„Nur die Lüge ist wahr“ ist die Überschrift eines Zeitungsartikels in dieser Sammlung. Sie stellt sehr deutlich eine der Grundüberzeugungen der heutigen Menschen in der ältesten Kultur des Mittleren Ostens dar. Häufige Stichworte der Artikel Amir H. Cheheltans in deutschen Zeitungen sind daher: Himmel, Hölle, Wunder, Revolution, Tod und Scham, Dämonen, Zukunft, Glauben. Sie lassen eine ganz andere, aber wesentliche Begleitmusik zum offiziellen Kanon der Nachrichten über Atomstreit, Wirtschaftsembargo und politische Feindschaften aus dem „Land der Blumen und der Nachtigallen“ erklingen. Tagebuchartig blickt der Autor auf das Alltagsgeschehen in Iran – mal aus dem iranischen Blickwinkel, mal mit westlichen Augen. So entsteht Bericht um Bericht ein Bild des alltäglichen und politischen Lebens, der Stimmung der Menschen in einer ´islamischen modernen´ Gesellschaft und dessen, was die Politik mit ihnen macht. Mullahherrschaft, Sittenpolizei und Religion, ja, doch auch Kunst, Musik, Literatur und Theater existieren und haben ihre, eher privaten und oft unsicheren, Räume. „Teheran Kiosk“ ergänzt das Bild der Geschehnisse der bewegten letzten zwölf Jahre des Landes. Lücken der geschichtlichen Wahrnehmung werden aufgezeigt und mit Leben gefüllt, der Leser wird mit kritischen Betrachtungen auch gegenüber dem Westen konfrontiert. Ungewöhnlich ist die Verknüpfung scheinbar zusammenhangloser Nachrichten und welche überraschenden Erkenntnisse daraus entstehen. Wahrnehmung und Bewusstsein in Iran folgen einem anderen Code. Oft ist der verdeckte Hintersinn der wesentliche Teil des Gesagten. Dem nachzugehen hilft bei der Erweiterung unseres Verständnisses. Der Teheraner Autor nimmt kein Blatt vor den Mund - und bleibt doch vorsichtig, indem er Vermutungen und Zweifel gern in die Form von Fragen kleidet. Er floh schon einmal ein paar Jahre vor Morddrohungen ins Ausland - lebt und bleibt dennoch in Teheran: als offener Beobachter mit dem aufklärerischen Impetus eines Journalisten zwischen zwei Welten.