Im Brennpunkt der vorliegenden Anthologie steht die marokkanische Stadt Tanger in den Literaturen des 20. Jahrhunderts. Während es in den spanischen, französischen, englischen und arabischen Sprachräumen längst Anthologien zu der weltliterarisch relevanten Stadt an der Meerenge von Gibraltar gibt, fehlte im deutschen Sprachraum bislang eine solche Textsammlung. Diese Lücke schliesst das TANGER TELEGRAMM.
Florian Vetsch und Boris Kerenski nehmen Sie mit auf eine faszinierende Reise in eine Stadt, deren Name allein schon pure Poesie ist: TANGER. Es ist die erste deutschprachige relevante Textsammlung durch die Literaturen des 20. Jahrhunderts, beginnend mit einem Text von Hans Christian Andersens aus dem 19. Jahrhundert, mit der Erinnerung an eine weisse Stadt, umgeben von grünen Hügeln, der man sich von Europa aus nur auf dem Seeweg nähern konnte - an ein Tanger, das es so nicht mehr gibt.
In drei Abteilungen erschliessen sich der Leserin, dem Leser tangerine Themen wie Drogen, Gewalt, Sexualität, Trancemusik, Interkulturalität. Doch rücken immer wieder die Stadt selbst und die strengen oder libertinären Sitten ihrer vielfältigen Bewohnerinnen und Bewohner ins Zentrum. Die US-amerikanische und die deutsche Beat Generation, Jean Genet in Marokko, der Innovator und Inspirator Brion Gysin, Jane Bowles' Erzählung "Alles ist schön" oder der Tod von Paul Bowles am 18. November 1999 sind weitere Themen, denen verschiedene Texte in dieser faszinierenden Anthologie gewidmet sind.
Die Texte bereichert bislang unpubliziertes Bildmaterial, darunter Fotos von Udo Breger, Ira Cohen, Helmut Federle, Roberto de Hollanda, Cherie Nutting, Vittorio Santoro und anderen mehr.
Florian Vetsch und Boris Kerenski nehmen Sie mit auf eine faszinierende Reise in eine Stadt, deren Name allein schon pure Poesie ist: TANGER. Es ist die erste deutschprachige relevante Textsammlung durch die Literaturen des 20. Jahrhunderts, beginnend mit einem Text von Hans Christian Andersens aus dem 19. Jahrhundert, mit der Erinnerung an eine weisse Stadt, umgeben von grünen Hügeln, der man sich von Europa aus nur auf dem Seeweg nähern konnte - an ein Tanger, das es so nicht mehr gibt.
In drei Abteilungen erschliessen sich der Leserin, dem Leser tangerine Themen wie Drogen, Gewalt, Sexualität, Trancemusik, Interkulturalität. Doch rücken immer wieder die Stadt selbst und die strengen oder libertinären Sitten ihrer vielfältigen Bewohnerinnen und Bewohner ins Zentrum. Die US-amerikanische und die deutsche Beat Generation, Jean Genet in Marokko, der Innovator und Inspirator Brion Gysin, Jane Bowles' Erzählung "Alles ist schön" oder der Tod von Paul Bowles am 18. November 1999 sind weitere Themen, denen verschiedene Texte in dieser faszinierenden Anthologie gewidmet sind.
Die Texte bereichert bislang unpubliziertes Bildmaterial, darunter Fotos von Udo Breger, Ira Cohen, Helmut Federle, Roberto de Hollanda, Cherie Nutting, Vittorio Santoro und anderen mehr.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2005Wo du tun kannst, was du willst
Der Gott Antaios hat sie gegründet, Herkules an dieser Stelle die Erde gespalten: Tanger. Zahlreiche Legenden ranken sich um die marokkanische Stadt, die als das Tor zu Afrika gilt. Die von Florian Vetsch und Boris Kerenski herausgegebene Anthologie „tanger telegramm” (Reise durch die Literaturen einer legendären marokkanischen Stadt. Hg. von Florian Vetsch und Boris Kerenski. Bilgerverlag, Zürich 2004. 352 S., 31 Euro) vereint Texte von Literaten, die sich von den Mythen um die geheimnisvolle Stadt inspirieren ließen. Die faszinierenden Geschichten von Autoren wie Hans Christian Andersen, Paul Bowles und Mohamed Alouta werden durch zum Teil unveröffentlichte Zeichnungen, Fotografien und Collagen eindrucksvoll illustriert.
„Ist man jemand, der ganz einfach flieht, so sollte man unter allen Umständen hierher kommen.” So beschreibt Truman Capote die Anziehungskraft Tangers. Tatsächlich ist die Stadt seit ihrer ersten geschichtlichen Erwähnung im 4. Jahrhundert vor Christus ein Sammelbecken für Ausgegrenzte, Unangepasste und Verfolgte. Der rebellische Heerführer Tariq Ibn Zijad startete 711 nach Christus von Tanger aus seinen Feldzug nach Spanien. Für die Stadt begann damit eine Zeit des kulturellen Austausches zwischen der christlichen und islamischen Welt, der bis heute andauert.
Zwischen 1923 und 1956 war die Stadt internationale Zone unter der Verwaltung von acht Staaten. Während dieser Zeit blühte der Alkohol- und Rauschgifthandel und Tanger erwarb sich einen zwielichtigen und anarchischen Ruf. In der Stadt versammelten sich Extreme aller Art. Huren tranken Kaffee mit Rabbis, Polizisten stießen mit Schmugglern an, Islamisten tanzten mit Christen. Diese Ambivalenz zog vor allem Surrealisten und Existenzialisten an. Der Schriftsteller Klaus Maeck schrieb, Tanger sei wie „Bunuel in Disneyland” und einer der wenigen Orte, „an denen du genau das tun kannst, was du willst.”
Die Bilder von Cherie Nutting und Daniel Schmidt vermitteln einen Eindruck von der einmaligen Architektur Tangers. Vom Grand Socco winden sich steile Gassen zwischen weißen Mauern wie in einem Labyrinth ineinander, um oft abrupt zu enden oder in noch engere Gässchen zu führen. Jane Bowles schrieb: „Die Häuser zu beiden Seiten waren so nah, dass sie die Feuchtigkeit der Wände riechen konnte und sie auf ihren Wangen spürte wie verdickte Luft.” „tanger telegramm” sind kurze Botschaften von einem Ort, an dem Verschiedenheit nicht geduldet, sondern zelebriert wird. Oder wie Jörg Fauser meint: „Ich kann ohne Tanger nicht leben. Wenn wir in Tanger wären, könnte ich sogar mit Dir sterben.”
JÜRGEN SCHMIEDER
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Der Gott Antaios hat sie gegründet, Herkules an dieser Stelle die Erde gespalten: Tanger. Zahlreiche Legenden ranken sich um die marokkanische Stadt, die als das Tor zu Afrika gilt. Die von Florian Vetsch und Boris Kerenski herausgegebene Anthologie „tanger telegramm” (Reise durch die Literaturen einer legendären marokkanischen Stadt. Hg. von Florian Vetsch und Boris Kerenski. Bilgerverlag, Zürich 2004. 352 S., 31 Euro) vereint Texte von Literaten, die sich von den Mythen um die geheimnisvolle Stadt inspirieren ließen. Die faszinierenden Geschichten von Autoren wie Hans Christian Andersen, Paul Bowles und Mohamed Alouta werden durch zum Teil unveröffentlichte Zeichnungen, Fotografien und Collagen eindrucksvoll illustriert.
„Ist man jemand, der ganz einfach flieht, so sollte man unter allen Umständen hierher kommen.” So beschreibt Truman Capote die Anziehungskraft Tangers. Tatsächlich ist die Stadt seit ihrer ersten geschichtlichen Erwähnung im 4. Jahrhundert vor Christus ein Sammelbecken für Ausgegrenzte, Unangepasste und Verfolgte. Der rebellische Heerführer Tariq Ibn Zijad startete 711 nach Christus von Tanger aus seinen Feldzug nach Spanien. Für die Stadt begann damit eine Zeit des kulturellen Austausches zwischen der christlichen und islamischen Welt, der bis heute andauert.
Zwischen 1923 und 1956 war die Stadt internationale Zone unter der Verwaltung von acht Staaten. Während dieser Zeit blühte der Alkohol- und Rauschgifthandel und Tanger erwarb sich einen zwielichtigen und anarchischen Ruf. In der Stadt versammelten sich Extreme aller Art. Huren tranken Kaffee mit Rabbis, Polizisten stießen mit Schmugglern an, Islamisten tanzten mit Christen. Diese Ambivalenz zog vor allem Surrealisten und Existenzialisten an. Der Schriftsteller Klaus Maeck schrieb, Tanger sei wie „Bunuel in Disneyland” und einer der wenigen Orte, „an denen du genau das tun kannst, was du willst.”
Die Bilder von Cherie Nutting und Daniel Schmidt vermitteln einen Eindruck von der einmaligen Architektur Tangers. Vom Grand Socco winden sich steile Gassen zwischen weißen Mauern wie in einem Labyrinth ineinander, um oft abrupt zu enden oder in noch engere Gässchen zu führen. Jane Bowles schrieb: „Die Häuser zu beiden Seiten waren so nah, dass sie die Feuchtigkeit der Wände riechen konnte und sie auf ihren Wangen spürte wie verdickte Luft.” „tanger telegramm” sind kurze Botschaften von einem Ort, an dem Verschiedenheit nicht geduldet, sondern zelebriert wird. Oder wie Jörg Fauser meint: „Ich kann ohne Tanger nicht leben. Wenn wir in Tanger wären, könnte ich sogar mit Dir sterben.”
JÜRGEN SCHMIEDER
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ein Lesebuch, wie man es sich wünscht: voll lebenspraller Geschichten, vielseitig, schön aufgemacht, die einzelnen Beiträge gut eingebettet in einen editorischen Rahmen. Beat Stauffer findet nichts auszusetzen am "Tanger Telegramm", das den Mythos des Stadt ausbreitet, ohne Klischees zu produzieren; die Abenteurer und Literaten, die Exzentriker und die Gescheiterten, sie werden lebendig in den Texten bekannter und unbekannter Autoren (mit einem Schwerpunkt auf deutschsprachigen Texten). Viele davon sind hier erstmals veröffentlicht, also werden auch Tanger-Kenner noch fündig. Dazu gibt es, lobt Stauffer, "zahlreiche Collagen, alte Fotografien, Skizzen und Kalligraphien" sowie "im Anhang ein Glossar und ein Verzeichnis ausgewählter Literatur". Alles vorbildlich!
© Perlentaucher Medien GmbH
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