Elmar Theveßen, Chef vom Dienst von "heute" und "heute-journal" beschreibt in seinem neuen Buch "Terroralarm" die Bedrohungssituation Europas und speziell Deutschlands durch den islamistischen Terror. Er legt neues und höchst brisantes Ermittlungsmaterial der Geheimdienste und Polizeibehörden vor und entwickelt daraus erschreckend realistische Szenarios möglicher Anschläge, auch mit Blick auf das bevorstehende Großereignis Fußball-WM 2006.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2005Schritt für Schritt
Internet-Muslime streben bereits die Islamisierung Europas an
Die globale Vernetzung durch das Internet ermöglicht es einer ganzen Generation von jungen Muslimen, die Ideen eines umfassenden Dschihad - eines heiligen islamischen Krieges - in Windeseile über die Erde zu verbreiten, schreibt Elmar Theveßen. Er berichtet über die neue Gemeinschaft der Muslime, die nicht räumlich oder ethnisch, sondern virtuell miteinander verbunden ist. Das Internet ermöglicht es, die Forderung nach einer reinen islamischen Gemeinde zu formulieren, die so lebt, wie die Gemeinde um Muhammad in Mekka und Medina im 7. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung lebte. In jener als "Goldenes Zeitalter" bezeichneten Epoche konnte der Islam - unbedroht von anderen Mächten - seine größte Ausbreitung verzeichnen. Heute wird er in seinen eigenen Kernländern wieder bedroht. Die Antwort der Dschihadisten ist laut Theveßen der bewaffnete Kampf gegen die Besetzer und Unterdrücker.
Durch das Web kann jeder zum Terroristen werden. So kursieren beispielsweise Anleitungen zum Bombenbasteln im Internet: "Do-it-yourself-Dschihad" nennt Theveßen das. Der "Virus eines pervertierten Islam" gehe von islamistischen Websites aus. Der Kampf für die Sache des Islam, so zitiert Theveßen einige muslimische Gelehrte, sei die Pflicht jedes Muslims. Radikale islamische Einrichtungen in Deutschland wie die König-Fahd-Akademie in Bonn seien die Kaderschmiede für diese radikale Auslegung des Islam: "Wenn man dem Bundesamt für Verfassungsschutz glauben darf, dann legen Zentren, in denen ein extremer Islam gelehrt wird, den Grundstein für islamistischen Terrorismus." Die Rekrutierungen für den Dschihad finden also auch in der Bundesrepublik statt. "Nach den Äußerungen im Internet zu schließen, wächst auch bei den jungen Muslimen in Deutschland die Bereitschaft, sich für Selbstmordattentate anwerben zu lassen."
Ziel dieses Dschihad sind nicht Deutschland oder seine Nachbarn, sondern diejenigen, die in das "Haus des Islam" eindringen. "Angesichts des Ausmaßes der Unterdrückung sei es sogar Pflicht für jeden Muslim, die Kämpfer und deren Angehörige mit Spenden zu unterstützen", zitiert Theveßen einen seiner Informanten. "Wer aus Westeuropa in diese Länder ziehe, um am Dschihad teilzunehmen, der wandle auf dem Pfad Allahs." Nach Aussage des Informanten sei ein Kampf in Europa nicht notwendig, weil hier der Islam nicht angegriffen werde. Aber alles andere "sei vom Koran einwandfrei gedeckt".
Neben der militärischen Befreiung der islamischen Welt von Nicht-Muslimen steht auf der Agenda der Internet-Muslime die Islamisierung Europas. Dort soll durch schrittweises Vorgehen die westlich-christliche Gesellschaft in eine islamische Gesellschaftsordnung überführt werden. Die türkische Milli Görüs Organisation führt Theveßen an: "Offiziell distanziert sich die Milli Görüs vom Terrorismus und gibt sich als ,legalistische' Organisation, die die Errichtung einer islamischen Gesellschaftsordnung gewissermaßen mit einem Marsch durch die Institutionen, also völlig legal, erreichen will. Aber in ihren Schriften wird staatliche Autorität stets dem Gesetz des Korans untergeordnet." Islamische Bastionen, Parallelgesellschaften entstehen, die mit der westlichen, christlich geprägten nicht verschmelzen dürfen.
Diese Sichtweise teilt in der Türkei nicht nur die Milli Görüs. Bereits 1994 hat der damalige Staatspräsident Süleyman Demirel bekräftigt: "Damit die Türkei ihre Interessen in der Welt verteidigt, mußte sie im Ausland eine Kolonie aufbauen." Und der Ministerpräsident der Türkei, Erdogan, zitiert gerne ein türkisches Gedicht: "Die Minarette sind unsere Bajonette, die Kuppeln sind unsere Helme, die Gläubigen sind unsere Soldaten." Die institutionalisierte Parallelgesellschaft gibt es nicht nur virtuell im Internet. Sie wird zum Teil politisch eingefordert. Politiker instrumentalisieren den Islam und bedienen sich dabei der religiösen Bildsprache, die oft kriegerisch konnotiert ist und die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet hat und die Muslime verstehen können. Es gibt erschreckende Schnittstellen zwischen virtueller und realer Welt, die Theveßen benennt.
ALEXANDER GÖRLACH
Elmar Theveßen: "Terroralarm". Deutschland und die islamistische Bedrohung. Rowohlt Verlag, Berlin 2005. 224 S., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Internet-Muslime streben bereits die Islamisierung Europas an
Die globale Vernetzung durch das Internet ermöglicht es einer ganzen Generation von jungen Muslimen, die Ideen eines umfassenden Dschihad - eines heiligen islamischen Krieges - in Windeseile über die Erde zu verbreiten, schreibt Elmar Theveßen. Er berichtet über die neue Gemeinschaft der Muslime, die nicht räumlich oder ethnisch, sondern virtuell miteinander verbunden ist. Das Internet ermöglicht es, die Forderung nach einer reinen islamischen Gemeinde zu formulieren, die so lebt, wie die Gemeinde um Muhammad in Mekka und Medina im 7. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung lebte. In jener als "Goldenes Zeitalter" bezeichneten Epoche konnte der Islam - unbedroht von anderen Mächten - seine größte Ausbreitung verzeichnen. Heute wird er in seinen eigenen Kernländern wieder bedroht. Die Antwort der Dschihadisten ist laut Theveßen der bewaffnete Kampf gegen die Besetzer und Unterdrücker.
Durch das Web kann jeder zum Terroristen werden. So kursieren beispielsweise Anleitungen zum Bombenbasteln im Internet: "Do-it-yourself-Dschihad" nennt Theveßen das. Der "Virus eines pervertierten Islam" gehe von islamistischen Websites aus. Der Kampf für die Sache des Islam, so zitiert Theveßen einige muslimische Gelehrte, sei die Pflicht jedes Muslims. Radikale islamische Einrichtungen in Deutschland wie die König-Fahd-Akademie in Bonn seien die Kaderschmiede für diese radikale Auslegung des Islam: "Wenn man dem Bundesamt für Verfassungsschutz glauben darf, dann legen Zentren, in denen ein extremer Islam gelehrt wird, den Grundstein für islamistischen Terrorismus." Die Rekrutierungen für den Dschihad finden also auch in der Bundesrepublik statt. "Nach den Äußerungen im Internet zu schließen, wächst auch bei den jungen Muslimen in Deutschland die Bereitschaft, sich für Selbstmordattentate anwerben zu lassen."
Ziel dieses Dschihad sind nicht Deutschland oder seine Nachbarn, sondern diejenigen, die in das "Haus des Islam" eindringen. "Angesichts des Ausmaßes der Unterdrückung sei es sogar Pflicht für jeden Muslim, die Kämpfer und deren Angehörige mit Spenden zu unterstützen", zitiert Theveßen einen seiner Informanten. "Wer aus Westeuropa in diese Länder ziehe, um am Dschihad teilzunehmen, der wandle auf dem Pfad Allahs." Nach Aussage des Informanten sei ein Kampf in Europa nicht notwendig, weil hier der Islam nicht angegriffen werde. Aber alles andere "sei vom Koran einwandfrei gedeckt".
Neben der militärischen Befreiung der islamischen Welt von Nicht-Muslimen steht auf der Agenda der Internet-Muslime die Islamisierung Europas. Dort soll durch schrittweises Vorgehen die westlich-christliche Gesellschaft in eine islamische Gesellschaftsordnung überführt werden. Die türkische Milli Görüs Organisation führt Theveßen an: "Offiziell distanziert sich die Milli Görüs vom Terrorismus und gibt sich als ,legalistische' Organisation, die die Errichtung einer islamischen Gesellschaftsordnung gewissermaßen mit einem Marsch durch die Institutionen, also völlig legal, erreichen will. Aber in ihren Schriften wird staatliche Autorität stets dem Gesetz des Korans untergeordnet." Islamische Bastionen, Parallelgesellschaften entstehen, die mit der westlichen, christlich geprägten nicht verschmelzen dürfen.
Diese Sichtweise teilt in der Türkei nicht nur die Milli Görüs. Bereits 1994 hat der damalige Staatspräsident Süleyman Demirel bekräftigt: "Damit die Türkei ihre Interessen in der Welt verteidigt, mußte sie im Ausland eine Kolonie aufbauen." Und der Ministerpräsident der Türkei, Erdogan, zitiert gerne ein türkisches Gedicht: "Die Minarette sind unsere Bajonette, die Kuppeln sind unsere Helme, die Gläubigen sind unsere Soldaten." Die institutionalisierte Parallelgesellschaft gibt es nicht nur virtuell im Internet. Sie wird zum Teil politisch eingefordert. Politiker instrumentalisieren den Islam und bedienen sich dabei der religiösen Bildsprache, die oft kriegerisch konnotiert ist und die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet hat und die Muslime verstehen können. Es gibt erschreckende Schnittstellen zwischen virtueller und realer Welt, die Theveßen benennt.
ALEXANDER GÖRLACH
Elmar Theveßen: "Terroralarm". Deutschland und die islamistische Bedrohung. Rowohlt Verlag, Berlin 2005. 224 S., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Alexander Görlach zitiert viel Bedrohliches aus diesem Buch, das sich im Wesentlichen mit islamistischen Internet-Communities befasst. Zitiert werden Internetanleitungen zum Bombenbasteln ebenso wie Einschätzungen des Verfassungsschutzes über die wachsende Gefahr von Selbstmordanschlägen in Deutschland sowie Ankündigungen von Internetislamisten, Europas Islamisierung in Angriff zu nehmen. Als Leser der Rezension wird man den Eindruck nicht los, dass es sich bei Elmar Theveßens Buch um einen populistischen Schnellschuss handelt. Denn so recht ist Görlachs Rezension keine Haltung zu diesem Buch zu entnehmen, das in seiner Beschreibung deshalb auch nicht wirklich Kontur gewinnt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Es kann einen das Entsetzen packen, wenn man die Recherchen von Elmar Theveßen über das islamistische Terrornetzwerk liest ... Das ist starker Tobak." (Frankfurter Rundschau)