In kurzen pointierten Anekdoten und Episoden, wie man sie sich abends in der Runde erzählt, wenn die Rede auf interessante Figuren oder spannende Ereignisse der Region kommt, welche jeder einheimische kennt, berichtet Nessi vom traurigen Leben und wilden Aufbegehren des Tonio Boldini, der für die Republikaner in den Spanischen Bürgerkrieg ging; berichtet er von den harten Handarbeiten in dem Tabakmanufakturen des frühen 20. Jahrhunderts, wie die Frauen zwar zart mit den kostbaren Tabakblättern umgehen konnten, in ihren Streiks aber auch entschlossen mit den Padroni umzugehen wussten; berichtet er von den Hungersnöten Mitte des 19. Jahrhunderts, und wie 300 Mann unter der Führung des Mattirolo aus den Tälern in die Ebene stiegen, um die Lagerhäuser den Armen zu öffnen. Diese Erzählungen sind Poesie, so dicht und farbig diese nur sein kann, und Geschichte, so hart und lehrreich jene für das einfache Volk ja war.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Alice Vollenweider bespricht kurz und bündig drei neu aufgelegte Prosastücke des Tessiners Alberto Nessi, der, 1940 geboren, seine Heimat nie verlassen habe. Die chronologisch aufgebauten Erzählungen seien auch ein sozialgeschichtlicher Abriss des Grenzlandes Tirol und Kantons Mendrisiotto. Über den Zeitraum der letzten hundertfünfzig Jahre spiegelten sie mit dem Einsetzen der Industrialisierung den Niedergang einer Kulturlandschaft wider und in der Folge die Vertreibung der durchweg armen Landbevölkerung, die das Personal von Alberto Nessis episodenhaften Erzählungen abgibt. In dokumentarisch-realistischem Stil, der von sprachlicher Dissonanz geprägt sei, so die Rezensentin, gelinge es dem Autor "den Rahmen des Einzelschicksals oder historischen Anlasses zu sprengen", was nicht zuletzt an den "armen Helden" liege, die als "terra matta", nämlich "hartnäckige Tollköpfe" von der Lust am Widerstand gestärkt, ein Abbild der Landschaft geben, die sie zu verteidigen suchen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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