Als Chas Addams im Jahr 1938 seinen ersten Cartoon mit einem Mitglied „seiner“ Familie zeigte, ahnte er selbst wohl am wenigsten, dass dies sein Leben verändern sollte. Die schräge Addams Kernfamilie bekam im Lauf der Jahrzehnte weiteren Zuwachs und so gesellten sich zu Morticia und Gomez die
gemeingefährlichen Kinder Wednesday und Pugsley, sowie Granma Frump und Onkel Fester. Der stumme Butler…mehrAls Chas Addams im Jahr 1938 seinen ersten Cartoon mit einem Mitglied „seiner“ Familie zeigte, ahnte er selbst wohl am wenigsten, dass dies sein Leben verändern sollte. Die schräge Addams Kernfamilie bekam im Lauf der Jahrzehnte weiteren Zuwachs und so gesellten sich zu Morticia und Gomez die gemeingefährlichen Kinder Wednesday und Pugsley, sowie Granma Frump und Onkel Fester. Der stumme Butler Lurch gehörte von Anfang an zur Grundausstattung.
Insgesamt wurden zwischen 1938 und 1988 nur rund 150 Cartoons veröffentlicht, die meisten im Zeitraum 1941-63. Das ist enorm wenig und erklärt natürlich nicht den nachhaltigen Erfolg. Der kam erst 1963 mit der Fernsehserie „The Addams Family“, die Chas bis ins Detail selbst schuf. Er schrieb die Drehbücher (in die er sich von niemandem reinreden ließ), designte Kostüme und malte sogar die Kulissen. Die Zweitverwertung kam dann über zahlreiche Werbeaufträge und einige sehr erfolgreiche Sammelbände. Die Kinoverfilmungen hat Chas nicht mehr erlebt.
„Das Familienalbum“ versammelt nicht nur alle 150 bekannten Cartoons, sondern noch einmal fast so viele Bleistiftentwürfe aus Addams Nachlass, die zum Teil noch nie veröffentlicht wurden. Es sind keine Reinzeichnungen, sondern Skizzen, die aber mindestens so böse sind, wie die publizierten. In einigen Fällen hatte ich sogar den Eindruck, dass Chas Addams sie in seinem eigenen moralischen Giftschrank sicher verstaut hatte. Eine weitere Quelle für das umfangreiche Bildmaterial sind Werbecartoons und Buchtitel.
Die Begleittexte sind höchst informativ und zum Verständnis einiger Szenen sogar unumgänglich, denn manchmal beziehen sie sich auf Tagesgeschehen oder biografische Hintergründe, die heute nicht (mehr) geläufig sind. Bei einigen wenigen Cartoons habe ich dennoch die Pointe nicht wirklich verstanden, allerdings will ich nicht ausschließen, dass ich irgend ein Detail übersehen habe. Manchmal liegt der Witz nämlich in einer winzigen Kleinigkeit im Bild, was für Addams Humor typisch ist. Es lohnt sich auf jeden Fall, in jeder Szene auf die Suche zu gehen. Der Grad der moralischen Abweichung von der Norm, die Addams mit der Liebenswürdigkeit eines Zimmerkellners serviert, ist teilweise atemberaubend. Man muss sich das mal vor Augen führen: Diese Ungeheuerlichkeiten erschienen um 1940! Kinder, die einen Wettbewerb daraus machen, wer wen zuerst vergiftet. Eltern, die um Mitternacht zu einem lauschigen Spaziergang auf den Friedhof aufbrechen. Ein Onkel Fester, der die Spitzen des Gartenzauns noch einmal säuberlich nachschleift, während die Nachbarn ihre Rosen schneiden. Das war gewagt und wäre es selbst heute noch. Addams zelebriert dabei die Andersartigkeit als eine andere Art der Normalität, denn es nicht etwa so, dass Wednesday und Pugsley sich ihre Mordversuche übelnähmen. Nein, sie genießen sie und beide haben ihren Spaß bei der Sache. Wenn Gomez seine Frau fragt: „Bist du unglücklich“ und sie antwortet: „Ja Schatz, wunschlos unglücklich!“, dann ist das nicht als Klage gemeint.
Addams schräger Humor funktioniert auch nach 80 Jahren in großen Teilen immer noch, denn Humor hat immer etwas mit Tabubrüchen zu tun. Die Tabus, mit denen die Addams Family jongliert, die sind geradezu zeitlos und daher habe ich auch für die nächsten 80 Jahren keine Sorge.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)