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Ihr neuer Job bringt Mae Holland direkt ins Zentrum der schönen neuen Digitalwelt. Bei "The Circle" sind alle Mitarbeitenden ständig online, teilen in Echtzeit, wo sie sind, was sie tun und mit wem. Die Trennung zwischen öffentlich und privat verschwindet ebenso wie die zwischen Arbeit und Freizeit. Doch das ist erst der Anfang, der Internetgigant hat eine Vision für die ganze Menschheit: eine Welt der totalen Transparenz und Vernetzung. "The Circle" meint es ernst - Mae wird es bald am eigenen Leib erfahren.
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Produktbeschreibung
Ihr neuer Job bringt Mae Holland direkt ins Zentrum der schönen neuen Digitalwelt. Bei "The Circle" sind alle Mitarbeitenden ständig online, teilen in Echtzeit, wo sie sind, was sie tun und mit wem. Die Trennung zwischen öffentlich und privat verschwindet ebenso wie die zwischen Arbeit und Freizeit. Doch das ist erst der Anfang, der Internetgigant hat eine Vision für die ganze Menschheit: eine Welt der totalen Transparenz und Vernetzung. "The Circle" meint es ernst - Mae wird es bald am eigenen Leib erfahren.

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Autorenporträt
Dave Eggers
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2014

Was zum Kuckuck zirkuliert denn da?

Gerichtet, aber nichts zu retten: Der amerikanische Schriftsteller Dave Eggers hat mit "Der Circle" einen Roman geschrieben, der mit Röntgenblick auf unsere Zeit blickt und ihr kein Pardon gibt.

Das führt jetzt ein bisschen vom Thema ab, aber Papier ist für mich ein Problem, weil damit jede Kommunikation stirbt. Es hat kein Potenzial zu Kontinuität. Du guckst auf deine Papierbroschüre, und damit hört es auf. Es hört auf mit dir. Als wärst du der einzige Mensch, der zählt. Aber stell dir vor, wie es wäre, wenn du alles dokumentiert hättest. Wenn du ein Tool benutzt hättest, um jeden Vogel, den du siehst, zu identifizieren, dann hätte jeder etwas davon gehabt - Naturforscher, Studenten, Historiker, die Küstenwache. Dann könnte jeder wissen, was für Vögel an dem Tag in der Bucht waren. Es ist einfach zum Verrücktwerden, wie viel Wissen tagtäglich durch diese Art von Kurzsichtigkeit verloren geht. Und ich will es nicht egoistisch nennen, aber -". Doch dann wird diese Strafpredigt durch das reuige Schuldeingeständnis der Delinquentin, die es gewagt hat, auf eine Kanufahrt nicht eine kleine Kamera, mit der alle ihre Aktivitäten im Internet sichtbar hätten werden können, sondern ein Faltblatt über die heimische Tierwelt mitzunehmen, beendet: "Nein. Das war es. Ich weiß, es war egoistisch."

Dieser ziemlich einseitige Dialog stammt aus dem Roman "The Circle" von Dave Eggers. Ihm eilt seit seiner Publikation in den Vereinigten Staaten vor einem Jahr ein Ruf wie Donnerhall voraus: als das Buch, das unsere Gegenwart auf den Begriff bringt, eben "the Circle", das Leben in der Gemeinschaft, den Kreis, dem man nicht mehr entkommen kann, wenn er einmal geschlossen ist. Von dieser closure (die in der nun erschienenen deutschen Version mit "Vollendung" übersetzt wird, was die Einschließung aber nicht mehr anklingen lässt) ist unter den Mitarbeitern des Circle dauernd die Rede, ohne dass jemals klar würde, was konkret dahintersteckt. Das soll jedoch so sein, alles ist nur Geraune, aus dem dann, gerade weil es kein klar definiertes Ziel gibt, die wildesten Projekte geboren werden. Wer weiß denn schon, ob zum Circle nicht eigenes Geld passt, das elektronisch zirkuliert? Oder ein Chip, der straffällig Gewordenen lebenslang eingepflanzt wird? Versuchen wir es mal, wenn's nicht klappt, war's doch nicht böse gemeint. Ist es auch nicht, es geht ja nur ums Geld.

Eggers hat sich Google und Apple als leicht identifizierbare Vorbilder für seinen fiktiven Konzern mit dem angeblich altruistischen Programm genommen, der im Roman auf dem besten Wege ist, sich zum weltweiten Monopolisten bei sämtlichen Netzaktivitäten zu entwickeln, weil er eine Zeitstimmung nutzt, die unbedingte Partizipation und permanenten Austausch zum Ideal erhebt. Wer sich erinnert, wie vor Jahresfrist eine deutsche Journalistendelegation auf ein Sabbatical (das besser Workaholical geheißen hätte) nach Silicon Valley ging, um dort in Ehrfurchtsschockstarre vor dem ach so kreativen digitalen Arbeitsleben zu verfallen, der weiß, dass man für Eggers' Buch eine andere Bezeichnung als "Fiktion" finden muss. Es ist eine Friktion, denn der Roman zeichnet eine Bruchlinie der Zivilisation nach.

Jetzt kann man ihn auf Deutsch lesen, und er liest sich zu nicht unwesentlichen Teilen genauso wie im Beispiel vom Anfang - leider auch in der Sperrigkeit bei der Übertragung des im Englischen so typischen Begeisterungstons, der zu großen Worten greift, die wörtlich übersetzt aber so schal und vor allem unbeholfen wirken wie eben das zitierte "Potenzial zu Kontinuität". Der Dialog ist aber auch deshalb charakteristisch, weil solche an Gehirnwäsche oder Schauprozesse erinnernden Auftritte immer neu die Handlung von "Der Circle" prägen. Denn dessen Protagonistin, die vierundzwanzigjährige Maebelline Renner Holland, genannt Mae, hat gerade bei dem in Kalifornien gegründeten, aber längst überall auf der Welt vertretenen Kommunikationsunternehmen The Circle angeheuert, und nun muss die junge Frau, die sich doch für ein typisches Kind ihrer kommunikationsaffinen Generation hält, alles von Grund auf neu lernen, denn sie betritt mit dem Hauptcampus eine schöne neue Welt. Und in der gibt es lauter selbstbewusste und mitteilungsfreudige Lehrmeister der Kunst, sich selbst als Teil dieser Welt zu begreifen. Durch Leidenschaft, Partizipation und Transparenz.

Früher hätte man gesagt: als ein Rädchen im Getriebe, aber das ist natürlich eine viel zu mechanische Vorstellung von der informationstechnischen und persönlichkeitsverändernden Revolution, die The Circle betreibt. Und eine ordentliche Revolution verlangt nach Opfern. In Eggers' Roman ist es vordergründig Mae, die im Laufe der 560 Seiten zur bedingungslosen Anhängerin der Ideale des Circle wird, obwohl sie permanent gedemütigt wird, obwohl sie im Dienst des großen Ganzen keine Freizeit mehr hat (denn es wird erwartet, dass man sein Leben auf dem Firmencampus verbringt, nicht nur die Arbeitszeit), obwohl sie den Eltern entfremdet wird und ihren ehemaligen Freund in den Tod treibt. Alles nur im Dienste von Leidenschaft, Partizipation und Transparenz.

Denn der Einzelne und seine bisherige Umwelt gelten nichts im Circle und der Welt, an der dieser baut. Selbst die Gründung des Unternehmens war nicht einem einzigen Ideengeber, sondern dem Kollektiv der "Drei Weisen" - biblische Metaphorik prägt den Circle-Jargon - zu verdanken, wenn es auch mit Tyler Alexander Gospodinov einen Primus inter Pares gab, der sich aber mittlerweile so konsequent zurückgezogen hat, dass er zum firmeninternen Mythos geworden ist, während seine beiden Mitgründer weiter das Tagesgeschäft leiten. Dass Eggers aus dieser dem Circle paradoxerweise zugrundeliegenden Dreiecksformation einen entscheidenden Erzählstrang generiert, ist leider leichter absehbar, als der Romanautor sich das beim Schreiben selbst gedacht haben dürfte.

Eggers ist weder ein großer Handlungskonstrukteur noch ein großer Stilist. Was ist es dann, was "The Circle" so lesenswert macht? Es ist der Röntgenblick des Verfassers auf unsere Gesellschaft. Das war schon in seinen vorherigen Romanen so, und Eggers hat auch mit seinem eigenen Verlag McSweeney's (bei dem "The Circle" bewusst nicht erschienen ist, weil der Verleger Wert legt auf die Trennung seiner beiden Rollen - nichts ist es da mit Partizipation) immer wieder solche Vorstöße in die scheinbar unseren Blicken unzugänglichen Bereiche des body politic unternommen. So etwa vor fünf Jahren mit seiner nur einmal erschienenen Zeitung "San Francisco Panorama", die beweisen sollte, dass guter Journalismus für einen angemessenen Verkaufspreis (das viele hundert Seiten starke Blatt kostete fünf Dollar) möglich ist. In dieser nach dem Vorbild der amerikanischen dicken Wochenendausgaben gestalteten Zeitung aber sparte er ein klassisches Ressort aus: die Wirtschaft. Das war ein Zeichen, dass er bei dessen Beschreibung dem journalistischen Blick nicht mehr vertraute. Sein Roman musste es nun richten.

Und er richtet fürwahr. Schonungslos, wie sich das Reinald Goetz für seinen "Johann Holtrop" wohl gewünscht hat. Eggers macht keine Dämonen aus seinen Figuren, und er macht sie nicht lächerlich, er begibt sich beim Erzählen meist gar nicht erst auf die Führungsebene seines Unternehmens, sondern bleibt bei der Mittelschicht, aus der sich Begeisterung und Personal des Circle rekrutieren. "Die Vollendung stand unmittelbar bevor, und sie würde Frieden bringen, und sie würde Einigkeit bringen, und all das Chaos der Menschheit, all die Ungewissheiten, die die Welt vor dem Circle beherrscht hatten, wären nur noch Erinnerung." Das schiebt alles, was Amerikas Selbstbild ausmacht - die Freiheit, das Individuelle, die Eigenverantwortung - einer übergeordneten Instanz zu. Wir im korporatistisch geprägten Europa werden das gar nicht als einen solch gravierenden Einschnitt wahrnehmen, wie Eggers' Landsleute ihn empfinden müssten. Aber die nehmen ja auch aktuell nicht wahr, wie ihre heiligsten Werte missbraucht werden - im Zeichen von Leidenschaft, Partizipation und Transparenz. "Der Circle" ist ein verzweifeltes Buch, und nur sein einzig wirklich fiktionales Element lässt noch einen Rest Hoffnung: dass Eggers sich seine Handlung in der Zukunft vorstellt. Er ist wohl doch ein Optimist, der warnen und vielleicht gar etwas bewirken will.

ANDREAS PLATTHAUS

Dave Eggers: "Der Circle". Roman.

Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014. 560 S., geb., 22,99 [Euro].

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