Von Breckerfeld nach Berlin! Der 17-jährige Biko kann sein Glück kaum fassen: Er ist tatsächlich an der berühmten Artistenschule angenommen worden! Ein alter Koffer im Fundus der Artistenschule versetzt ihn fast 100 Jahre zurück in eine bewegte Zeit Berlins - die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die Zeit der Novemberrevolution mit dem Mord an Rosa Luxemburg. Tatort Eden 1919 - ein wahrer Politkrimi beginnt. Doch auch das Berlin von heute ist aufregend genug: Als Sohn eines Afrikaners wird Biko für einen der zahlreichen Flüchtlinge gehalten, die in die Stadt kommen. Und plötzlich geht es um viel mehr als nur um seinen Traum, Artist zu werden ...
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.12.2018Schrankkoffer des Soldaten
Ein Krimi über den Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
Vielen Leserinnen und Lesern ergeht es bestimmt so, wie dem 17 Jahre alten Biko. Der ist soeben aus der sauerländischen Provinz in eine Berliner Artistenschule gekommen und hat mit Politik nicht viel am Hut. In der Schule findet er in der Requisitenkammer einen großen Schrankkoffer und plötzlich ist er mit der deutschen Vergangenheit konfrontiert. Der Koffer gehörte einst einem Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Und der Requisiteur erzählt von der Revolution. Bikos Reaktion: „Wann soll es denn hier eine Revolution gegeben haben?“
Und schon wird man entführt aus der Rahmenhandlung mit der Artistenschule in das Berlin von vor 100 Jahren. Maja Nielsen hat offenbar ein Faible dafür, ihren Lesern auf diese Weise die deutsche Geschichte nahezubringen, vor einiger Zeit hat sie in „Feldpost für Pauline“ die Zeit des Ersten Weltkriegs wiedererweckt, nun folgt mit „Tatort Eden 1919“ eine Art Krimi über das Ende des Kaiserreichs, die Entstehung der Demokratie und den Mord an den Sozialistenführern Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Januar 1919. Im damals berühmten Hotel Eden wurden diese Morde geplant und dort war eben jener Soldat mit dem Schrankkoffer Kellner. Dieser junge Mann, Pico genannt, bestreitet nun den Großteil des Romans, erzählt wird die Geschichte eines Soldaten, der genug hat vom Krieg und von Waffen, der aber plötzlich mittendrin ist in einer großen Verschwörung und wider Willen beteiligt ist an einem anderen Krieg; dem Krieg der regierenden Sozialdemokraten gegen die Sozialisten. Das macht den Reiz dieser Geschichte aus – und ist zugleich ihr Problem.
Alles, was damals geschah, wird bis auf die erfundenen Figuren teils sehr detailliert und anschaulich und sehr spannend geschildert. Aber leider auch sehr einseitig. Zwar werden am Ende des Buches die Ereignisse und bestimmte Themen in einem Glossar noch mal extra erklärt, jedoch sind die historischen Vorgänge ausschließlich aus der Sicht von Linksrevolutionären geschildert. Von einer winzigen Gruppe also, die nichts übrig hatte für die Demokratie. Dass aus deren Sicht die regierenden Sozialdemokraten lediglich „Verräter“ an der guten Sache waren, erscheint logisch und verständlich, zumal die Gegenrevolutionäre in Zusammenarbeit mit der SPD ja wirklich unliebsame Gegner und auch Unschuldige ermordeten. Dennoch wird hier vieles nicht erzählt, was zum Verständnis der Revolution eigentlich dazugehört.
Dass Nielsen auch noch die Rahmenhandlung während der Flüchtlingswelle 2015 spielen lässt und der dunkelhäutige Biko mit einem Asylbewerber verwechselt wird, macht die Lektüre nicht einfacher. Wer aber wie Biko noch nie von der Revolution 1918 gehört hat, der bekommt womöglich Lust, später mal ein Geschichtsbuch zu lesen. (ab 13 Jahre)
ROBERT PROBST
Maja Nielsen: Tatort Eden 1919. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018, 190 Seiten, 9,95 Euro .
Wer noch nie von der Revolution
1918 gehört hat, der bekommt
Lust ein Geschichtsbuch zu lesen
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Ein Krimi über den Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
Vielen Leserinnen und Lesern ergeht es bestimmt so, wie dem 17 Jahre alten Biko. Der ist soeben aus der sauerländischen Provinz in eine Berliner Artistenschule gekommen und hat mit Politik nicht viel am Hut. In der Schule findet er in der Requisitenkammer einen großen Schrankkoffer und plötzlich ist er mit der deutschen Vergangenheit konfrontiert. Der Koffer gehörte einst einem Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Und der Requisiteur erzählt von der Revolution. Bikos Reaktion: „Wann soll es denn hier eine Revolution gegeben haben?“
Und schon wird man entführt aus der Rahmenhandlung mit der Artistenschule in das Berlin von vor 100 Jahren. Maja Nielsen hat offenbar ein Faible dafür, ihren Lesern auf diese Weise die deutsche Geschichte nahezubringen, vor einiger Zeit hat sie in „Feldpost für Pauline“ die Zeit des Ersten Weltkriegs wiedererweckt, nun folgt mit „Tatort Eden 1919“ eine Art Krimi über das Ende des Kaiserreichs, die Entstehung der Demokratie und den Mord an den Sozialistenführern Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Januar 1919. Im damals berühmten Hotel Eden wurden diese Morde geplant und dort war eben jener Soldat mit dem Schrankkoffer Kellner. Dieser junge Mann, Pico genannt, bestreitet nun den Großteil des Romans, erzählt wird die Geschichte eines Soldaten, der genug hat vom Krieg und von Waffen, der aber plötzlich mittendrin ist in einer großen Verschwörung und wider Willen beteiligt ist an einem anderen Krieg; dem Krieg der regierenden Sozialdemokraten gegen die Sozialisten. Das macht den Reiz dieser Geschichte aus – und ist zugleich ihr Problem.
Alles, was damals geschah, wird bis auf die erfundenen Figuren teils sehr detailliert und anschaulich und sehr spannend geschildert. Aber leider auch sehr einseitig. Zwar werden am Ende des Buches die Ereignisse und bestimmte Themen in einem Glossar noch mal extra erklärt, jedoch sind die historischen Vorgänge ausschließlich aus der Sicht von Linksrevolutionären geschildert. Von einer winzigen Gruppe also, die nichts übrig hatte für die Demokratie. Dass aus deren Sicht die regierenden Sozialdemokraten lediglich „Verräter“ an der guten Sache waren, erscheint logisch und verständlich, zumal die Gegenrevolutionäre in Zusammenarbeit mit der SPD ja wirklich unliebsame Gegner und auch Unschuldige ermordeten. Dennoch wird hier vieles nicht erzählt, was zum Verständnis der Revolution eigentlich dazugehört.
Dass Nielsen auch noch die Rahmenhandlung während der Flüchtlingswelle 2015 spielen lässt und der dunkelhäutige Biko mit einem Asylbewerber verwechselt wird, macht die Lektüre nicht einfacher. Wer aber wie Biko noch nie von der Revolution 1918 gehört hat, der bekommt womöglich Lust, später mal ein Geschichtsbuch zu lesen. (ab 13 Jahre)
ROBERT PROBST
Maja Nielsen: Tatort Eden 1919. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018, 190 Seiten, 9,95 Euro .
Wer noch nie von der Revolution
1918 gehört hat, der bekommt
Lust ein Geschichtsbuch zu lesen
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Eigentlich schätzt Rezensent Robert Probst Maja Nielsens Jugendromane, die ihren jungen Lesern Geschichtliches näher bringen. Und auch Nielsens Krimi um den im Hotel Eden geplanten Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht findet der Kritiker durchaus reizvoll. Gebannt folgt er Nielsens detailreichen Schilderungen der Historie, erlebt das Ende des Kaiserreichs und die Entstehung der Demokratie - und muss doch feststellen, dass die aus der Sicht der Linksrevolutionäre geschilderten Ereignisse recht eindimensional erscheinen. Dass die Autorin ihre Rahmenhandlung in die Zeit der Flüchtlingswelle 2015 verlegt, macht es für den Rezensenten nicht besser.
© Perlentaucher Medien GmbH
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