HarperCollins is proud to present its new range of best-loved, essential classics.
'I want - I want somehow to get away with you into a world where words like that - categories like that - won't exist. Where we shall be simply two human beings who love each other, who are the whole of life to each other; and nothing else on earth will matter.'
Newland Archer, a successful and charming young lawyer conducts himself by the rules and standards of the polite, upper class New York society that he resides in. Happily engaged to the pretty and conventional May Welland, his attachment guarantees his place in this rigid world of the elite.
However, the arrival of May's cousin, the exotic and beautiful European Countess Olenska throws Newland's life upside down. A divorcee, Olenska is ostracised by those around her, yet Newland is fiercely drawn to her wit, determination and willingness to flout convention. With the Countess, Newland is freed from the limitations that surround him and truly begins to 'feel' for the first time.
Wharton's subtle exposé of the manners and etiquette of 1870s New York society is both comedic, subtle, satirical and cynical in style and paints an evocative picture of a man torn between his passion and his obligation.
'I want - I want somehow to get away with you into a world where words like that - categories like that - won't exist. Where we shall be simply two human beings who love each other, who are the whole of life to each other; and nothing else on earth will matter.'
Newland Archer, a successful and charming young lawyer conducts himself by the rules and standards of the polite, upper class New York society that he resides in. Happily engaged to the pretty and conventional May Welland, his attachment guarantees his place in this rigid world of the elite.
However, the arrival of May's cousin, the exotic and beautiful European Countess Olenska throws Newland's life upside down. A divorcee, Olenska is ostracised by those around her, yet Newland is fiercely drawn to her wit, determination and willingness to flout convention. With the Countess, Newland is freed from the limitations that surround him and truly begins to 'feel' for the first time.
Wharton's subtle exposé of the manners and etiquette of 1870s New York society is both comedic, subtle, satirical and cynical in style and paints an evocative picture of a man torn between his passion and his obligation.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2015Eine Mädchenseele, die nichts weiß und alles erwartet
Tête-à-tête unter Mumien: Edith Whartons in mancherlei Hinsicht problematischer Liebesverzichtsroman "Zeit der Unschuld" strahlt in der Neuübersetzung von Andrea Ott mit frischer Ironie.
Von Werner von Koppenfels
Das Bild, dem Edith Whartons berühmtester Roman seinen Namen verdankt, stammt von Joshua Reynolds und hängt in der Tate Gallery. Abgebildet ist ein herziges kleines Mädchen, das barfuß und weißgewandet im Gras sitzt und pausbäckig ins Leben schaut. Die Viktorianer machten es unter dem Titel "The Age of Innocence" zu einer Ikone der heilen Kindheit und kopierten es fleißig.
Der Verdacht, dass Wharton dieses Etikett ihrer resignativen Ehegeschichte von 1920 ironisch angeheftet hat, liegt nahe. Der Titel verweist nebenher auch auf das "Gilded Age" der opulenten New Yorker Gesellschaft, die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts, in denen der Roman spielt; und das reimt nun wieder mit "gilded cage", dem vergoldeten Käfig als Hort vermeintlicher Unschuld. Es war das Milieu, aus dem Wharton selbst stammte und von dem sie sich in ihrer Wahlheimat Frankreich befreite und freischrieb. Wie bei ihrem Freund und Mentor Henry James ist der Gegensatz zwischen Alter und (nicht mehr ganz) Neuer Welt für die Handlung ausschlaggebend.
Die blonde Unschuld des Romans, ein perfektes Erzeugnis der vermögenden Gesellschaft, trägt den frühlingshaften Namen May Welland und strahlt von Reinheit und Helle in einer "Welt blasser Artigkeiten", eine Mädchenseele, die "nichts weiß und alles erwartet". Alles erwartet sie von der Heirat mit ihrem Verlobten Newland Archer, dem eher unterbeschäftigten Juniorpartner einer besseren Anwaltskanzlei, der sich, welterfahren, wie er zu sein meint, schon darauf freut, sie durch das erwachsene Leben zu führen. Aber es kommt anders. Schuld ist die Dark Lady der Geschichte, Mays skandalumwitterte Cousine Ellen Olenska, die soeben aus Europa eingereist ist und in der Oper "etwas mehr Schulter und Busen zeigte, als New York zu sehen gewohnt war".
Ihre europäische Aura von Freiheit und Exotismus zieht Newland mehr und mehr in Bann, und der Vorgeschmack des so fest geplanten Eheglücks wird ihm darüber schal. Er ertappt sich dabei, wie er May mit den Augen eines Fremden betrachtet: "Das Blut, das so dicht unter ihrer hellen Haut floss, war wohl eher ein harmlos flüssiges Element." Seine anstößige Liebe zur ,Anderen' trifft zwar zunehmend auf Ermutigung, bis hin zu ihrem erotischen Höhepunkt, dem Aufknöpfen eines Handschuhs mit folgendem Handkuss, "als küßte er eine Reliquie". Doch zugleich wird sie in einem raffinierten Kammerspiel gesellschaftlicher Impulse hintertrieben, vor allem durch Newlands eigenes Schwanken und Mays untrüglichen Instinkt für das Schickliche. Seine Rückzüge in die Bibliothek und das gelegentliche Aufreißen eines Fensters, wenn er zu ersticken droht, reichen nicht aus zur Selbstbefreiung.
Der auf seinen Wunsch vorverlegte Hochzeitstermin wird genau in dem Moment zur Falle, wo er Bedenkzeit dringend brauchte, und als er sich endlich zu seiner Liebe bekennen will, teilt ihm May mit, sie erwarte ein Kind. Das letzte Tête-à-tête mit Ellen findet unter Mumien und Sarkophagen im Metropolitan Museum statt. Whartons Symbolismus, siehe Mays "zerrissenes und beschmutztes Hochzeitskleid", ist nicht so raffiniert wie der von Henry James, aber er prägt sich ein.
Am Ende ein Zeitsprung von 26 Jahren: Rückblick auf eine glanzlose Karriere - Theodore Roosevelt (ein guter Bekannter der Autorin) hat Newland eigenhändig in die Politik geholt - und auf ein pflichtgemäßes Eheleben. May ist inzwischen gestorben, die Alte Welt hat sich gewandelt, und der Sohn verkörpert den Schwung einer zupackenden neuen Generation. Wie seine Mutter ahnt er das Opfer des Vaters, entführt ihn nach Paris zu einem Wiedersehen mit Ellen, zeigt ihm von der Straße aus ihre Wohnung im vierten Stock eines Mietshauses. Newland geht nicht hinauf.
Andrea Ott, die zu Recht gerühmte Neuübersetzerin englischsprachiger Klassiker, zeigt viel Sinn für das brillante Ironiespiel, das die Erzählerin mit ihrem entscheidungsschwachen Helden und der vieillesse dorée seiner Umgebung treibt. Gelegentlich mischt sie dem Witz der Vorlage noch etwas Pfeffer bei; so, wenn sie den "virginal frame" von Newlands unverheirateter Schwester zum "jungfräulichen Knochengerüst" macht oder im Eherückblick das "courting" zur "kurzen Balzphase"; in der älteren, keineswegs ungenießbaren Fassung, die bei Piper oft aufgelegt wurde, hieß es noch "Liebesfrühling". Auch das Nachwort von Paul Ingendaay und die nur gelegentlich ausufernden Anmerkungen sind ein Gewinn der neuen Ausgabe.
P.S. Zwischen Handlungszeit und Veröffentlichung des Romans fällt die historische Zäsur eines Weltkriegs. Man sucht im Subtext von "Zeit der Unschuld" vergeblich nach Hinweisen auf diese andere Zeit. Die Gesellschaftssatire fällt, was die Hauptfiguren betrifft, eher milder aus als in Whartons früheren Romanen. Die Autorin hatte die Kriegsjahre in Frankreich verbracht und sich leidenschaftlich für die Sache der Wahlheimat und für einen Kriegseintritt der Vereinigten Staaten eingesetzt. 1923, nach dem Pulitzer-Preis, erschien dann ihr Roman "A Son at the Front". Dort rechtfertigt eine Mutter aus tiefster Trauer heraus den Tod ihres Sohnes als Opfer für die Rettung der Zivilisation. Selbst ein Chauvinist wie Kipling war damals schon weiter. Aber er hatte ja wirklich einen Sohn an der Front verloren.
Edith Wharton: "Zeit der Unschuld". Roman.
Aus dem Englisch von Andrea Ott. Nachwort von Paul Ingendaay. Manesse Verlag, München 2015. 394 S., geb., 26,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Tête-à-tête unter Mumien: Edith Whartons in mancherlei Hinsicht problematischer Liebesverzichtsroman "Zeit der Unschuld" strahlt in der Neuübersetzung von Andrea Ott mit frischer Ironie.
Von Werner von Koppenfels
Das Bild, dem Edith Whartons berühmtester Roman seinen Namen verdankt, stammt von Joshua Reynolds und hängt in der Tate Gallery. Abgebildet ist ein herziges kleines Mädchen, das barfuß und weißgewandet im Gras sitzt und pausbäckig ins Leben schaut. Die Viktorianer machten es unter dem Titel "The Age of Innocence" zu einer Ikone der heilen Kindheit und kopierten es fleißig.
Der Verdacht, dass Wharton dieses Etikett ihrer resignativen Ehegeschichte von 1920 ironisch angeheftet hat, liegt nahe. Der Titel verweist nebenher auch auf das "Gilded Age" der opulenten New Yorker Gesellschaft, die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts, in denen der Roman spielt; und das reimt nun wieder mit "gilded cage", dem vergoldeten Käfig als Hort vermeintlicher Unschuld. Es war das Milieu, aus dem Wharton selbst stammte und von dem sie sich in ihrer Wahlheimat Frankreich befreite und freischrieb. Wie bei ihrem Freund und Mentor Henry James ist der Gegensatz zwischen Alter und (nicht mehr ganz) Neuer Welt für die Handlung ausschlaggebend.
Die blonde Unschuld des Romans, ein perfektes Erzeugnis der vermögenden Gesellschaft, trägt den frühlingshaften Namen May Welland und strahlt von Reinheit und Helle in einer "Welt blasser Artigkeiten", eine Mädchenseele, die "nichts weiß und alles erwartet". Alles erwartet sie von der Heirat mit ihrem Verlobten Newland Archer, dem eher unterbeschäftigten Juniorpartner einer besseren Anwaltskanzlei, der sich, welterfahren, wie er zu sein meint, schon darauf freut, sie durch das erwachsene Leben zu führen. Aber es kommt anders. Schuld ist die Dark Lady der Geschichte, Mays skandalumwitterte Cousine Ellen Olenska, die soeben aus Europa eingereist ist und in der Oper "etwas mehr Schulter und Busen zeigte, als New York zu sehen gewohnt war".
Ihre europäische Aura von Freiheit und Exotismus zieht Newland mehr und mehr in Bann, und der Vorgeschmack des so fest geplanten Eheglücks wird ihm darüber schal. Er ertappt sich dabei, wie er May mit den Augen eines Fremden betrachtet: "Das Blut, das so dicht unter ihrer hellen Haut floss, war wohl eher ein harmlos flüssiges Element." Seine anstößige Liebe zur ,Anderen' trifft zwar zunehmend auf Ermutigung, bis hin zu ihrem erotischen Höhepunkt, dem Aufknöpfen eines Handschuhs mit folgendem Handkuss, "als küßte er eine Reliquie". Doch zugleich wird sie in einem raffinierten Kammerspiel gesellschaftlicher Impulse hintertrieben, vor allem durch Newlands eigenes Schwanken und Mays untrüglichen Instinkt für das Schickliche. Seine Rückzüge in die Bibliothek und das gelegentliche Aufreißen eines Fensters, wenn er zu ersticken droht, reichen nicht aus zur Selbstbefreiung.
Der auf seinen Wunsch vorverlegte Hochzeitstermin wird genau in dem Moment zur Falle, wo er Bedenkzeit dringend brauchte, und als er sich endlich zu seiner Liebe bekennen will, teilt ihm May mit, sie erwarte ein Kind. Das letzte Tête-à-tête mit Ellen findet unter Mumien und Sarkophagen im Metropolitan Museum statt. Whartons Symbolismus, siehe Mays "zerrissenes und beschmutztes Hochzeitskleid", ist nicht so raffiniert wie der von Henry James, aber er prägt sich ein.
Am Ende ein Zeitsprung von 26 Jahren: Rückblick auf eine glanzlose Karriere - Theodore Roosevelt (ein guter Bekannter der Autorin) hat Newland eigenhändig in die Politik geholt - und auf ein pflichtgemäßes Eheleben. May ist inzwischen gestorben, die Alte Welt hat sich gewandelt, und der Sohn verkörpert den Schwung einer zupackenden neuen Generation. Wie seine Mutter ahnt er das Opfer des Vaters, entführt ihn nach Paris zu einem Wiedersehen mit Ellen, zeigt ihm von der Straße aus ihre Wohnung im vierten Stock eines Mietshauses. Newland geht nicht hinauf.
Andrea Ott, die zu Recht gerühmte Neuübersetzerin englischsprachiger Klassiker, zeigt viel Sinn für das brillante Ironiespiel, das die Erzählerin mit ihrem entscheidungsschwachen Helden und der vieillesse dorée seiner Umgebung treibt. Gelegentlich mischt sie dem Witz der Vorlage noch etwas Pfeffer bei; so, wenn sie den "virginal frame" von Newlands unverheirateter Schwester zum "jungfräulichen Knochengerüst" macht oder im Eherückblick das "courting" zur "kurzen Balzphase"; in der älteren, keineswegs ungenießbaren Fassung, die bei Piper oft aufgelegt wurde, hieß es noch "Liebesfrühling". Auch das Nachwort von Paul Ingendaay und die nur gelegentlich ausufernden Anmerkungen sind ein Gewinn der neuen Ausgabe.
P.S. Zwischen Handlungszeit und Veröffentlichung des Romans fällt die historische Zäsur eines Weltkriegs. Man sucht im Subtext von "Zeit der Unschuld" vergeblich nach Hinweisen auf diese andere Zeit. Die Gesellschaftssatire fällt, was die Hauptfiguren betrifft, eher milder aus als in Whartons früheren Romanen. Die Autorin hatte die Kriegsjahre in Frankreich verbracht und sich leidenschaftlich für die Sache der Wahlheimat und für einen Kriegseintritt der Vereinigten Staaten eingesetzt. 1923, nach dem Pulitzer-Preis, erschien dann ihr Roman "A Son at the Front". Dort rechtfertigt eine Mutter aus tiefster Trauer heraus den Tod ihres Sohnes als Opfer für die Rettung der Zivilisation. Selbst ein Chauvinist wie Kipling war damals schon weiter. Aber er hatte ja wirklich einen Sohn an der Front verloren.
Edith Wharton: "Zeit der Unschuld". Roman.
Aus dem Englisch von Andrea Ott. Nachwort von Paul Ingendaay. Manesse Verlag, München 2015. 394 S., geb., 26,95 [Euro].
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