Die Reisen des jungen Forster
Eine Weltreise - mit siebzehn Jahren! Für den jungen Johann Georg Forster ist es in jeder Beziehung ein Aufbruch in unbekannte Gewässer, als er am 13. Juli 1772 an Bord der "Resolution" unter dem berühmten Entdecker James Cook den Hafen von Plymouth Richtung Tahiti verlässt. Tahiti lautet "das Zauberwort", das allen die Augen leuchten lässt. Drei Jahre später kehrt Forster zurück - und ist ein anderer geworden.
Als Sekretär seines Vaters, der die Expedition als Botaniker begleitet, sticht er in See, unsicher, meinungslos, ganz Beobachter. Als angehender Schriftsteller kehrt er wieder, erfüllt von Erlebnissen der Schönheit, der Liebe und der Grausamkeit. Die entbehrungsreiche Fahrt durch Eismeer und Südsee weitet den Horizont des jungen Deutschen. Für kurze Zeit wird aus Georg Teori, wie ihn die Eingeborenen nennen. Neben ersten sexuellen Erfahrungen ist es vor allem das Bekenntnis zu einer realistischen Weltsicht, das sein weiteres Leben bestimme n wird. Während der Vater in seinem Reisebericht nichts von Schmutz, Elend und Krankheit verzeichnet wissen will und der Maler Hodges antikisierende Porträts der Einheimischen aquarelliert, will Georg "sein" Tahiti im ungeschönten Eindruck unmittelbarer Anschauung festhalten. Literatur brauche Bilder, wird er später sagen.
Wie Sextouristen fallen die Europäer über die scheinbar so freizügigen Tahitianerinnen her, die zum Teil von ihren Männern wie Gastgeschenke verteilt werden, um die Störer der Harmonie günstig zu stimmen. Sie geben, was die europäischen Besatzer haben wollen, mit rücksichtloser Selbstverständlichkeit einfordern oder sich einfach nehmen. Auch angesichts dieser Demütigungen trifft Forster eine Entscheidung für das weitere Leben: Zurück in England würde er sich eine Frau suchen, die selbstbewusst und stark ist. Den Eindringlingen geht es nicht wie Georg Forster darum, eine fremde Kultur zu verstehen und sich auf sie einzulassen. Sie fragen nicht, wie ein e Inselheißt, sondern legen ein Koordinatennetz mit ihren eigenen Namen und denen längst verstorbener Admirale über den Pazifik. Sie sehen nicht, was Teori sieht.
Andreas Kollender baut in seinem Debütroman zurückhaltend und ohne grell-exotische Effekte die Stimmung einer Zeit auf, in der sich die Umbrüche der folgenden Jahre im Stillen bereits ankündigten. Sein Porträt des Künstlers als junger Mann wird so zur Geschichte einer Menschwerdung, die von außen wie von innen bedroht ist, denn: "In Georg lauerten Gefahren." Forsters vielschichtiger Charakter, sein unverstellter Blick auf die Gegenwart, seine unter der Oberfläche brodelnde Leidenschaft finden ihren Ausdruck in einer präzisen, dichten Sprache und Darstellung.
Eine Weltreise - mit siebzehn Jahren! Für den jungen Johann Georg Forster ist es in jeder Beziehung ein Aufbruch in unbekannte Gewässer, als er am 13. Juli 1772 an Bord der "Resolution" unter dem berühmten Entdecker James Cook den Hafen von Plymouth Richtung Tahiti verlässt. Tahiti lautet "das Zauberwort", das allen die Augen leuchten lässt. Drei Jahre später kehrt Forster zurück - und ist ein anderer geworden.
Als Sekretär seines Vaters, der die Expedition als Botaniker begleitet, sticht er in See, unsicher, meinungslos, ganz Beobachter. Als angehender Schriftsteller kehrt er wieder, erfüllt von Erlebnissen der Schönheit, der Liebe und der Grausamkeit. Die entbehrungsreiche Fahrt durch Eismeer und Südsee weitet den Horizont des jungen Deutschen. Für kurze Zeit wird aus Georg Teori, wie ihn die Eingeborenen nennen. Neben ersten sexuellen Erfahrungen ist es vor allem das Bekenntnis zu einer realistischen Weltsicht, das sein weiteres Leben bestimme n wird. Während der Vater in seinem Reisebericht nichts von Schmutz, Elend und Krankheit verzeichnet wissen will und der Maler Hodges antikisierende Porträts der Einheimischen aquarelliert, will Georg "sein" Tahiti im ungeschönten Eindruck unmittelbarer Anschauung festhalten. Literatur brauche Bilder, wird er später sagen.
Wie Sextouristen fallen die Europäer über die scheinbar so freizügigen Tahitianerinnen her, die zum Teil von ihren Männern wie Gastgeschenke verteilt werden, um die Störer der Harmonie günstig zu stimmen. Sie geben, was die europäischen Besatzer haben wollen, mit rücksichtloser Selbstverständlichkeit einfordern oder sich einfach nehmen. Auch angesichts dieser Demütigungen trifft Forster eine Entscheidung für das weitere Leben: Zurück in England würde er sich eine Frau suchen, die selbstbewusst und stark ist. Den Eindringlingen geht es nicht wie Georg Forster darum, eine fremde Kultur zu verstehen und sich auf sie einzulassen. Sie fragen nicht, wie ein e Inselheißt, sondern legen ein Koordinatennetz mit ihren eigenen Namen und denen längst verstorbener Admirale über den Pazifik. Sie sehen nicht, was Teori sieht.
Andreas Kollender baut in seinem Debütroman zurückhaltend und ohne grell-exotische Effekte die Stimmung einer Zeit auf, in der sich die Umbrüche der folgenden Jahre im Stillen bereits ankündigten. Sein Porträt des Künstlers als junger Mann wird so zur Geschichte einer Menschwerdung, die von außen wie von innen bedroht ist, denn: "In Georg lauerten Gefahren." Forsters vielschichtiger Charakter, sein unverstellter Blick auf die Gegenwart, seine unter der Oberfläche brodelnde Leidenschaft finden ihren Ausdruck in einer präzisen, dichten Sprache und Darstellung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2000Und um die Hüfte Bananas
Andreas Kollender auf Kreuzfahrt nach Tahiti
Um 1780 wußte man genau, wo das Paradies liegt: drüben, auf der anderen Seite der Erdkugel, in Tahiti. Dort schien Rousseaus Traum vom schönen Naturzustand Wirklichkeit zu sein. "Tayiti! o des süßen Namens Schall / drang mir ins Herz", dichtete ein Zeitgenosse über die "glückliche Insel", wo neben "Cocos" und "Bananas" die sagenhafte "Brodfrucht" mit "stetem Überfluß verschwenderisch spreißt". Selbst der nüchterne Wieland beteiligte sich an der Tahiti-Schwärmerei, denn dort seien "unsere Lieblingsträume von arkadischer Unschuld, Einfalt, Ruhe und kummerfreiem Wohlleben eines Volkes, das in ewiger, unbesorgter, lieblicher Kindheit an den Brüsten der Natur hängt, realisiert".
Anlaß dieser Worte war das Buch eines jungen Autors, das zur Sensation wurde: Georg Forsters "Reise um die Welt". Nach der Lektüre wußte Wieland nicht mehr, welches Werk der Dichtung "uns so viel Vergnügen machen könnte als eine solche Reisebeschreibung". Während die deutschen Ethnologen sich damals ihre Weltkenntnis unter der Leselampe erarbeiten mußten, nahm Forster schon als Siebzehnjähriger an der bis dahin weitesten aller See-Expeditionen teil, bei der mehr als 300 000 Kilometer zurückgelegt wurden: James Cooks zweite Weltumseglung von 1772 bis 1775. Forsters Vater war auf dieser Reise zuständig für die Naturforschung, Georg sein Sekretär. Die Mannschaft war geplagt von Stürmen, den Schrecken des Eises und dem Skorbut, gegen den schließlich auch die Sauerkrautvorräte an Bord nicht mehr halfen. Wenn dann in den Buchten Tahitis Anker geworfen wurde, entschädigten das Klima und nicht zuletzt die "Brüste der Natur" für alle Entbehrungen: Für ein paar Nägel überließen die Eingeborenen Schwester und Töchter den Entdeckern.
Andreas Kollender hat für sein Romandebüt eine interessante und geschickte Wahl getroffen. Der junge Georg Forster ist sein Held, die große Seereise ein Thema, wie es romanhafter kaum denkbar ist. Alles ist drin: Abenteuerroman, Reiseroman, Liebesroman, ein Extrembildungsroman - im Vergleich dazu erscheint der Lebensweg eines Wilhelm Meister als Pauschalreise. Geschickt ist die Wahl, weil es ergiebige Quellen gibt, vor allem die umfangreiche "Reise um die Welt", deren Erfolg auch auf ihren hohen literarischen Qualitäten beruhte. Davon kann Kollender profitieren: Er hat aus den Aufzeichnungen Forsters vieles übernommen.
Während der Marinemaler Hodges, bei Kollender eine wichtige Gegenfigur, die Reise im antikisierenden Stil festhält und den Eingeborenen klassizistische Gewänder auf den Leib aquarelliert, ist Forster ein Gewährsmann für eine realistische Sicht. Ungeschönt beschreibt der Roman die Schinderei an Bord; dasselbe gilt für die irritierenden Eindrücke, die die Südsee-Utopie stören. Auf den Inseln herrscht keine Gleichheit, wie es das Gegenbild zum europäischen Despotismus gern hätte, auch hier gibt es privilegierte Schmarotzer. Die Eßgewohnheiten, etwa der Verzehr von Menschen, können befremden. Eine der einprägsamsten Passagen schildert die fachkundige Zubereitung einer Wange, wobei nicht allen zuschauenden Matrosen, wie es sein sollte, der Appetit vergeht.
Kollenders Stil ist dem anspruchsvollen Stoff gewachsen, nur selten stören Wortschöpfungen wie "Seeschaft" oder "Weltschaft". An eigenen Akzentuierungen fehlt es nicht. Ein durchgehendes Motiv ist der Konflikt Georgs mit dem Vater; sehr verständlich, da man die drei Jahre gemeinsam in einer Kajüte von fünf Quadratmetern verbringen mußte. Das Bild des tugendhaften James Cook bekommt Sprünge. Während noch Klaus Harpprecht in seiner Forster-Biographie von 1987 nichts auf den Käpt'n kommen ließ, muß Georg bei Kollender beobachten, wie schöne Tahitianerinnen durch die Fenster der Kapitänskajüte ein- und aussteigen. Hier wird der Zeigefinger, wie auch im Fall von Vater Forster, auf eine gewisse Doppelmoral gelegt.
Überhaupt, der Zeigefinger. Er schmälert das Lesevergnügen dann doch erheblich. Es war ein Verdienst Forsters, daß er sich ohne Überheblichkeit um ein Verständnis fremder Kulturen bemühte. Er sah bereits, daß das moralische Leben der scheinbar so freizügigen Tahitianer kaum weniger kompliziert geregelt war als das der Europäer. Tabu stammt aus dem Tahitianischen; das sagt alles. Bei Kollender nun liest sich der aufgeklärte Humanismus Forsters wie die heutige Jedermannstoleranz. Man teilt ja Georgs Verärgerung über manches Ritual der Inbesitznahme, etwa die Namensgebung. Da fährt das Beiboot mal eben in eine Bucht, und fortan soll diese für alle Zeit nach dem Namen des unsympathischen Matrosen, der am Steuer sitzt, "Pickersgill Bay" heißen. Man hätte auch die Eingeborenen nach dem Namen fragen können, denkt Georg. Sicherlich vollkommen zutreffend, aber auf Dauer fallen solche Merksätze aus dem Lehrbuch der politischen Korrektheit auf die Nerven.
Die Südseebewohner stehlen wie die Raben. "Anderen Völkern muß man ein anderes Verhältnis zum Eigentum zugestehen", denkt der tolerante Georg. Schon Erwartungen sind ihm "geistige Kolonisierungen". Als er auf einer der Inseln die Frauen allzu breitgesichtig findet, ruft ihn die innere Stimme zur Ordnung: "Daß er die Frauen für häßlich hielt, war Resultat seines Ästhetikempfindens, und das wäre ein anderes gewesen, wäre er hier zur Welt gekommen." Figuren, denen man auf die Schulter klopft, sind nicht die, denen man über eine Romanlänge folgen möchte. Der Jakobiner als junger Mann: Andreas Kollenders Forster ist allzu beflissen geraten. Auch die knappe Rahmenhandlung, die den Exilanten krank und trunksüchtig im revolutionären Paris zeigt, kann das nicht ausgleichen. An einer Stelle heißt es: "In Georg lauerten Gefahren." Von denen ist zu wenig die Rede.
WOLFGANG SCHNEIDER
Andreas Kollender: "Teori". Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 218 S., br., 28,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Andreas Kollender auf Kreuzfahrt nach Tahiti
Um 1780 wußte man genau, wo das Paradies liegt: drüben, auf der anderen Seite der Erdkugel, in Tahiti. Dort schien Rousseaus Traum vom schönen Naturzustand Wirklichkeit zu sein. "Tayiti! o des süßen Namens Schall / drang mir ins Herz", dichtete ein Zeitgenosse über die "glückliche Insel", wo neben "Cocos" und "Bananas" die sagenhafte "Brodfrucht" mit "stetem Überfluß verschwenderisch spreißt". Selbst der nüchterne Wieland beteiligte sich an der Tahiti-Schwärmerei, denn dort seien "unsere Lieblingsträume von arkadischer Unschuld, Einfalt, Ruhe und kummerfreiem Wohlleben eines Volkes, das in ewiger, unbesorgter, lieblicher Kindheit an den Brüsten der Natur hängt, realisiert".
Anlaß dieser Worte war das Buch eines jungen Autors, das zur Sensation wurde: Georg Forsters "Reise um die Welt". Nach der Lektüre wußte Wieland nicht mehr, welches Werk der Dichtung "uns so viel Vergnügen machen könnte als eine solche Reisebeschreibung". Während die deutschen Ethnologen sich damals ihre Weltkenntnis unter der Leselampe erarbeiten mußten, nahm Forster schon als Siebzehnjähriger an der bis dahin weitesten aller See-Expeditionen teil, bei der mehr als 300 000 Kilometer zurückgelegt wurden: James Cooks zweite Weltumseglung von 1772 bis 1775. Forsters Vater war auf dieser Reise zuständig für die Naturforschung, Georg sein Sekretär. Die Mannschaft war geplagt von Stürmen, den Schrecken des Eises und dem Skorbut, gegen den schließlich auch die Sauerkrautvorräte an Bord nicht mehr halfen. Wenn dann in den Buchten Tahitis Anker geworfen wurde, entschädigten das Klima und nicht zuletzt die "Brüste der Natur" für alle Entbehrungen: Für ein paar Nägel überließen die Eingeborenen Schwester und Töchter den Entdeckern.
Andreas Kollender hat für sein Romandebüt eine interessante und geschickte Wahl getroffen. Der junge Georg Forster ist sein Held, die große Seereise ein Thema, wie es romanhafter kaum denkbar ist. Alles ist drin: Abenteuerroman, Reiseroman, Liebesroman, ein Extrembildungsroman - im Vergleich dazu erscheint der Lebensweg eines Wilhelm Meister als Pauschalreise. Geschickt ist die Wahl, weil es ergiebige Quellen gibt, vor allem die umfangreiche "Reise um die Welt", deren Erfolg auch auf ihren hohen literarischen Qualitäten beruhte. Davon kann Kollender profitieren: Er hat aus den Aufzeichnungen Forsters vieles übernommen.
Während der Marinemaler Hodges, bei Kollender eine wichtige Gegenfigur, die Reise im antikisierenden Stil festhält und den Eingeborenen klassizistische Gewänder auf den Leib aquarelliert, ist Forster ein Gewährsmann für eine realistische Sicht. Ungeschönt beschreibt der Roman die Schinderei an Bord; dasselbe gilt für die irritierenden Eindrücke, die die Südsee-Utopie stören. Auf den Inseln herrscht keine Gleichheit, wie es das Gegenbild zum europäischen Despotismus gern hätte, auch hier gibt es privilegierte Schmarotzer. Die Eßgewohnheiten, etwa der Verzehr von Menschen, können befremden. Eine der einprägsamsten Passagen schildert die fachkundige Zubereitung einer Wange, wobei nicht allen zuschauenden Matrosen, wie es sein sollte, der Appetit vergeht.
Kollenders Stil ist dem anspruchsvollen Stoff gewachsen, nur selten stören Wortschöpfungen wie "Seeschaft" oder "Weltschaft". An eigenen Akzentuierungen fehlt es nicht. Ein durchgehendes Motiv ist der Konflikt Georgs mit dem Vater; sehr verständlich, da man die drei Jahre gemeinsam in einer Kajüte von fünf Quadratmetern verbringen mußte. Das Bild des tugendhaften James Cook bekommt Sprünge. Während noch Klaus Harpprecht in seiner Forster-Biographie von 1987 nichts auf den Käpt'n kommen ließ, muß Georg bei Kollender beobachten, wie schöne Tahitianerinnen durch die Fenster der Kapitänskajüte ein- und aussteigen. Hier wird der Zeigefinger, wie auch im Fall von Vater Forster, auf eine gewisse Doppelmoral gelegt.
Überhaupt, der Zeigefinger. Er schmälert das Lesevergnügen dann doch erheblich. Es war ein Verdienst Forsters, daß er sich ohne Überheblichkeit um ein Verständnis fremder Kulturen bemühte. Er sah bereits, daß das moralische Leben der scheinbar so freizügigen Tahitianer kaum weniger kompliziert geregelt war als das der Europäer. Tabu stammt aus dem Tahitianischen; das sagt alles. Bei Kollender nun liest sich der aufgeklärte Humanismus Forsters wie die heutige Jedermannstoleranz. Man teilt ja Georgs Verärgerung über manches Ritual der Inbesitznahme, etwa die Namensgebung. Da fährt das Beiboot mal eben in eine Bucht, und fortan soll diese für alle Zeit nach dem Namen des unsympathischen Matrosen, der am Steuer sitzt, "Pickersgill Bay" heißen. Man hätte auch die Eingeborenen nach dem Namen fragen können, denkt Georg. Sicherlich vollkommen zutreffend, aber auf Dauer fallen solche Merksätze aus dem Lehrbuch der politischen Korrektheit auf die Nerven.
Die Südseebewohner stehlen wie die Raben. "Anderen Völkern muß man ein anderes Verhältnis zum Eigentum zugestehen", denkt der tolerante Georg. Schon Erwartungen sind ihm "geistige Kolonisierungen". Als er auf einer der Inseln die Frauen allzu breitgesichtig findet, ruft ihn die innere Stimme zur Ordnung: "Daß er die Frauen für häßlich hielt, war Resultat seines Ästhetikempfindens, und das wäre ein anderes gewesen, wäre er hier zur Welt gekommen." Figuren, denen man auf die Schulter klopft, sind nicht die, denen man über eine Romanlänge folgen möchte. Der Jakobiner als junger Mann: Andreas Kollenders Forster ist allzu beflissen geraten. Auch die knappe Rahmenhandlung, die den Exilanten krank und trunksüchtig im revolutionären Paris zeigt, kann das nicht ausgleichen. An einer Stelle heißt es: "In Georg lauerten Gefahren." Von denen ist zu wenig die Rede.
WOLFGANG SCHNEIDER
Andreas Kollender: "Teori". Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 218 S., br., 28,- DM.
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