One of the most widely read and controversial works of the Harlem Renaissance, The Blacker the Berry... was the first novel to openly explore prejudice within the Black community. This pioneering novel found a way beyond the bondage of Blackness in American life to a new meaning in truth and beauty. Emma Lou Brown's dark complexion is a source of sorrow and humiliation - not only to herself, but to her lighter-skinned family and friends and to the white community of Boise, Idaho, her hometown. As a young woman, Emma travels to New York's Harlem, hoping to find a safe haven in the Black Mecca of the 1920s. Wallace Thurman re-creates this legendary time and place in rich detail, describing Emma's visits to nightclubs and dance halls and house-rent parties, her sex life and her catastrophic love affairs, her dreams and her disillusions - and the momentous decision she makes in order to survive. A lost classic of Black American literature, The Blacker the Berry... is a compelling portrait of the destructive depth of racial bias in this country. A new introduction by Shirlee Taylor Haizlip, author of The Sweeter the Juice, highlights the timelessness of the issues of race and skin color in America.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2022Schock für weiße wie für schwarze Spießer
Ein tabubrechendes Werk der Harlem Renaissance erscheint erstmals auf Deutsch: Wallace Thurmans Roman "The Blacker the Berry" aus dem Jahr 1929
Emma Lou ist als Einzige in ihrer Klasse der Boise Highschool schwarz. Allerdings ist sie nicht nur ein afroamerikanisches Mädchen, das in den Zehnerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Idaho aufwächst. Dorthin war ihre Familie noch vor Abschaffung der Sklaverei gezogen, als Nachfahren freigelassener Sklaven mit einigem Blut jener Plantagenbesitzer in ihren Adern, die schwarze Frauen geschwängert hatten. Nein, Emma Lou, die Hauptfigur in Wallace Thurmans Roman "The Blacker the Berry" aus dem Jahr 1929, ist nicht nur die einzige Schwarze, sie ist noch dazu so unglaublich schwarz, dass sich ihre Familie ebenso von ihr abwendet wie später immer wieder andere Afroamerikaner (die damals noch nicht so genannt wurden). Bleichmittel, Schälkuren, alles hatten Mutter und Großmutter und später sie selbst ausprobiert, aber Emma blieb nachtglänzend schwarz.
Ob auch Weiße zwischen ihr, dem tiefschwarzen Mädchen aus der Provinz, und anderen Schwarzen hellerer Hauttönung unterscheiden, ist ohne Belang. Die Rolle der Weißen ist subkutan: als Messlatte für nahezu alles und als Vorbild für sehr hellhäutige Schwarze, die in die weiße Welt hinübergleiten wollen, ohne erkannt zu werden - ein Phänomen, das Nella Larson in ihrem Roman "Passing" zum selben Zeitpunkt beschreibt und aus dem kürzlich ein bemerkenswerter Netflix-Film wurde. Weißes Personal gibt es in Wallace Thurmans Roman kaum, nur eine Schauspielerin in New York, für die Emma eine Weile arbeitet, und ein paar zahlungskräftige Gäste in den Harlemer Nachtklubs, deren Besuch sich die Anwohner kaum leisten können.
In Boise leben nur wenige Schwarze, und Emmas Familie ist darauf bedacht, ihre soziale Stellung als herausragende Vertreterin der Schwarzen zu behaupten. "In ihren Adern floss etwas vom besten Blut der Südstaaten", schreibt Thurman mit beißendem Sarkasmus, "sie waren eng verwandt mit den einzigen wirklichen Aristokraten der Vereinigten Staaten! Sogar die Sklavenhalter hatten ihre Überlegenheit gesehen und in gewissem Maße anerkannt. Von Geburt an machte der Tropfen von Master Georges Blut in ihren Adern sie zu etwas Besonderem . . . Daher taten ihre Nachfahren nur recht daran, diese natürliche Teilung der schwarzen Gesellschaft fortzuführen und sie vor unwillkommenen und verkommenen Eindringlingen zu bewahren. Ihr Motto musste sein: 'Immer weißer von Generation zu Generation', bis die Enkel der Blaublütigen in der white race aufgegangen und vollständig assimiliert wären und damit das Problem der race für sie ein für alle Male gelöst wäre."
Dass "race" hier "wegen der negativen Konnotation im Deutschen", wie die Übersetzerin Heddi Feilhauer in ihren Anmerkungen schreibt, unübersetzt bleibt, wirkt für einen literarischen Text nicht angemessen. Thurman nahm seinerseits keinerlei Rücksichten, und gerade in diesem Zitat ist sein Gebrauch des Worts eindeutig mit all den negativen Konnotationen behaftet, die auch das Deutsche dafür bereithält. Ist aus Rücksicht auch der Titel gekürzt worden, der im Original heißt: "The Blacker the Berry: A Novel of Negro Life"?
Dass in diese Familie von Hellhäutigen ein tiefschwarzes Kind geboren wird, ist nichts weniger als eine Katastrophe. Deshalb sucht Emma nach einer Kindheit der Schrecken so schnell wie möglich das Weite. Erst nach Los Angeles, wo sie am College ähnliche Erfahrung macht wie zu Hause, nur dass sie dort eine junge Frau kennenlernt, die aus ihrer Dunkelhäutigkeit ganz andere Schlüsse zieht als sie. Dann nach Harlem, wo sie zeitweise in die Künstlerkreise am Rand der Harlem Renaissance eintaucht. Unterwegs hat sich die Ablehnung ihrer schwarzen Haut zum gnadenlosen Selbsthass ausgewachsen, der ihre Träume von einem selbstbestimmten Leben immer wieder sabotiert.
Wallace Thurmans Buch erscheint nun zum ersten Mal auf Deutsch, als bislang einziges seiner Werke, das zwei weitere Romane und ein Theaterstück umfasst. Thurman, so darf vermutet werden, ist bei uns so gut wie unbekannt. Wer war dieser Mann, der ohne Tabu und Schönfärberei über Diskriminierung, Vorurteile und rassistische Ausgrenzung innerhalb der Gemeinschaft schwarzer Amerikaner erzählte? Der sich lustig machte über die Machogebärden der Männer, die sich von immer wieder wechselnden Frauen aushalten lassen, der ihre Lächerlichkeit ebenso beschrieb wie die Grausamkeit der Kinder, die Emma Lou schließlich unterrichtet und die ihr nachrufen: "Ich bin die Schwärzeste im ganzen Land" und sie "Ms Blacker'n me" taufen? Solange Weiß die Farbe von Recht, Macht und Anerkennung ist, wird jeder nach jemandem suchen, der dunkler ist. Für Emma gilt ein nach Nuancen abgestuftes Farbregister der Schwärze, in dem sie ganz am unteren Ende rangiert. Und sie braucht bis auf die letzten Seiten, um zu akzeptieren, dass sie nicht ändern kann, wer sie ist.
Geboren 1902 in Salt Lake City, bereits 1934 in New York an Tuberkulose und dem Alkohol gestorben, muss Wallace Thurman als eine Hauptfigur der Harlem Renaissance gelten, jener Künstlerbewegung um Langston Hughes, Zora Neale Hurston, Aaron Douglas, Nella Larson und andere, die in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts eine schwarze Kultur formten, die sich von weißen Vorbildern lösen und auch schwarze bourgeoise Klischees hinter sich lassen wollte. Ein Schock für die weißen wie die schwarzen Spießer, aber eben auch eine Bewegung, die neben der Literatur, Kunst und Musik die Anthropologie und Soziologie umfasste. Wie in jeder Künstlerbewegung, die auf sich hält, ging es dabei auch um sexuelle Befreiung, grenzenlose Lust am Experiment und eine neue Lebensform. Ob die weiße Gesellschaft ihren Segen dazu gab, interessierte niemanden.
Wallace Thurman kam 1925 nach New York, seinerseits so schwarz, dass, wie Karl Bruckmaier in seinem Nachwort zu diesem Roman schreibt, der Maler und Schriftsteller Richard Bruce Nugent ausrief: "Wie kann der Kerl es wagen, derart kohlrabenschwarz zu sein!" Thurman wusste aus eigener Erfahrung, womit er die Figur der Emma Lou zu konfrontieren hatte, und er gehörte zu den Ersten, die das eigene Schwarzsein und die Stellungskämpfe innerhalb der schwarzen Gemeinschaft literarisch radikal befragten.
Vierzig Jahre nach Thurmans Tod hat Fran Ross die Selbstbezeichnungen der Hautfarben in ihrem Buch "Oreo" aufgelistet (F.A.Z. vom 14. März 2020), das ebenfalls von einem Mädchen am Rand schwarzer Gemeinschaft erzählt, in diesem Fall deshalb randständig, weil es Tochter einer schwarzen Mutter und eines jüdischen Vaters ist. Dieses Buch war eine knallende Satire, an die Wallace Thurman, was die Pointen und den Sprachwitz und die unbändige Lust am Erfinden neuer Wörter und Sprechgesten und Idiosynkrasien angeht, nicht ganz heranreicht. Doch hatte er in seiner Zeit so viele Tabus gebrochen, dass es an ein Wunder grenzt, wie knapp der Roman ausgefallen ist. Und ohne Thurmans unverstellten Blick auf die Fixierung auf Hautschattierungen und die sozialen Abstufungen, denen sie Vorschub leisten, wäre der Weg für seine Nachfahren, etwa Fran Ross, erheblich steiniger gewesen. Heute gelesen, belegt Thurmans Roman einmal mehr, dass Schwarz keine Farbe, sondern eine Zuschreibung ist.
Die Harlem Renaissance und ihre Vertreter bekommen hier nur eine große Szene. Einen Schlüsselroman über sie hat Thurman einige Jahre später, 1932, veröffentlicht: "Infants of the Spring", ein Buch selbstironischer Lust an der Provokation, die aus dem Leben gegriffen war. Wie Thurman und auch Langston Hughes für eine Weile leben dort einige Künstler, deren Realnamen nicht allzu schwer zu entschlüsseln sind, in einem Apartmenthaus in Harlem mit dem Namen "The Niggerati Manor". Einen kurzen Auftritt hat dieses Haus auch in "The Blacker the Berry" - und auch hier ist es keineswegs Verklärung, mit der Thurman von sich und seinen Kollegen erzählt, sondern scharfsinniger Witz, der niemanden schont.
Mit Wallace Thurman wird dem deutschen Publikum nun ein weiterer Autor jener Bewegung bekannt gemacht, die hier vor allem von Zora Neale Hurston vertreten ist, weil einige ihrer Bücher in den vergangenen Jahren neu übersetzt wurden. Wenn auf "The Blacker the Berry" weitere Übersetzungen der Literatur der Harlem Renaissance folgten, könnten sich Leser hier endlich ein vollständigeres Bild der amerikanischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts machen. VERENA LUEKEN
Wallace Thurman: "The Blacker the Berry". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Heddi Feilhauer. Mit einem Nachwort von Karl Bruckmaier. Ebersbach & Simon, Berlin 2021. 224 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein tabubrechendes Werk der Harlem Renaissance erscheint erstmals auf Deutsch: Wallace Thurmans Roman "The Blacker the Berry" aus dem Jahr 1929
Emma Lou ist als Einzige in ihrer Klasse der Boise Highschool schwarz. Allerdings ist sie nicht nur ein afroamerikanisches Mädchen, das in den Zehnerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Idaho aufwächst. Dorthin war ihre Familie noch vor Abschaffung der Sklaverei gezogen, als Nachfahren freigelassener Sklaven mit einigem Blut jener Plantagenbesitzer in ihren Adern, die schwarze Frauen geschwängert hatten. Nein, Emma Lou, die Hauptfigur in Wallace Thurmans Roman "The Blacker the Berry" aus dem Jahr 1929, ist nicht nur die einzige Schwarze, sie ist noch dazu so unglaublich schwarz, dass sich ihre Familie ebenso von ihr abwendet wie später immer wieder andere Afroamerikaner (die damals noch nicht so genannt wurden). Bleichmittel, Schälkuren, alles hatten Mutter und Großmutter und später sie selbst ausprobiert, aber Emma blieb nachtglänzend schwarz.
Ob auch Weiße zwischen ihr, dem tiefschwarzen Mädchen aus der Provinz, und anderen Schwarzen hellerer Hauttönung unterscheiden, ist ohne Belang. Die Rolle der Weißen ist subkutan: als Messlatte für nahezu alles und als Vorbild für sehr hellhäutige Schwarze, die in die weiße Welt hinübergleiten wollen, ohne erkannt zu werden - ein Phänomen, das Nella Larson in ihrem Roman "Passing" zum selben Zeitpunkt beschreibt und aus dem kürzlich ein bemerkenswerter Netflix-Film wurde. Weißes Personal gibt es in Wallace Thurmans Roman kaum, nur eine Schauspielerin in New York, für die Emma eine Weile arbeitet, und ein paar zahlungskräftige Gäste in den Harlemer Nachtklubs, deren Besuch sich die Anwohner kaum leisten können.
In Boise leben nur wenige Schwarze, und Emmas Familie ist darauf bedacht, ihre soziale Stellung als herausragende Vertreterin der Schwarzen zu behaupten. "In ihren Adern floss etwas vom besten Blut der Südstaaten", schreibt Thurman mit beißendem Sarkasmus, "sie waren eng verwandt mit den einzigen wirklichen Aristokraten der Vereinigten Staaten! Sogar die Sklavenhalter hatten ihre Überlegenheit gesehen und in gewissem Maße anerkannt. Von Geburt an machte der Tropfen von Master Georges Blut in ihren Adern sie zu etwas Besonderem . . . Daher taten ihre Nachfahren nur recht daran, diese natürliche Teilung der schwarzen Gesellschaft fortzuführen und sie vor unwillkommenen und verkommenen Eindringlingen zu bewahren. Ihr Motto musste sein: 'Immer weißer von Generation zu Generation', bis die Enkel der Blaublütigen in der white race aufgegangen und vollständig assimiliert wären und damit das Problem der race für sie ein für alle Male gelöst wäre."
Dass "race" hier "wegen der negativen Konnotation im Deutschen", wie die Übersetzerin Heddi Feilhauer in ihren Anmerkungen schreibt, unübersetzt bleibt, wirkt für einen literarischen Text nicht angemessen. Thurman nahm seinerseits keinerlei Rücksichten, und gerade in diesem Zitat ist sein Gebrauch des Worts eindeutig mit all den negativen Konnotationen behaftet, die auch das Deutsche dafür bereithält. Ist aus Rücksicht auch der Titel gekürzt worden, der im Original heißt: "The Blacker the Berry: A Novel of Negro Life"?
Dass in diese Familie von Hellhäutigen ein tiefschwarzes Kind geboren wird, ist nichts weniger als eine Katastrophe. Deshalb sucht Emma nach einer Kindheit der Schrecken so schnell wie möglich das Weite. Erst nach Los Angeles, wo sie am College ähnliche Erfahrung macht wie zu Hause, nur dass sie dort eine junge Frau kennenlernt, die aus ihrer Dunkelhäutigkeit ganz andere Schlüsse zieht als sie. Dann nach Harlem, wo sie zeitweise in die Künstlerkreise am Rand der Harlem Renaissance eintaucht. Unterwegs hat sich die Ablehnung ihrer schwarzen Haut zum gnadenlosen Selbsthass ausgewachsen, der ihre Träume von einem selbstbestimmten Leben immer wieder sabotiert.
Wallace Thurmans Buch erscheint nun zum ersten Mal auf Deutsch, als bislang einziges seiner Werke, das zwei weitere Romane und ein Theaterstück umfasst. Thurman, so darf vermutet werden, ist bei uns so gut wie unbekannt. Wer war dieser Mann, der ohne Tabu und Schönfärberei über Diskriminierung, Vorurteile und rassistische Ausgrenzung innerhalb der Gemeinschaft schwarzer Amerikaner erzählte? Der sich lustig machte über die Machogebärden der Männer, die sich von immer wieder wechselnden Frauen aushalten lassen, der ihre Lächerlichkeit ebenso beschrieb wie die Grausamkeit der Kinder, die Emma Lou schließlich unterrichtet und die ihr nachrufen: "Ich bin die Schwärzeste im ganzen Land" und sie "Ms Blacker'n me" taufen? Solange Weiß die Farbe von Recht, Macht und Anerkennung ist, wird jeder nach jemandem suchen, der dunkler ist. Für Emma gilt ein nach Nuancen abgestuftes Farbregister der Schwärze, in dem sie ganz am unteren Ende rangiert. Und sie braucht bis auf die letzten Seiten, um zu akzeptieren, dass sie nicht ändern kann, wer sie ist.
Geboren 1902 in Salt Lake City, bereits 1934 in New York an Tuberkulose und dem Alkohol gestorben, muss Wallace Thurman als eine Hauptfigur der Harlem Renaissance gelten, jener Künstlerbewegung um Langston Hughes, Zora Neale Hurston, Aaron Douglas, Nella Larson und andere, die in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts eine schwarze Kultur formten, die sich von weißen Vorbildern lösen und auch schwarze bourgeoise Klischees hinter sich lassen wollte. Ein Schock für die weißen wie die schwarzen Spießer, aber eben auch eine Bewegung, die neben der Literatur, Kunst und Musik die Anthropologie und Soziologie umfasste. Wie in jeder Künstlerbewegung, die auf sich hält, ging es dabei auch um sexuelle Befreiung, grenzenlose Lust am Experiment und eine neue Lebensform. Ob die weiße Gesellschaft ihren Segen dazu gab, interessierte niemanden.
Wallace Thurman kam 1925 nach New York, seinerseits so schwarz, dass, wie Karl Bruckmaier in seinem Nachwort zu diesem Roman schreibt, der Maler und Schriftsteller Richard Bruce Nugent ausrief: "Wie kann der Kerl es wagen, derart kohlrabenschwarz zu sein!" Thurman wusste aus eigener Erfahrung, womit er die Figur der Emma Lou zu konfrontieren hatte, und er gehörte zu den Ersten, die das eigene Schwarzsein und die Stellungskämpfe innerhalb der schwarzen Gemeinschaft literarisch radikal befragten.
Vierzig Jahre nach Thurmans Tod hat Fran Ross die Selbstbezeichnungen der Hautfarben in ihrem Buch "Oreo" aufgelistet (F.A.Z. vom 14. März 2020), das ebenfalls von einem Mädchen am Rand schwarzer Gemeinschaft erzählt, in diesem Fall deshalb randständig, weil es Tochter einer schwarzen Mutter und eines jüdischen Vaters ist. Dieses Buch war eine knallende Satire, an die Wallace Thurman, was die Pointen und den Sprachwitz und die unbändige Lust am Erfinden neuer Wörter und Sprechgesten und Idiosynkrasien angeht, nicht ganz heranreicht. Doch hatte er in seiner Zeit so viele Tabus gebrochen, dass es an ein Wunder grenzt, wie knapp der Roman ausgefallen ist. Und ohne Thurmans unverstellten Blick auf die Fixierung auf Hautschattierungen und die sozialen Abstufungen, denen sie Vorschub leisten, wäre der Weg für seine Nachfahren, etwa Fran Ross, erheblich steiniger gewesen. Heute gelesen, belegt Thurmans Roman einmal mehr, dass Schwarz keine Farbe, sondern eine Zuschreibung ist.
Die Harlem Renaissance und ihre Vertreter bekommen hier nur eine große Szene. Einen Schlüsselroman über sie hat Thurman einige Jahre später, 1932, veröffentlicht: "Infants of the Spring", ein Buch selbstironischer Lust an der Provokation, die aus dem Leben gegriffen war. Wie Thurman und auch Langston Hughes für eine Weile leben dort einige Künstler, deren Realnamen nicht allzu schwer zu entschlüsseln sind, in einem Apartmenthaus in Harlem mit dem Namen "The Niggerati Manor". Einen kurzen Auftritt hat dieses Haus auch in "The Blacker the Berry" - und auch hier ist es keineswegs Verklärung, mit der Thurman von sich und seinen Kollegen erzählt, sondern scharfsinniger Witz, der niemanden schont.
Mit Wallace Thurman wird dem deutschen Publikum nun ein weiterer Autor jener Bewegung bekannt gemacht, die hier vor allem von Zora Neale Hurston vertreten ist, weil einige ihrer Bücher in den vergangenen Jahren neu übersetzt wurden. Wenn auf "The Blacker the Berry" weitere Übersetzungen der Literatur der Harlem Renaissance folgten, könnten sich Leser hier endlich ein vollständigeres Bild der amerikanischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts machen. VERENA LUEKEN
Wallace Thurman: "The Blacker the Berry". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Heddi Feilhauer. Mit einem Nachwort von Karl Bruckmaier. Ebersbach & Simon, Berlin 2021. 224 S., geb., 22,- Euro.
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