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Der Geldbeschaffer und geheime Wahlmanager Draper Haere, bereitet gerade die Präsidentschaftskandidatur des Gouverneurs von Kalifornien vor, als er bei der Aufdeckung der Machenschaften des politischen Gegners dem Geheimnis eines rechtsorganisierten Putschs auf die Spur kommt. Während seiner lebensgefährlichen Ermittlungen engagiert er den Starreprter Morgan Citron, der vor einiger Zeit aus einem afrikanischen Gefängnis entlassen wurde, in welchem den Gefangenen Menschenfleisch aufgetischt wurde. Gemeinsam stellen sie sich gegen Kokaindealer, lateinamerikanische Generäle, korrupte US-Beamte und Citrons kaltherzige Mutter, Chefin eines Skandalblatts.…mehr

Produktbeschreibung
Der Geldbeschaffer und geheime Wahlmanager Draper Haere, bereitet gerade die Präsidentschaftskandidatur des Gouverneurs von Kalifornien vor, als er bei der Aufdeckung der Machenschaften des politischen Gegners dem Geheimnis eines rechtsorganisierten Putschs auf die Spur kommt. Während seiner lebensgefährlichen Ermittlungen engagiert er den Starreprter Morgan Citron, der vor einiger Zeit aus einem afrikanischen Gefängnis entlassen wurde, in welchem den Gefangenen Menschenfleisch aufgetischt wurde. Gemeinsam stellen sie sich gegen Kokaindealer, lateinamerikanische Generäle, korrupte US-Beamte und Citrons kaltherzige Mutter, Chefin eines Skandalblatts.
Autorenporträt
Ross Thomas (1926 - 1995) war ein amerikanischer Autor und Journalist. In den fünfziger JAhren richtete er das deutsche AFN-Büro in Bonn ein und arbeitete als Journalist, Gewerkschaftssprecher und Public Relations- und Wahlkampfberater für Politiker in den USA. Seine vielfältigen Erfahrungen verarbeitete er in seinen Politthrillern, in denen er v.a. die Hintergründe des (amerikanischen) Politikbetriebs entlarvt und bloßstellt. Ihm wurde zweimal der Edgar Allen Poe Award und mehrmals der Deutsche Krimi Preis verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2008

Menschenfleisch aus Teufels Küche
Paranoia ist auch nur eine Form des Realismus: Über die präzisen Thriller des Ross Thomas

Es wird vermutlich eine Menge Leser geben, die Bücher von Ross Thomas kennen, ohne Ross Thomas wirklich gelesen zu haben. Wer von amerikanischen Autoren, die man dem Genre des Kriminalromans zuordnet, reden will, der muss in Deutschland wie ein Detektiv ermitteln, in welcher Fassung er sie gelesen hat. Ross Thomas fiel erst dem Ullstein-Verlag in die Hände, seine Bücher wurden sinnfrei zusammengestrichen, damit sie den Standardumfang nicht überschritten, dämliche Titel wurden erfunden, und die Übersetzungen waren von bemerkenswerter Lieblosigkeit. Auf Ullstein folgte Heyne, besser wurde dadurch nichts, dann kam Haffmans - und meldete 2001 Insolvenz an.

Nun hat der Berliner Alexander-Verlag die Sache in die Hand genommen, jener Verlag also, in dem schon die neue Jörg-Fauser-Edition ihre Heimat gefunden hat und der auch die großartigen Romane von Charles Willeford neu bearbeitet hat. Fünf Romane von Ross Thomas (von insgesamt 25) liegen inzwischen in stark überarbeiteten Ausgaben vor. Damit wird man nicht reich und berühmt, aber man rehabilitiert einen Autor, der in Amerika immer den Ruf hatte, den er verdiente. Ross Thomas, der 1995 im Alter von 69 Jahren starb, hat sogenannte Politthriller geschrieben, wozu sein begeisterter Leser Jörg Fauser das Nötige gesagt hat: Sie seien "eine diabolische Analyse unserer politischen Verhältnisse". Und vor allem hat Thomas gewusst, wovon er erzählte. Erst mit vierzig Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman, "Kälter als der kalte Krieg", einen Spionage-Bericht aus Bonn (und Ost-Berlin). Vorher hatte er genug für ein paar Dutzend Bücher erlebt. Er war im Zweiten Weltkrieg auf den Philippinen, danach Reporter in Louisiana, er baute in Bonn das Büro des Radiosenders American Forces Networks auf, er war Politikberater in Colorado, auch in Nigeria, er war Ghostwriter und arbeitete für Lyndon B. Johnson.

In der Grauzone zwischen Legalität und Illegalität, in den Lücken, welche das Gesetz lässt, in den Hinterzimmern der Macht spielt auch "Missionary Stew" (1983), die jüngste Neubearbeitung - Missionarsragout heißt das Buch, weil einer der Helden in einer afrikanischen Diktatur im Knast gesessen hat, wo auch schon mal Menschenfleisch auf den Tisch kam; mit dem deutschen Titel "Teufels Küche" kann man ganz gut leben, deutlich besser als mit Ullsteins "Mördermission". Man ist ohnehin sofort gefangen, wenn man die ersten Sätze liest. Es beginnt harmlos, kühl und sehr präzise wie der Blick einer Überwachungskamera: "An einem kalten, nassen Novembernachmittag kam er mit dem Flugzeug in Paris, seiner Geburtsstadt, an. Er kam aus Äquatorialafrika, trug eine grüne Polyesterhose, ein weißes T-Shirt, das argwöhnisch die Frage stellte: ,Have You Eaten Your Honey Today?', und eine maschinengestrickte Wolljacke, deren Farbe, wie er schließlich entschieden hatte, Mauve war."

Mit dem Flugzeug, wie Morgan Citron, landet auch Draper Haere, "der Geldbeschaffer" im Roman, und was man bei beider erstem Auftritt erfährt, reicht aus, um zu wissen: man wird eine Menge Spaß und Spannung haben und nicht eher aufhören zu lesen, bis die letzte Karte aufgedeckt ist.

Ross Thomas' Bücher haben eine perfekte Ökonomie der Beschreibung. Er ist ungeheuer akribisch, wo es zwingend ist. Oft lässt er die Einrichtung eine Person charakterisieren, weil sie mehr erzählt als eine steckbriefgenaue Beschreibung. Haere, der "das Gesicht eines Märtyrers und den Körper eines Athleten" hat, wohnt in einer riesigen Einraumwohnung in Venice Beach voller historischer, aber gar nicht zueinander passender Möbelstücke. Er ist Beschaffer, Berater, Spin Doctor, er hat viele Talente, die im Halbschatten blühen, und der ehemalige Journalist Morgan Citron - wieder einer dieser lustigen, grellen Namen wie Velveeta Keats, seine Freundin, oder der Polizist Ovid Knox in "Die im Dunklen" - ist genau der richtige Partner, um einem schmutzigen kleinen Militärputsch in Amerikas Hinterhof auf die Spur zu kommen, von dem ein möglicher amerikanischer Präsidentschaftskandidat profitieren könnte.

Thomas schreibt lakonisch, ohne die Manierismen des sogenannten Hard-boiled-Stils, immer nüchtern, so gar nicht romantisch, was auch zu sehen war, als er die zweite Drehbuchfassung zu Wim Wenders' "Hammett" schrieb. (Von Thomas' eigenen Romanen wurde im Übrigen nur einer verfilmt, "The Procane Chronicle".) Thomas' Handschrift ist so ausgeprägt, dass Traditionslinien schnell verwischen. Beliebt ist der Vergleich mit Chandler, doch einen weißen Ritter wie Marlowe sucht man vergeblich; allenfalls sind da Anflüge von Chandlerismen, jedoch längst nicht so ornamental wie die Blondine, für die ein Bischof das Kirchenfenster eintreten würde. Thomas' Helden sinnieren auch nicht viel, sie bleiben knapp, ohne das Pathos des Knappen zu kultivieren, auch wenn Thomas mal Hemingway als sein Vorbild genannt hat; man hat ihn auch, weil es häufiger um Spionage geht, mit John Le Carré oder Ian Fleming verglichen und, was der Sache entschieden näher kommt, mit Eric Ambler. Doch vor allem hält sich Ross Thomas an die klassische Fitzgerald-Formel: "Action is character."

Seine Plots sind Labyrinthe, in denen man sich nach anfänglicher Irritation gut zurechtzufinden glaubt, bis man wieder vor einer Wand steht und den roten Faden wegschmeißt. Sie sind nicht sinnlos kompliziert, sondern angemessen komplex, weil die Vielfalt kollidierender Intrigen und Interessen - in "Teufels Küche" haben CIA, FBI, ein mittelamerikanischer Diktator, ein Drogenbaron aus Florida und Draper Haere sehr verschiedene Auffassungen - einfache Szenarien unmöglich macht. Und es sind auch nicht simple Durchstechereien, die für Dynamik sorgen; es ist ein ausgefeiltes System wechselseitiger Gefälligkeiten und Gehässigkeiten, in dem Kategorien wie gut und böse, schuldig und unschuldig keine sonderliche Trennschärfe erreichen. Es wird geredet, geschossen, gestorben. Wer handelt, verstrickt sich nicht nur, er wird meist auch von anderen Interessen gelenkt, und wenn er es merkt, kann es schon zu spät sein.

"Nichts ist wahr in allen meinen Romanen. Man nimmt einen kleinen Zwischenfall und vergrößert ihn tausendfach", hat Ross Thomas in einem Interview gesagt. Das ist eine sehr brauchbare Lesehilfe. Schaut man auf Spendenskandale, aktuelle Korruptionsfälle oder heimliche amerikanische Gefangenentransporte, dann ist Ross Thomas auf eine sehr angemessene Weise realistisch, weil er weiß, wie es im Maschinenraum der Politik zugeht.

Ein Mann, der so viele Jahre in Malibu gelebt hat wie Ross Thomas, muss auch nicht unbedingt ein sonniges Gemüt haben. Es ist ja bekannt, wie gut sich sunshine und noir ergänzen. Aber das schöne Wetter wirkt sich dann doch auf die Laune aus, die seine Bücher verbreiten. Sie ist gelassen, mal heiter bis wolkig, aber nie mürrisch und nie larmoyant, der Humor ist trocken wie ein guter Martini, und nur Leute, die wenig Erfahrung mit Krimis haben, sehen darin schlichten Zynismus. In Ross Thomas' Welt wohnen Helden, die nicht heroisch sind, Protagonisten, die nicht vorne auf der Bühne stehen, sondern Backstage ihren Job machen, Männer, die genug damit zu tun haben, ihre eigene Haut zu retten, weshalb sie für große Grübeleien und Zynismus gar keine Zeit haben.

Oder, um es mit Morgan Citron zu sagen, wenn er seinem Auftraggeber auf die Frage "Was haben Sie?" antwortet: "Eine Antwort, vielleicht auch zwei, ein paar Fragen, ein gewisses Maß an Paranoia und eine Idee." Da hat man gleich den Grundriss eines Ross-Thomas-Romans, klar wie ein gutes Cocktailrezept. Bei Ross Thomas kommt dann immer etwas Hochprozentiges heraus, ohne dass man hinterher einen schweren Kater hätte. Auch "Teufels Küche" geht gut aus, wenn man so will, nur mit einem Happy End sollte man das nicht verwechseln. Die Verhältnisse, welche die Helden gerade heil überstanden haben, sind ja so, dass sie bald wieder in das nächste Schlamassel geraten werden.

PETER KÖRTE

Ross Thomas: "Teufels Küche". Übersetzt von Wilm W. Elwenspoek, bearbeitet von Jochen Stremmel und Anja Franzen. Alexander-Verlag, 356 Seiten, 12,90 Euro. Im Rahmen der Neuausgabe sind bereits erschienen: "Die im Dunkeln", "Gottes vergessene Stadt", "Kälter als der Kalte Krieg" und "Umweg zur Hölle" (alle 12,90 Euro).

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