entschlossenen nach oben zu bringen.
Disraeli hat die entsprechende Verlogenheit stets von beiden Seiten her bewirtschaftet. Tancred Lord Montacute, den seine Eltern für einen Sitz im Unterhaus vorgesehen haben, lehnt mit dem Befund ab, die Stützen der Gesellschaft trügen gar nichts, sondern seien nur Überreste eines einstigen Bauwerks. Darum verläßt er die im ersten Drittel des Romans mit schmeichelnder Boshaftigkeit geschilderte Welt der adligen Partys, um, selbstverständlich nicht ohne eine unbegrenzte Kreditlinie, nach Jerusalem zu reisen. "Was wollt ihr konservieren?" hatte Disraeli schon in "Coningsby", dem ersten Teil der Romantrilogie, deren dritter "Tancred" ist, die Konservativen unter Premier Peel gefragt und höhnisch geantwortet: "Alles Bestehende, solange es eine Redensart und keine Tatsache ist."
Tancred sucht nach Tatsachen, die Prinzipien begründen können, und findet sie im Nahen Osten, der einzigen Region, die Gott selbst besucht habe. Durch Tourismus zur Erleuchtung - neben den landschaftlichen und weiblichen Schönheiten des Orients sind es die Begegnungen mit den islamischen, christlichen, vor allem aber jüdischen Eliten dort, die den an Großbritannien irre gewordenen Lord berühren. In zahlreichen Religionsgesprächen entfaltet der früh zur anglikanischen Kirche konvertierte Disraeli seine Vorstellung von der spirituellen, in reinem Blut und heiligem Boden begründeten Vorrangstellung des Judentums sowie - "Araber sind Juden zu Pferde" - der semitischen Völker überhaupt. Meine Herkunft, sollte das heißen, kann sich vor eurer sehen lassen.
Auf der anderen Seite dieses grandiosen Kitsches steht als Gegenbild zur Fabrikantenwelt und zum Utilitarismus jener nervöse, junge syrische Emir. Er liebte nicht nur die Schulden, sondern gerade so wie Disraeli auch die Politik: "Intrigen! Das ganze Leben ist eine Intrige! Intrigen sind das einzig Wahre!" Disraeli mußte es wissen. So aufrichtig er an seine eigenen Phantasien glaubte, so sehr lebte er im Element von Verschwörungen. Was er denn von platonischer Liebe halte, wurde Lord Lyndhurst, der Förderer Disraelis, einmal gefragt. "Hinterher, aber nicht vorher", war die Antwort. So verhielt sich Disraeli zum konkreten Glauben, zur Tradition und zur Romantik. Es waren für ihn nur nachträgliche, dem Erfolgswillen untergeordnete Ideen. Daß er als Politiker mehr reüssierte denn als Schriftsteller, unterstreicht in diesem Sinne, worin seine eigentliche Einbildungskraft bestand.
Ein Buch wie "Tancred" - und viel mehr noch seine anderen - liest man aufgrund der politischen Räsonnements mit Interesse, aber nicht mit Begeisterung, denn dazu ist alles, was geschieht, zu absehbar - und das, wo es doch gerade voller Offenbarungen sein soll. Wirklichen und dann auch großen Gewinn verspricht erst eine Lektüre, die eine Biographie Disraelis mit heranzieht, am besten die auf deutsch vorliegende von Lord Robert Blake.
JÜRGEN KAUBE
Benjamin Disraeli: "Tancred oder Der neue Kreuzzug". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Ingrid Rein. Manesse Verlag, Zürich 2004. 901 S., geb., 26,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kreditwesen: Benjamin Disraelis "Tancred" in neuer Übersetzung
Benjamin Disraelis Welt war die eines schamlosen Glaubens an eigene Erfindungen. Von Ehrgeiz verzehrt, stürzte er sich früh in die Londoner City, spekulierte, gründete eine Zeitung, die Börsen-Desinformationen verbreiten sollte, trat als Salonlöwe auf, schrieb anonyme Schmähschriften und fallierte mit südamerikanischen Bergbauwerten. Mit zwanzig war er pleite. "Was wäre ich ohne meine Schulden?", so läßt er 1847 in "Tancred" sein orientalisches Alter ego, den syrischen Emir Fakredin ausrufen, "Jugend und Schulden sind für das Handeln die beiden größten Stimulantien".
Um seiner schlimmsten Außenstände Herr zu werden, begann Disraeli, der keinen Beruf erlernt hatte, einen Roman nach dem anderen zu schreiben, von "Vivian Grey" bis "Henrietta Temple"; Silbergabelromane, wie manche sie nannten, weil darin die gute Gesellschaft mit viel Interesse an Speisefolgen, Verwandtschaftsverhältnissen und Klatsch geschildert wurde. Disraeli schreckte dabei bis zur unfreiwilligen Komik vor keiner Angeberei zurück: "Ihre Ladyship war inzwischen passata, obwohl unter Zuhilfenahme von Kaschmirschals, Diamanten und Turbanen ihr tout ensemble noch immer sehr beeindruckte." Außer durch windige Geschäfte und als Kolportageschleuder machte er auch noch durch hellblaue Hosen und schwarze Strümpfe mit roten Streifen und schließlich durch Affären mit verheirateten Frauen von sich reden, bevor er dann in die Politik ging.
London war in den Jahren nach Waterloo von neureichen Aufschneidern bevölkert, die gerne etwas dürftig Verschlüsseltes über die Aristokratie lasen. Das erste Kapitel des "Tancred", der jetzt pünktlich zum zweihundertsten Geburtstags Disraelis auf deutsch herausgekommen ist, handelt seitenlang von einem Londoner Viertel, das ein Koch aufsucht, der einen Tischdekorateur benötigt, um dann im Roman nur noch einmal vorzukommen, nämlich fünfzig Seiten später völlig verzweifelt, weil der Herzog von Bellamont seine Schnitzel aus Karpfenmilch nicht eines Wortes gewürdigt hat. "Was weiß denn Ben von den Herzögen?" soll Isaac D'Israeli, sein Vater, trocken gefragt haben.
Zunächst wußte er nur, was auch die politische Karriere Disraelis prägte, die ihn 1837 zum Abgeordneten, 1851 zum Schatzkanzler und siebzehn Jahre später zum Premierminister Großbritanniens machte: daß die Zeit der Adelsherrschaft ablief, was die Gesellschaft zu einer strukturellen Heuchelei zwang. Denn noch schwärmte man die aristokratische Welt an, und Disraeli tut es in "Tancred" von der ersten bis zur letzten Zeile. Heldentum, Rasse, Schönheit, Religion, Reichtum - in all dem beschwor er das Außerordentliche als historische Kraft.
Tancred selbst, ein junger Lord, der im Heiligen Land nach neuerlicher Offenbarung sucht, ist eine Art abstinenter Byron. Aber dem Haß auf alles Mittelmäßige, den Disraeli einmal als seinen Lebensimpuls bekannte, mischte sich das Bewußtsein bei, daß die romantische Welt nicht einfach nur entdeckt werden kann, sondern hergestellt werden muß. "Ohne Anleihe zählen Fürsten heute nichts mehr." Die gesellschaftliche Hierarchie besteht also noch, ihre Stufen werden aber vor allem als Mittel betrachtet, den rücksichtslos Entschlossenen nach oben zu bringen.
Disraeli hat die entsprechende Verlogenheit stets von beiden Seiten her bewirtschaftet. Tancred Lord Montacute, den seine Eltern für einen Sitz im Unterhaus vorgesehen haben, lehnt mit dem Befund ab, die Stützen der Gesellschaft trügen gar nichts, sondern seien nur Überreste eines einstigen Bauwerks. Darum verläßt er die im ersten Drittel des Romans mit schmeichelnder Boshaftigkeit geschilderte Welt der adligen Partys, um, selbstverständlich nicht ohne eine unbegrenzte Kreditlinie, nach Jerusalem zu reisen. "Was wollt ihr konservieren?" hatte Disraeli schon in "Coningsby", dem ersten Teil der Romantrilogie, deren dritter "Tancred" ist, die Konservativen unter Premier Peel gefragt und höhnisch geantwortet: "Alles Bestehende, solange es eine Redensart und keine Tatsache ist."
Tancred sucht nach Tatsachen, die Prinzipien begründen können, und findet sie im Nahen Osten, der einzigen Region, die Gott selbst besucht habe. Durch Tourismus zur Erleuchtung - neben den landschaftlichen und weiblichen Schönheiten des Orients sind es die Begegnungen mit den islamischen, christlichen, vor allem aber jüdischen Eliten dort, die den an Großbritannien irre gewordenen Lord berühren. In zahlreichen Religionsgesprächen entfaltet der früh zur anglikanischen Kirche konvertierte Disraeli seine Vorstellung von der spirituellen, in reinem Blut und heiligem Boden begründeten Vorrangstellung des Judentums sowie - "Araber sind Juden zu Pferde" - der semitischen Völker überhaupt. Meine Herkunft, sollte das heißen, kann sich vor eurer sehen lassen.
Auf der anderen Seite dieses grandiosen Kitsches steht als Gegenbild zur Fabrikantenwelt und zum Utilitarismus jener nervöse, junge syrische Emir. Er liebte nicht nur die Schulden, sondern gerade so wie Disraeli auch die Politik: "Intrigen! Das ganze Leben ist eine Intrige! Intrigen sind das einzig Wahre!" Disraeli mußte es wissen. So aufrichtig er an seine eigenen Phantasien glaubte, so sehr lebte er im Element von Verschwörungen. Was er denn von platonischer Liebe halte, wurde Lord Lyndhurst, der Förderer Disraelis, einmal gefragt. "Hinterher, aber nicht vorher", war die Antwort. So verhielt sich Disraeli zum konkreten Glauben, zur Tradition und zur Romantik. Es waren für ihn nur nachträgliche, dem Erfolgswillen untergeordnete Ideen. Daß er als Politiker mehr reüssierte denn als Schriftsteller, unterstreicht in diesem Sinne, worin seine eigentliche Einbildungskraft bestand.
Ein Buch wie "Tancred" - und viel mehr noch seine anderen - liest man aufgrund der politischen Räsonnements mit Interesse, aber nicht mit Begeisterung, denn dazu ist alles, was geschieht, zu absehbar - und das, wo es doch gerade voller Offenbarungen sein soll. Wirklichen und dann auch großen Gewinn verspricht erst eine Lektüre, die eine Biographie Disraelis mit heranzieht, am besten die auf deutsch vorliegende von Lord Robert Blake.
JÜRGEN KAUBE
Benjamin Disraeli: "Tancred oder Der neue Kreuzzug". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Ingrid Rein. Manesse Verlag, Zürich 2004. 901 S., geb., 26,90 [Euro].
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