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Es ist die Musik, die Ramón Díaz für immer mit seiner Ankunft in Buenos Aires in Verbindung bringen wird. Musik aus einem Instrument namens Bandoneon, die von schwarzen Rhythmen pulsiert und gleichzeitig an die Orgeln der spanischen Kirchen erinnert. Als 1880 der fünfjährige Junge mit seinem Vater nach Argentinien kommt, sind sie nur zwei von mehr als einer Million Einwanderer aus Europa, die dort eine neue Heimat finden. Es ist die Zeit, in der Glücksspiel und Prostitution zu Reichtum verhelfen und der Tango aus den Bordellen und Bars heraus seinen Siegeszug um die Welt antritt. In dieser…mehr

Produktbeschreibung
Es ist die Musik, die Ramón Díaz für immer mit seiner Ankunft in Buenos Aires in Verbindung bringen wird. Musik aus einem Instrument namens Bandoneon, die von schwarzen Rhythmen pulsiert und gleichzeitig an die Orgeln der spanischen Kirchen erinnert. Als 1880 der fünfjährige Junge mit seinem Vater nach Argentinien kommt, sind sie nur zwei von mehr als einer Million Einwanderer aus Europa, die dort eine neue Heimat finden. Es ist die Zeit, in der Glücksspiel und Prostitution zu Reichtum verhelfen und der Tango aus den Bordellen und Bars heraus seinen Siegeszug um die Welt antritt. In dieser einzigartigen Umgebung erwartet Vater und Sohn ein aufsehenerregendes Schicksal, das die Familie Díaz zu einer der einflußreichsten des Landes werden läßt.
Autorenporträt
Horacio Vázquez-Rial, geboren 1947 in Buenos Aires, studierte Geschichte und Geographie und lebt seit vielen Jahren in Barcelona. Heute zählt er zu den wichtigsten südamerikanischen Gegenwartsautoren. Neben vielen preisgekrönten Romanen veröffentlichte er mehrere Sachbücher, unter anderem eine hochgelobte Biographie Peróns.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2006

Politiker und andere Pistoleros
Grenzerfahrungen: Horacio Vázquez-Rial erzählt aus Buenos-Aires

Der 1947 in Buenos Aires geborene Schriftsteller Horacio Vázquez-Rial hat die weitaus meisten Jahre seines Lebens in Spanien verbracht. Er studierte an der Universität von Barcelona; in Barcelona und in Madrid erscheinen zuerst seine Romane, und in spanischen Zeitungen veröffentlicht er regelmäßig seine Artikel. Doch die bekanntesten Romane von Vázquez-Rial haben alle Argentinien zum Schauplatz oder handeln von bekannten Argentiniern. Sein gerade erschienenes, bisher letztes Buch ist eine Biographie des Generals und Staatspräsidenten Juan Domingo Perón. "Tal vez la historia" (Vielleicht die Geschichte) ist der Titel des Buches, das auch von der Nachwirkung Peróns, von der Erinnerung an den bedeutenden Politiker handelt. "Die Erinnerung", sagt Vázquez-Rial, "ist etwas Lebendiges, wird diskutiert, ist ein Teil der Politik. Die Geschichte hingegen nicht. Perón ist weiterhin in der Erinnerung, der General Franco nicht. Der ist in der Geschichte. Franco führte sein Werk zu Ende. Perón, der in seinen letzten Lebensjahren wie ein Toter in der Erinnerung der Argentinier war, konnte sein Werk nicht vollenden."

Perón hat Argentinien so stark geprägt, daß die Erbschaft des Generals, der unvollendete Peronismus in seinen verschiedenen Varianten, immer noch die stärkste und bestimmende politische Kraft des großen südamerikanischen Landes ist. Kein Wunder also, daß die Schriftsteller Argentiniens nicht an der Figur Peróns vorbeigehen können. Auch Tomás Eloy Martínez, der vielleicht scharfsinnigste und einfallsreichste unter den zeitgenössischen argentinischen Autoren, hat Perón zum Protagonisten eines seiner besten Romane gemacht: "Der General findet keine Ruhe" (deutsch 1999). Vor Perón hatte Vázquez-Rial einen anderen weltbekannten und zum Mythos gewordenen Argentinier zum Protagonisten eines Romans gemacht: den Tangosänger Carlos Gardel. "Der Mann, der sich Carlos Gardel nannte" soll in den nächsten Monaten auch schon auf deutsch veröffentlicht werden.

Carlos Gardel erscheint am Rande in dem vielleicht anspruchsvollsten Werk von Vázquez-Rial. Obwohl der deutsche Titel "Tango, der dein Herz verbrennt" lautet, spielt der Tango nur eine nebensächliche Rolle in dem Buch. Das spanische Original heißt sachlich "Frontera Sur" (Südgrenze). Um eine neue Grenze im Süden geht es für die meisten Personen des Romans, Einwanderer aus Europa, welche eine neue Heimat an dieser Südgrenze am Río de la Plata finden. Anhand des Schicksals der vorwiegend aus Spanien, zum Teil aber auch aus Mitteleuropa kommenden Zuwanderer versucht Vázquez-Rial die Entstehungsgeschichte des modernen Buenos Aires zu rekonstruieren.

Der Roman beginnt im Jahre 1880, als seine beiden aus Galicien stammenden Hauptfiguren, der Vater und der Sohn Díaz, über Montevideo nach Buenos Aires kommen. In Montevideo lernen sie den deutschen Sozialisten Hermann Frisch kennen, der Bandoneon, das wichtigste Instrument für die Tango-Musik, spielt und der später in Buenos Aires zum besten Freund von Roque und Ramón Díaz wird. Der Roman zeigt ein Panorama verschiedener Lebensformen in der neuen argentinischen Hauptstadt, auch die vielen, oft illegalen Geschäfte der kleinen Leute und der häufig korrupten großen Politik. Ein beachtlicher Teil des geschäftlichen wie auch des gesellschaftlichen und politischen Lebens spielt sich in den "Quilombos", in den Bordellen der Stadt ab. Mädchenhandel und Zuhälterei sind für nicht wenige Einwanderer leicht zugängliche Geschäfte, den Kampf gegen die Banden der Zuhälter und Pistoleros empfinden zahlreiche der zum Mittelstand aufgestiegenen Einwanderer und auch ehemalige Huren als eine ethische Verpflichtung. Aus Mittel- und Osteuropa gekommene Juden bekämpfen, um ihren Ruf besorgt, die Mädchenhändler und Mitglieder der übrigen Verbrecherbanden in ihren eigenen Reihen. Für die Politiker ist die Freundschaft mit den Bordellchefinnen wichtig. Es ist die Zeit, als der Tango aus den dunklen Bars am Río de la Plata und den eleganten Hurenlokalen seinen Weg in die feine Gesellschaft und schließlich in die Welt außerhalb Argentiniens antritt.

"Tango, der dein Herz verbrennt", zeigt das breite Panorama einer vielschichtigen Gesellschaft in einer ständig bewegten Stadt, in der sich noch kein gesellschaftlicher, auch kein moralischer Verhaltenskodex herausgebildet hat. Es ist durchaus üblich, daß angesehene Politiker mit Pistoleros zusammenarbeiten oder ehrenwerte Bürger, wie Roque Díaz oder Hermann Frisch, Frauen aus der Halbwelt der Tango-Bars und der "Quilombos" heiraten. Die Schauplätze der Handlung wechseln ständig; in den kurzen, insgesamt neunzig Kapiteln erscheinen zahlreiche Personen. Es ist ein nicht zu bestreitendes Verdienst des Autors, wenn das vielschichtige Geschehen den Leser nicht verwirrt. In seiner Struktur erinnert der Roman von Vázquez-Rial an "La Colmena" (Der Bienenstock), in dem der spätere Nobelpreisträger Camilo José Cela das Leben in dem elenden und verarmten Madrid der Nachbürgerkriegsjahre darstellte. Alle Kapitel werden eingeleitet mit Zitaten argentinischer, aber auch spanischer Autoren, womit Vázquez-Rial seine große Belesenheit beweist.

Den Übersetzern Petra Zickmann und Manel Pérez Espejo ist es gelungen, das Lokalkolorit des Buches gut ins Deutsche zu übertragen, ohne die Lesbarkeit zu gefährden. Leider mußten sie, wohl auf Wunsch des Verlags, den Roman aus einer Sprache übertragen, die gar nicht existiert: dem "argentinischen Spanisch", wie es auf der Aufschlagseite steht. Die spanische Sprache hat glücklicherweise auf beiden Seiten des Atlantiks eine große Einheit bewahrt. Argentinische, mexikanische oder kolumbianische Schriftsteller schreiben ihre Bücher auf Spanisch und nicht in irgendeiner nationalen Variante. Deutsche Verleger wollen, wenn möglich, schon auf der ersten Seite angeben, aus welchem der zwanzig spanischsprachigen Länder der Autor stammt. Sie sollten dafür aber nicht eine neue Sprache erfinden, sondern könnten, wie es ihre französischen Kollegen tun, das Herkunftsland in Klammern hinzufügen, also: "aus dem Spanischen (Argentinien) übersetzt". Das würde auch der Deutschen Bibliothek und anderen Katalogen reichen. Schwieriger ist es bei Autoren, die in verschiedenen spanischsprachigen Ländern gelebt, geschrieben und veröffentlicht haben, wie der geborene Paraguayer Roa Bastos, der die meisten Jahre seines Lebens im Exil in Argentinien und in Spanien verbringen mußte und dort auch seine Bücher publizierte. Bei Mario Vargas Llosa, spanischer Herkunft, in Peru geboren, aufgewachsen dort und in Bolivien, ergab sich für den Suhrkamp Verlag kein derartiges Problem. Ihn übersetzt man schlicht "aus dem Spanischen".

WALTER HAUBRICH.

Horacio Vázquez-Rial: "Tango, der dein Herz verbrennt". Roman. Aus dem argentinischen Spanisch übersetzt von Petra Zickmann und Manel Pérez Espejo. Piper Verlag, München 2005. 635 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Weit mehr als "nur" um einen Tango-Roman handele es sich um einen fulminanten "Großstadtroman", rückt Rezensentin Kersten Knipp die Wahl des deutschen Titels ins rechte Licht. Horacio Vazquez-Rials Roman beginne mit dem Jahr 1880, als seine beiden Hauptfiguren, Vater und Sohn Diaz, von Galicien nach Buenos Aires ziehen. Von hier aus bis zum Jahr 1936 zeichne der Autor immer aus der Perspektive seiner Hauptfiguren ein Panorama der neuen argentinischen Hauptstadt von den Geschäften der kleinen Leute bis zur großen Politik. Mitgeschrieben würde so auch die Geschichte der etwa sechs Millionen europäischen Einwanderer in dieser Zeit, darunter viele jüdische. Stilistisch, so der Rezensent, sei der Roman zwar ein wenig altmodisch, aber Vazquez-Rial mache dies durch seine "enorme Bildung" mehr als wett. Diese zeige sich insbesondere an den klug ausgewählten Zitaten aus der argentinischen Literatur zu Beginn jedes Kapitels. Dies sei ein Roman, empfiehlt Knipp unverhohlen, der "nicht nur das Herz, sondern auch das Hirn berührt". Ein gleichermaßen hohes Lob des Rezensenten wird auch der deutschen Übertragung von Petra Zickmann und Manuel Perez Espejo zuteil.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Eine farbenprächtige Geschichte über die Vermischung der Völker, die Kunst des Überlebens und das abenteuerliche Land Argentinien Ende des neunzehnten Jahrhunderts.« (El País)