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Michel Morange updates the history of molecular biology at a moment when scientists are making big strides in genetic engineering and exploring new avenues, from epigenetics to systems biology. Morange places the latest findings and ideas in historical context, describing in accessible terms how transformative the molecular revolution has been.

Produktbeschreibung
Michel Morange updates the history of molecular biology at a moment when scientists are making big strides in genetic engineering and exploring new avenues, from epigenetics to systems biology. Morange places the latest findings and ideas in historical context, describing in accessible terms how transformative the molecular revolution has been.
Autorenporträt
Michel Morange
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.04.2021

Bewegung im Begriff des Lebens
Ein Praktiker als umsichtiger Historiker: Michel Morange legt eine ausgezeichnete Geschichte der Molekularbiologie vor

"Ob Sie es nun mögen oder nicht, die Molekularbiologie ist immer noch da, und ihre Geschichte bleibt für alle Biologen von grundlegender Bedeutung." Mit diesem Satz endet ein Buch, das in mehrerer Hinsicht bemerkenswert ist. Michel Morange, sein Autor, war praktizierender Molekularbiologe, zunächst im Labor des Nobelpreisträgers François Jacob am Institut Pasteur, später an der Ecole Normale Supérieure in Paris. Zugleich befasste - und befasst - er sich professionell mit der Geschichte der Lebenswissenschaften im zwanzigsten Jahrhundert, durchaus in der Tradition seines einstigen Mentors.

Der eingangs zitierte Satz mag apologetisch klingen, er hat jedoch einen Subtext. Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte ist eine Tendenz in den Biowissenschaften selbst zu beobachten, eine Revolution nach der anderen zu proklamieren - von der Genetik zur Genomik und zur Postgenomik; von analytischer zu synthetischer Biologie, von hypothesengetriebener zu datengetriebener Forschung, von reduktionistischer zu holistischer Biologie, um nur die prominentesten dieser Umstürze zu nennen. Philosophen, Historiker und Soziologen der Wissenschaft sind auf den Zug aufgesprungen und haben durch ihre Rezeption der "Propagandaschriften", die diese "Wenden" begleiteten, das Echo dieser Rufe noch verstärkt.

Michel Morange hat den unschätzbaren Vorteil eines Praktikers, der sich in den späten sechziger Jahren der Molekularbiologie zuwandte und deren Entwicklung seit nunmehr einem halben Jahrhundert selbst erfahren und aus der Nähe beobachtet hat. So ergibt sich ein nuanciertes Bild der Entstehung der Molekularbiologie und ihres stürmischen Aufstiegs sowie eine feinkörnige Erfassung der dadurch ermöglichten Differenzierungen der biowissenschaftlichen Felder mit all ihren Kontinuitäten und Brüchen.

Die ersten drei Teile des Buches fassen zusammen, was man die Standardgeschichte der Molekularbiologie nennen könnte. Den Auftakt macht eine konzise Beschreibung der technischen, begrifflichen und wissenschaftspolitischen Entwicklungen, die zu jener außerordentlichen biowissenschaftlichen Konjunktur führten, für die nach dem Zweiten Weltkrieg der Begriff der Molekularbiologie geläufig wurde. Der zweite Teil ist den tiefgreifenden Änderungen während der langen 1950er Jahre gewidmet, an deren einem Ende die Darstellung der Struktur der DNA-Doppelhelix und an deren anderem Ende die Entzifferung des genetischen Codes standen. Dazwischen zeichneten sich die ersten Umrisse der molekularen Prozesse der Verdopplung, der Transkription und der Übersetzung der genetischen Information ab. In diesem Jahrzehnt erhielt der Begriff der genetischen Information jene Bedeutung, die der weiteren Entwicklung der molekularen Genetik zugrunde liegen sollte.

Der dritte Teil schließlich wendet sich den Anfängen der Gentechnologie in den siebziger und achtziger Jahren zu. Diese Periode war geprägt von dem Umstand, dass die in den vorangegangenen zwei Jahrzehnten charakterisierten Biomoleküle selbst zu Werkzeugen molekularer Forschung umgeformt wurden. Damit eröffnete sich die Möglichkeit, nicht nur das genetische Material von Viren und Bakterien, sondern bald auch von Pflanzen und Tieren einschließlich des Menschen zu biotechnologischen und medizinischen Zwecken zu manipulieren, mit all den ethischen Herausforderungen, die sich seither daran geknüpft haben.

Für die Zeit zwischen 1930 und 1980 ist mittlerweile eine reichhaltige historische, philosophische und soziologische Literatur verfügbar, auf die sich Morange bei der Ausführung seines Panoramas dieses halben Jahrhunderts stützen konnte und zu der er selbst ja auch Entscheidendes beitrug. Nicht so für den letzten Teil des Buches, der ein Bild der Entwicklung der molekularen Biologie in allen ihren Verzweigungen von den achtziger Jahren bis zur Gegenwart zu zeichnen versucht. Es ist eine Herausforderung, einen solchen Überblick zu geben, ohne dabei auf die faszinierenden Details zu verzichten, die immer neue begriffliche und technische Probleme mit sich brachten. Das ist Morange perfekt gelungen. Man findet bei ihm konzise Kapitel unter anderem über die jüngsten Entwicklungen in der Proteinstruktur-Forschung, über die neue Blüte der Entwicklungsbiologie und ihre Auswirkungen auf das Verständnis der molekularen Evolution sowie über die erst in letzter Zeit erschlossene molekulare Welt der kleinen regulatorischen Ribonukleinsäuren, die nicht zuletzt auch ganz neue biotechnologische Aussichten eröffneten - unter ihnen die Gen-Schere Crispr-Cas9. Sie werden ergänzt durch in sich geschlossene, kompakte Einschübe zur Epigenetik, zur Systembiologie und zur Synthetischen Biologie.

Jedes dieser Kapitel ist eine präzise Miniatur, ein historisch informierter Überblick über die wichtigsten Befunde und die mit ihnen verbundene Literatur. Der Leser wird so hineingeführt in diesen anhaltenden Prozess der Erschließung von Neuland in den Lebenswissenschaften unserer Zeit mit ihren Überraschungen und Enttäuschungen, aber auch ihren ständigen Konfrontationen, die das etablierte Wissen in Frage stellen und Verschiebungen erzwingen, die vor einer Generation noch undenkbar erschienen. Das beste Beispiel dafür ist die Epigenetik.

Anstatt aber ein Tableau aufeinanderfolgender revolutionärer Kataklysmen vor uns auszubreiten, führt uns Moranges Bericht eine kontinuierliche Geschichte von nicht voraussehbaren Mikrorevolutionen vor Augen, von denen einige eng begrenzt blieben, andere sich in kapillarer Weise ausbreiteten und wieder andere - vor allem technischer Natur - früher Etabliertes einfach ersetzten. Morange gelingt es hier, zwischen den zwei Polen wissenschaftlichen Fortschrittsdenkens - revolutionärer Diskontinuität auf der einen und kumulativem Zuwachs auf der anderen Seite - einen gangbaren dritten Weg zu finden. Das resultierende dynamische Bild ist umso überzeugender, als es beide historiographischen Zerrbilder konsequent vermeidet. Die Botschaft heißt: Die molekulare Vision der Lebensvorgänge, die sich um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts herausbildete, hat den Test der Zeit bestanden. Sie hat aber gleichzeitig immer neue Facetten dieser Vorgänge freigelegt und wird ihnen in absehbarer Zukunft zweifellos weitere hinzufügen. Eine von ihnen erleben wir gerade: Es ist ein RNA-basierter Impfstoff.

HANS-JÖRG RHEINBERGER

Michel Morange:

"The Black Box of Biology". A History of the Molecular Revolution. Aus dem Französischen von Matthew Cobb. Harvard University Press, Cambridge/London 2020. 528 S., geb., 35,99 [Euro].

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