Meistens ist es ja so, dass man zuerst ein Buch liest und sich dann die Verfilmung ansieht und normalerweise halte ich mich strikt an dieses Muster. The Chosen bildet dabei - was auch den Veröffentlichungszeitpunkten der Staffeln und der begleitenden Romane liegt - eine Ausnahme, die mir wieder und
wieder vor Augen führt, dass ein "Buch zum Film" tatsächlich eine echte Bereicherung sein kann.…mehrMeistens ist es ja so, dass man zuerst ein Buch liest und sich dann die Verfilmung ansieht und normalerweise halte ich mich strikt an dieses Muster. The Chosen bildet dabei - was auch den Veröffentlichungszeitpunkten der Staffeln und der begleitenden Romane liegt - eine Ausnahme, die mir wieder und wieder vor Augen führt, dass ein "Buch zum Film" tatsächlich eine echte Bereicherung sein kann. Diese Erfahrung, die ich bereits beim ersten Band, "Ich habe dich bei deinem Namen gerufen" gemacht habe, hat auch jetzt wieder mein Lesen von "Komm und sieh selbst" begleitet.
In der Verschriftlichung der zweiten Staffel weiteren Neuzugängen der Gruppe um Jesus, zu der aus der Bibel bekannte Figuren wie die Jünger, aber auch verschiedene Frauen gehören. (Was ich als absolutes Plus empfunden habe!) Dabei werden manche Charaktere, die einem eigentlich aus den Evangelien vertraut sind, in völlig neue Geschichten gesteckt oder aus einem so neuen Licht präsentiert, dass man sie kaum wieder erkennt. Gleichzeitig wird nicht vergessen, dass es sich um Menschen handelt, mit Schwächen, Streitigkeiten, Eifersüchten... Durch diese Darstellung der Gruppe wirkt der Roman unglaublich lebendig und nahbar.
Während das Ziel der Macher von "The Chosen" ist, bei ihrem Publikum den Appetit für die Bibel zu wecken, haben mir hier wieder, wie schon im ersten Band, die Verweise auf die "Bezugs-Bibelstellen" gefehlt, wobei sie dieses Mal einfacher zu erkennen sind - auch, weil es nicht mehr so sehr um den grandiosen Auftakt des "Jesus-Epos" geht, sondern um das Erzählen der Geschichte, die vertrauten Spuren folgt. In seinen Geschichten ist der zweite Roman außerdem deutlich "theologischer" als der erste, wobei aus meiner Sicht ein geschickter Kompromiss zwischen den verschiedenen christlichen Denominationen gefunden wurde und gut im ökumenischen Kontext funktioniert.
Als Altertumswissenschaftlerin habe ich mich persönlich manchmal an der doch sehr modernen Sprache gestoßen und an einigen inhaltlichen Unstimmigkeiten (v.a. was Personenbezeichnungen und Ortsangaben angeht) gestoßen - im ersten Band war das entweder nicht so oder ist mir nicht aufgefallen - aber letztendlich dürfte jedem Leser bewusst sein, dass es nicht das Ziel der Serie ist, historisch korrekt zu sein, sondern einen neuen Blickwinkel auf die alten Geschichten zu geben, was auf jeden Fall gelingt.
Insgesamt bleibe ich auch nach dem Lesen des Buches bei meiner dringenden Empfehlung an alle Interessierte, sich zumindest auf eine Folge von "The Chosen" einzulassen (was schon allein optisch/künstlerisch immer ein echtes Erlebnis ist) - und dann unbedingt die Bücher zur Serie zu lesen, die mindestens genauso gut sind und durch die man den in den Folgen erzählten Inhalt noch viel besser versteht.