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Basierend auf den eigenen Erfahrungen des Autors: die Geschichte eines Jungen, der in einem Indianer-Reservat aufgewachsen ist und dessen Versuch, aus dem Leben auszubrechen, welches er für vorbestimmt hielt.

Produktbeschreibung
Basierend auf den eigenen Erfahrungen des Autors: die Geschichte eines Jungen, der in einem Indianer-Reservat aufgewachsen ist und dessen Versuch, aus dem Leben auszubrechen, welches er für vorbestimmt hielt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2009

Den Indianer austreiben
Ein besonderer Jugendroman
„Ich kam mir vor, als hätte mich irgendwer in eine Rakete gesetzt und auf einen anderen Planeten katapultiert. Ich war ein durchgeknallter Alien, dem der Weg nach Hause ein für alle Mal abgeschnitten war.” Ein Weg, der für Arnold Spirit, das alter ego des amerikanischen Autors Sherman Alexie im Indianerreservat begann. In seiner Autobiographie „Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers” erinnert er sich an sein erstes Jahr an einer High School, als einziger Indianer zwischen Weißen.
Seine Mitschüler sehen ihn als Provokation, ignorieren ihn anfangs oder traktieren ihn mit rassistischen Witzen: „Wusstest du, dass Indianer der lebende Beweis dafür sind, dass Nigger Büffel ficken.” Als er darauf aggressiv reagiert, verachten sie ihn als Wilden. Kämpfen und sich wehren, die Gesetze seines Indianerlebens gelten nicht für die Weißen. Aber genauso ablehnend verhielten sich die Leute seines Stammes, als sein Lehrer, als Wiedergutmachung dafür, dass er „Generationen von Schülern den Indianer austreiben musste”, ihn drängte, die High School außerhalb des Reservats zu besuchen. „ Alle Kinder haben sich aufgegeben. Alle deine Kumpel.” Der Junge ist zwar ein Kämpfer, hat seine lebensbedrohende Krankheiten in der Kindheit überstanden und auch die Misshandlungen und Verachtung seines Stammes. Und trotzdem wird ihn das Leben im Reservat umbringen, warnt ihn sein Lehrer. Die Eltern, wenn sie nicht gerade betrunken sind, und seine zähe, weise Großmutter unterstützen ihn. Aber sein bester Freund fühlt sich und den ganzen Stamm verraten und wird zum erbitterten Feind.
Sherman Alexie spielt in seiner Autobiographie mit den Idealen des „American way of life”. Ein Spiel, das mit manchmal grausamen aber auch ironischen Zügen, bewusst jedes Mitleid abwehrt. Gerade die idealistisch eingestellten Weißen mit ihren Helfersyndromen werden mit Spott und Hohn bedacht. So der reiche weiße Gutmensch, der am Beerdigungstag der Großmutter auftaucht und in seiner aufgeblasenen Toleranz so komisch wirkt, dass das todtraurige Ereignis, – die Großmutter wurde Opfer eines betrunkenen Indianers – , in großem Gelächter endet. Eine Stimmungslage, die auch den Leser trotz der harten Erlebnisse des Jungen erfasst, denn in den Text sind Comics und kleine Zeichnungen eingeschoben, die die Gefühle dieses Vierzehnjährigen widerspiegeln. Für ihn scheint sich am Schluss der amerikanische Traum zu erfüllen, er gewinnt das begehrteste Mädchen der Klasse und wird Mitglied der Basketballmannschaft. In den Kämpfen gegen das Team seines Reservats zeigt sich aber seine innere Zerrissenheit. Und er hat etwas begriffen: „Früher dachte ich immer, die Welt ist in lauter Stämme aufgeteilt. In Schwarz und Weiß. In Indianer und Weiße. Aber mir ist aufgegangen, dass das nicht stimmt. Es gibt überhaupt nur zwei Stämme: Arschlöcher und Nicht-Arschlöcher”. (ab 14 und für Erwachsene)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Sherman Alexie
Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers
Aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung. dtv 2009. 268 Seiten, 13,30 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Nennt mich bloß nicht "Apfel"!

Außen rot und innen weiß: Sherman Alexie schildert das Dilemma eines Indianderjungen, der aus dem Reservat geht und draußen auf einmal zum Star wird.

Von Elena Geus

Mit vierzehn schon auf zweiundvierzig Beerdigungen gewesen zu sein ist nicht komisch. Schon gar nicht, wenn die Mehrzahl der Verstorbenen dem Suff zum Opfer fiel - dem eigenen oder dem anderer. Es ist auch nicht komisch, in einem Indianerreservat irgendwo in der Ödnis des Bundesstaates Washington aufzuwachsen, einem Hort an Armut und Depression, wo Ausweglosigkeit den Alltag bestimmt und Träume niemals wahr werden. Und es ist noch weniger komisch, auch noch mit einem Wasserkopf geboren zu sein, zu lispeln, zu stottern und ein Monstrum an Brille zu tragen.

Und doch ist die Geschichte von Arnold Spirit, genannt Junior, die als "absolut wahres Tagebuch" daherkommt, so komisch, dass sich mitunter lautes Lachen einstellt, mindestens aber ein breites Grinsen. Denn Sherman Alexie verfügt über beißenden Sarkasmus und tiefschwarzen Humor. Doch bei allem Amüsement über diesen schrägen Typen, dem nach eigener Aussage "beknacktesten Schwachkopf des Universums", und eine nicht weniger schräge Lebenserzählung ist Arnold, dessen Welt voller Widersprüche auch die des Autors ist, alles andere als eine Witzfigur.

Junior ist von der Schule geflogen. Einer seiner ehemaligen Lehrer rät ihm zu tun, was keiner vor ihm gewagt hat: das Reservat zu verlassen. Schon dort eher ein wandelnder Punchingball, nur von seinem Freund Rowdy beschützt, wird er in der Schule in Reardan als einziger Indianer unter Weißen im besten Fall ignoriert, im schlechten ist er unverhohlenem Rassismus ausgesetzt. Respekt erwirbt er sich mit Fäusten, zum Star wird er mit seinen Basketballkünsten. Er hat schon schlimmere Beschimpfungen gehört als "Apfel", und doch trifft ihn diese besonders, denn "außen rot und innen weiß" heißt nichts anderes als "Verräter". Der Zorn seiner Stammesbrüder und seines Kumpels Rowdy auf Arnolds neues Leben entlädt sich in zwei Basketballspielen der Mannschaft des Reservats gegen die Schulmannschaft aus Reardan. Zimperlich geht's da nicht zu.

Als "kultverdächtig" bewirbt der Verlag das Buch, und von einer eigens geschaffenen Homepage lassen sich die "coolen Sprüche" Juniors und seine Comics, die sein Tagebuch durchziehen, aufs Handy herunterladen. Bei allem Witz und aller Originalität geht dabei leicht unter, dass sich hinter der herrlichen Selbstironie des Jungen jede Menge Trostlosigkeit verbirgt. Auch seine Zeichnungen sind nicht etwa nur amüsante Kritzeleien, sondern Wutabbau und Trauerzeremonie.

Immer wieder macht Sherman Alexie in seinen Romanen und Erzählungen und nun erstmals auch im Jugendbuch die Zerrissenheit der jungen Indianergeneration, den Spagat zwischen Herkunft, Tradition und Identität auf der einen, Integration und Assimilation auf der anderen Seite zum Thema, stets auf angenehme Weise mitleidlos und bar jeder Larmoyanz.

Auch Arnold Spirit ist ein solch wandelnder Widerspruch: Er wollte die Geister vertreiben - vor allem die des Versagens und der Armut. Und doch schämt er sich fast, dass er dem Schicksal, im Reservat ein ewiger Verlierer und dort verloren zu sein, ein Stück entkommen ist. Nach den Siegen im Basketball spürt Arnold keinen Triumph. Aber er ist sich sicher, den richtigen Weg gegangen zu sein. Genauso sicher ist er, immer ein Spokane-Indianer zu bleiben. Doch er wird ebenso dem Stamm der Basketballspieler angehören, dem der Zeichner, der Teenager und dem der Kleinstadtschüler. Und natürlich dem der Beerdigungsgänger.

Sherman Alexie: "Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2009. 272 S., br., 12,90 [Euro]. Ab 12 J.

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