Der Klappentext des Buches „Tausend kleine Schritte“ hat mich sehr angesprochen, geht es doch um ein heikles Thema – Grace Lisa Vandenburg hat eine Zwangsneurose. Sie muss einfach alles zählen. Gerade die ersten Seiten sind so lebensnah beschrieben, dass mir das Leben mit dieser Neurose zum einen
näher gebracht wird, mir zum anderen aber auch zeigt, wie schwer und anstrengend ein solches Leben ist…mehrDer Klappentext des Buches „Tausend kleine Schritte“ hat mich sehr angesprochen, geht es doch um ein heikles Thema – Grace Lisa Vandenburg hat eine Zwangsneurose. Sie muss einfach alles zählen. Gerade die ersten Seiten sind so lebensnah beschrieben, dass mir das Leben mit dieser Neurose zum einen näher gebracht wird, mir zum anderen aber auch zeigt, wie schwer und anstrengend ein solches Leben ist und wie sehr Grace in ihrem Zwang gefangen ist.
Einzelne Passagen sind wirklich sehr skurril und so ist auch mein erster Impuls, über das eine oder andere zu schmunzeln. Doch letztlich hat bei mir dann doch eher eine Traurigkeit überwogen, was diese Krankheit mit einem Menschen machen kann und wie sehr es das Leben bestimmt. Banale Dinge wie Autofahren sind nicht mehr möglich, Einkaufen wird zum Fluch und so mit Zählen beschäftigt kann Grace auch nicht mehr arbeiten gehen. Doch sie scheint sich mit der Krankheit arrangiert zu haben und fühlt sich weniger gefangen darin, als ich es als Leserin empfinde. Sie ist mir sympathisch, schafft die Autorin es doch, ihre Empfindungen und Gefühle geschickt zu vermitteln, doch ihr Handeln – auch außerhalb ihrer Neurose – kann ich nicht immer verstehen.
Ihr Leben ändert sich jedoch, als Seamus auftaucht und die beiden eine Beziehung eingehen. Zwar akzeptiert ihr neuer Freund ihre Krankheit, sieht aber auch die Grenzen und überredet sie zu einer Therapie.
Grace nimmt Medikamente, die ihren Körper und Geist auf eine ganz andere Art einnehmen und auch das schafft die Autorin wirklich gut und eindrücklich zu vermitteln. Schade finde ich jedoch, dass die Therapie so rüberkommt, als sei sie ein „Klacks“ und dass die anderen Gruppenteilnehmer, die vorwiegend unter einem Waschzwang leiden, ein bisschen wie „Psychos“ dargestellt werden.
Das Buch liest sich leicht und angenehm, der Schreibstil ist einfach gehalten und immer wieder schimmert Witz und Humor durch.
Gerade das hat mich beim Lesen aber auch gestört, denn ein Zwangsneurose ist meines Erachtens nicht einfach nur eine Macke, die man akzeptieren sollte und Ausdruck von Individualität darstellt, sondern eine – zumindest in dem hier beschriebenen Ausmaß – erstzunehmende und belastende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen einschränkt.
Mein Fazit
Das Buch gibt Einblick in das Leben einer Zwangsneurotikerin, die alles zählen muss und nicht davon lassen kann. Die Geschichte ist gut zu lesen und auch interessant, oft sind die erzählten Passagen witzig und laden zum Schmunzeln ein. Das ist aber auch mein Kritikpunkt, denn eine Zwangsneurose ist nicht einfach nur eine individuelle Macke, sondern eine ernstzunehmende, den Betroffenen meist einengende Erkrankung. Das kommt in diesem Buch leider ein bisschen zu kurz. Dennoch sind die Einblicke in Grace Alltag wirklich interessant und ihr Gefühle und Empfindungen unter Therapie glaubhaft, so dass ich dem Buch trotz meiner Kritik 3,5 Sterne gebe.