Der Pop Art-Künstler Claes Oldenburg sagte einmal über Graffiti: »Du stehst in der U-Bahn, alles ist grau und düster – und plötzlich hält einer dieser Graffiti-Züge und erhellt den Platz wie ein großer Blumenstrauß aus Lateinamerika.« Obwohl dieser Blumenstrauß eigentlich aus der Bronx kam, spiegelt das Zitat die Faszination wider, die der Fotograf Jon Naar in seinen gefeierten Fotografien festgehalten hat: Die Graffiti-Kultur in New York, die sich von dort aus über den gesamten Erdball verbreitet hat. »The Birth of Graffiti« zeigt die New Yorker Graffiti- Szene der 1970er Jahre mit vielen bisher unveröffentlichten, einzigartigen Fotos.
Es gab eine Zeit, da hießen Graffiti in Amerika noch "Writings"; da ging es freilich auch nicht um die Dekoration von Fassaden - ob zum Guten oder Schlechten -, sondern um Botschaften. Vor allem die Waggons der New Yorker Subway dienten als eine Art Pinnwand für Nachrichten. Zunächst sagten die Texte bloß: Ich war hier. Später wurden sie gehaltvoller, noch später für den Nichteingeweihten ganz und gar kryptisch. Der Fotograf Jon Naar war zu dieser Zeit, den frühen Siebzigern, in New York unterwegs. Ohne die Bedeutung der "Writings" zu kennen, faszinierten ihn deren grafische Reize. Jetzt sind seine Aufnahmen als Buch erschienen - als Dokument einer Kunst, die längst wieder überpinselt ist. (F.L.)
"The Birth of Graffiti" von Jon Naar. Prestel Verlag, München 2007. 192 Seiten, 150 Abbildungen. Broschiert, 19,95 Euro.
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