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Seit jeher ist die Bibel unser Leitfaden für die Geschichte des Nahen Ostens - eine Geschichte, die mit unglaublicher Kraft bis in unsere Zeit fortwirkt. Nun ist in der Krisenregion ein neuer Streit um den Wahrheitsgehalt der biblischen Geschichten entbrannt. Amy Dockser Marcus untersucht, wie die moderne Archäologie nicht nur unser Verständnis für die Heilige Schrift verändert, sondern auch das Bild des Nahen Ostens neu zeichnet. Mit einer überzeugenden Mischung aus Wissenschaft, Geschichte, Politik und Bibelforschung nimmt sie den Leser mit auf eine Reise durch die Bücher des Alten…mehr

Produktbeschreibung
Seit jeher ist die Bibel unser Leitfaden für die Geschichte des Nahen Ostens - eine Geschichte, die mit unglaublicher Kraft bis in unsere Zeit fortwirkt. Nun ist in der Krisenregion ein neuer Streit um den Wahrheitsgehalt der biblischen Geschichten entbrannt. Amy Dockser Marcus untersucht, wie die moderne Archäologie nicht nur unser Verständnis für die Heilige Schrift verändert, sondern auch das Bild des Nahen Ostens neu zeichnet. Mit einer überzeugenden Mischung aus Wissenschaft, Geschichte, Politik und Bibelforschung nimmt sie den Leser mit auf eine Reise durch die Bücher des Alten Testaments, und dabei legt sie neue, verblüffende Entdeckungen über die Geschichte jener Zeit offen.
Autorenporträt
Amy Dockser Marcus arbeitet seit 1988 beim Wall Street Journal und war von 1991 bis 1998 als Nahostkorrespondent des Blattes in Tel Aviv tätig. Sie ist leitende Autorin für Sonderaufgaben im Bostoner Büro der Zeitung. 2001 ist das Buch Tempelberg und Klagemauer im Deuticke Verlag erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.2001

Sage mir, wer du bist, und ich zeige dir, wonach du gräbst
Im Netz der Religionen: Amy Dockser Marcus beschreibt, wie Archäologen Zeugnissen des Alten Testaments nachforschen

Die zunehmende Bedeutung der Religion für das Selbstverständnis von Israelis und Arabern mag dazu geführt haben, daß das öffentliche Interesse an der archäologischen Forschung im Nahen Osten immer weiter geschwunden ist. So hatte sich in den letzten Jahren über die antike Vergangenheit ein Schleier religiöser Mythen legen können, der durch die politische Instrumentalisierung manch archäologischer Stätte - keine Seltenheit in der Region - zunehmend ins Auge fiel. Auch von Archäologen und Journalisten wurde nicht gerade viel unternommen, um den Mangel an einer allgemeinverständlichen Vermittlung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beheben.

Doch dies scheint sich neuerdings zu ändern. Mit dem Buch "Tempelberg und Klagemauer" der amerikanischen Journalistin mit Nahost-Erfahrung Amy Dockser Marcus liegt nun auch auf deutsch ein erster Versuch vor, die Komplexität der Beziehungen zwischen Archäologie und biblischer Textüberlieferung einem Laienpublikum verständlicher zu machen. Diese Einführung in den Forschungsstand der gegenwärtigen biblischen Archäologie ist allerdings nur zum Teil gelungen, da die Abhandlung allzuoft zwischen Bibelzitaten, wissenschaftlichen Fakten, Interviews mit Archäologen und beinahe literarischen Reportagen hin und her schwankt, was den nicht selten trockenen wissenschaftlichen Stoff andererseits aber für den Leser lebendiger und spannender werden läßt.

Die Frage, inwieweit die Bibel - gemeint ist das Alte Testament - mit den Forschungsergebnissen der Archäologen übereinstimmt, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch; eine eindeutige Antwort oder zumindest ein resümierendes Schlußwort bleibt die Autorin dem Leser allerdings schuldig. Ihr epochenbezogener Abriß zeigt immer wieder, wie schwierig es auch für die Wissenschaftler ist, sich bei ihrer Arbeit von der Übermacht der biblischen Überlieferung, die von den Forschungsergebnissen eher widerlegt als bestätigt wird, frei zu machen. Hieraus und aus den politischen Feindschaften im Nahen Osten resultieren auch die Kommunikationsschwierigkeiten mit den arabischen Kollegen, die im Unterschied zu den israelischen und westlichen Wissenschaftlern ihre eigene, von der Bibel weit weniger inspirierte Geschichtsversion der nahöstlichen Antike pflegen. So trifft die Autorin im Zuge ihrer Recherchen auf das ägyptische Archäologie-Establishment, für das die Versklavung der Söhne Israels beim Pyramidenbau oder der Auszug aus Ägypten schlichtweg Tabuthemen sind. Und dort, wo zwischen Israelis und Arabern ein akademischer Austausch doch stattfindet, in Jordanien nämlich, wird mit der Erkenntnis, daß die Völker der Region in früherer Zeit eng miteinander verbunden waren, die Befürchtung laut, die Israelis könnten dies zum Anlaß nehmen, auch jenseits des Jordan territoriale Ansprüche zu erheben.

Während die Zeit der biblischen Patriarchen keineswegs durch archäologische Funde belegt ist und demzufolge kaum Stoff für Wissenschaftsdebatten liefert, wird seit längerem über den Ursprung des israelitischen Volkes gestritten. Eine definitive Antwort darauf, ob es in Palästina entstanden oder irgendwann ins Land eingewandert ist, ist derzeit nicht möglich. Denn in dieser frühen Phase gab es zwischen der kanaanitischen und der israelitischen Kultur mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in Zivilisation und Religion. Der Verzicht etwa auf Schweinefleisch war in der gesamten Region üblich und keine Erfindung oder Besonderheit der Hebräer. Gegenstand heftiger Debatten ist auch die Epoche der israelitischen Königreiche von David und Salomo. Es sind vor allem jüngere israelische Archäologen, die an dem biblischen Bild von dem mächtigen Reich, das sich im zehnten Jahrhundert vor Christus weit über die Grenzen des historischen Palästina erstreckt haben soll, zu rütteln versuchen. Sie stützen sich auf den Umstand, daß in Jerusalem bislang viel zu wenige bauliche Überreste aus dieser Zeit entdeckt wurden, die das biblische Bild von einer damals großangelegten Stadt untermauern könnten.

Auch wenn man von der Annahme ausgeht, daß es sich bei dem angeblichen israelitischen Großreich lediglich um ein kurzlebiges, von rivalisierenden Stämmen erschaffenes loses Gebilde gehandelt habe, spricht ein Teil der Funde durchaus für das biblische Szenario vom späteren Entstehen zweier antagonistischer Kulturen im südlichen Juda und im nördlichen Israel. Der israelische Archäologe Israel Finkelstein, diesbezüglich einer der wichtigsten Innovatoren, datiert die Entstehung des Königreichs im Norden auf das neunte Jahrhundert vor Christus. Fest steht, daß das Nordreich eine weitaus höhere Bevölkerungsdichte als der nur spärlich besiedelte Süden aufwies und daß die Architektur im Norden weitaus entwickelter und oftmals von den benachbarten Kulturen beeinflußt war. Dies scheint das biblische Kontrastbild von einem konservativen Juda und einem weltoffenen pluralistischen Israel ebenso zu bestätigen wie der Umstand, daß die baulichen Eigenarten der nördlichen Israeliten auf die mittlerweile belegten Eroberungszüge des Aramäerkönigs Hasael zurückgeführt werden können. Außer Zweifel steht die direkte Einflußnahme der Großmächte Assyrien, Babylonien, Persien und des späteren Griechenland und Rom auf die Lebensweise der Israeliten ab dem siebten Jahrhundert vor Christus.

Allerdings weicht hier der biblische Bericht vor allem im Hinblick auf die Exilierung der Israeliten nach der Zerstörung des ersten Tempels durch die Babylonier von den archäologischen Gegebenheiten ab. An keiner Stelle ist in der Bibel nämlich die Rede davon, daß das Land auch in der Exilphase relativ dicht besiedelt war, und zwar von einer Bevölkerung, deren religiöse Welt offenbar eher poly- als monotheistisch ausgerichtet war. Möglicherweise insistiert gerade deshalb die später aus dem Exil heimgekehrte israelitische Elite, die unter der Obhut des Perserkönigs Kyros des Großen den Jerusalemer Tempel wiederaufbaut, auf einer streng religionsgesetzlichen Definition der israelitischen Gemeinschaft.

Daß der biblische Kodex bereits in dieser Zeit entstanden sein könnte, wie die jüdische Schrifttradition lehrt, halten die Forscher für durchaus möglich, auch wenn die bislang frühesten Funde von weitgehend kanonisierten biblischen Schriften die erst einige Jahrhunderte später entstandenen Schriftrollen der Essener-Sekte aus Qumran am Toten Meer sind. Auf die spätere Zeit, in der Palästina von den wechselnden Großmächten der Region und des Mittelmeerraumes in eine Landbrücke für deren Militärexpeditionen verwandelt worden war, haben die Archäologen ein dialektisches Erklärungsmuster angewandt, wonach auf die Assimilation der Israeliten an die Kultur der jeweiligen Besatzer stets eine national-religiöse Gegenbewegung gefolgt sein soll: Die Funde aus diesen Epochen zeugen in der Tat von assimilatorischen Tendenzen der Israeliten.

Ein Verdienst der Autorin ist auch, dem Leser die weitgehend in Vergessenheit geratenen Nachbarvölker der Hebräer, die Amoniter und die Edomiter, wieder ins Gedächtnis zu rufen. Die Entdeckung, daß die Edomiter seinerzeit die gesamte Region mit Kupfer belieferten, ist nur eine Facette des im Wandel begriffenen Bildes von jenen Völkern, die ebenso zur biblischen Geschichte gehören wie die mit ihnen rivalisierenden und zeitweise auch kooperierenden Israeliten.

JOSEPH CROITORU

Amy Dockser Marcus: "Tempelberg und Klagemauer". Die Rolle der biblischen Stätten im Nahost-Konflikt. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. Verlagsgesellschaft Franz Deuticke, Wien/Frankfurt am Main 2001. 335 S., geb., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der durch den deutschen Titel vermittelte Eindruck, "als ginge es in diesem Band um den blutigen Krieg von Israelis und Palästinensern um ein Land, das beide Völker mit Verweis auf 'göttliches' Recht für sich beanspruchen", führt in die Irre, warnt Rezensent Andreas Bock. Er erkennt die Intention des Buches vielmehr in der Darstellung politischer Relevanz von archäologischen Grabungsfunden. "Mit der Bibel in der Hand" und mit "fast kindlicher Naivität", erklärt uns Bock, besuche die Autorin die entscheidenden Ausgrabungsstätten und führe dem Leser die verschiedenen wissenschaftlichen Glaubensrichtungen vor. Das Ganze in einem "Gemisch aus Erlebniserzählung, Reportage und wissenschaftlichem Bericht". Dass sie sich dabei nicht um aktuelle Probleme schert, ist für den Rezensenten nur durch die Tatsache entschuldbar, dass das Konzept des Buches eben ein anderes ist. Eines, dass es darauf anlegt "in der Analyse der jüngsten Ausgrabungen" Lösungsvorschläge "auf biblischer Basis" für den Konflikt beizusteuern.

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