Die jetzt vorliegende "Gesamtausgabe" der Texte von Gerhard Richter ergänzt den ersten Teil, die 1993 erschienene seit langem vergriffene Edition der Jahre 1962-93 um 15 wesentliche Beiträge. Sie beginnt mit einem Abschiedsbrief Richters an Heinz Lohmar. Es folgen sämtliche Texte der letzten überaus produktiven und ereignisreichen 14 Jahre und schließt mit Richters Interview vom Sommer 2007 zu seinem Biennalebeitrag in Venedig. Gerhard Richter stellte erstmals sein gesamtes persönliches Archiv zur Verfügung, aus dem auch zahlreiche der meist unveröffentlichten Fotos stammen. Ein wissenschaftlicher Anhang enthält erläuternde Kommentare, Quellen und einen Index. Die Themen der Richterschen "Texte" sind vielfältig und reichen weit über kunstimmanente Fragen hinaus. Es sind Notizen, Tagebucheintragungen, zu bestimmten Anlässen entstandene kurze Essays, Briefe, Stellungnahmen, Statements, Manifeste und immer wieder Interviews, Gespräche und Dialoge - Richters bevorzugte Form der Mitteilung. Wie kein anderer zeitgenössischer Künstler refl ektiert Gerhard Richter in seinen Texten die Frage nach Möglichkeiten, Funktionen und Autonomie von Kunst heute.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Arno Widmann hat den 600-seitigen Band mit Interviews, Texten und Briefen, in denen Gerhard Richter über seine Kunst Auskunft gibt, mit großem Interesse und manchmal, wie er zugeben muss, mit einem gewissen "sadistischen Vergnügen" gelesen. Dem Rezensenten ist nämlich aufgefallen, dass Richter in Interviews gerade auf längere Fragen gern knappe Antworten gibt. Dennoch zeigt er sich dabei stets als aufmerksamer und nach genauen Antworten suchender Gesprächspartner, betont der Rezensent. Deutlich werde Richters Überzeugung, dass die Aussage eines Kunstwerks nicht von vornherein feststehe, sondern sich erst im Verfertigen herstelle, so Widmann, der bei dem Maler eine Begeisterung für das "Verfahren" im Gegensatz zur viel beschworenen "Virtuosität" des Künstlers feststellt. Der Band zeige Richter als einen Wahrheitssucher, der, um Klarheit über die Welt zu erlangen, tätig ausprobieren müsse, so Widmann, dem man die Bewunderung sowohl für Richters Bilder als auch für seine Texte anmerkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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