Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.1999Saubere theoretische Analysen sind immer lesenswert
Denkgerüste von Williamson, Strategien von Porter, Szenarien von Huntington / Von Burkhard Schwenker
MÜNCHEN, 15. Oktober. Oliver E. Williamsons Buch "Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications" ist auch 25 Jahre nach Erscheinen für Manager und Berater aktueller denn je. Denn es behandelt zentrale Fragen der Unternehmensführung: Wann macht es Sinn, Unternehmen in ihrer klassischen Form aufzulösen? Unter welchen Bedingungen kann es vorteilhafter sein, Unternehmensaufgaben (oder -funktionen) an Dritte (den Markt) zu vergeben? Welche Unternehmensbereiche werden wann besser in Eigenregie betrieben und unter welchen Voraussetzungen können Netzwerke erfolgreich sein? Heute wird in diesem Zusammenhang von "virtuellen Strukturen", von "Business Migration" oder von der "Dekonstruktion der Wertschöpfungskette" gesprochen. Selbstverständlich haben sich nicht nur die Begrifflichkeiten über die Zeit verändert, sondern auch die Branchenspielregeln. Doch die Grundfragen sind im Prinzip gleich geblieben. Und sie erfordern angesichts der unternehmerischen Tragweite der Entscheidungen damals wie heute eine analytische Fundierung. Genau dafür liefert Williamsons Buch immer noch die besten Instrumente und theoretischen Denkgerüste.
Wer also in der sich abzeichnenden "Net-Economy" mit ihrem Zwang zu schnellen Entscheidungen über Kooperationen, Zusammenschlüsse oder auch ganz neue Geschäftsmodelle nicht unreflektiert vermeintlichen strategischen Managementmoden nachlaufen will, sondern den anstehenden Fragen auch einmal theoretisch fundiert auf den Grund gehen möchte - und das sollte jeder Entscheidungsträger tun -, nehme Williamsons "Markets and Hierarchies" wieder einmal zur Hand. Und er wird feststellen, dass eine saubere theoretische Analyse zeitlos und immer wieder lesens- und lohnenswert ist.
Ebenso zur Pflichtlektüre gehört nach wie vor Michael Porters "Competitive Strategy" am besten gleich gemeinsam mit dem Nachfolgewerk "Competitive Advantage". Porters Strategiebücher sind noch immer und immer wieder lesenswert - verständlich geschrieben, voller (auch heute noch wichtiger) Anregungen, mit intelligenten Denk- und Strukturierungsvorschlägen zur Unternehmensstrategie. Porter liefert insbesondere mit seinem Denkansatz der "fünf Triebkräfte des Wettbewerbs" und den daraus abgeleiteten Analysewerkzeugen eine äußerst nützliche Strukturierungshilfe. Diese mag angesichts der ständig steigenden Komplexität des wirtschaftlichen Umfelds heute noch wertvoller sein als in den achtziger Jahren. Denn letztlich geht es doch darum, schnell zu entscheiden, welche Aspekte für eine Strategie wichtig sind und welche weniger. Porters Analyseschema ist robust und auf neue Sichtweisen anwendbar. Gerade darin liegt seine Stärke. Und mit seinen weiterführenden Überlegungen zu Verflechtungen zwischen Unternehmen, zu Horizontalstrategien, "Mehrpunktwettbewerben" von Konzernen und zur Rolle der Synergien ist Porter wieder hochaktuell, denn gerade diese Fragen bestimmen die heutige Strategielandschaft.
Ob in der Telekommunikation, der deregulierten Energieindustrie oder auch in den neuen Geschäften der E-Commerce-Welt: Die Frage nach horizontalen Verflechtungen über Branchengrenzen hinweg, nach der Logik von Zusammenschlüssen und dem Wettbewerb zwischen Verbünden steht (wieder) im Mittelpunkt der Strategiediskussion. Samuel P. Huntington hat in "The Clash of Civilizations", aufbauend auf einer sehr informativen und lesenswerten Analyse vergangener und aktueller Konflikte, die weltpolitischen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts prognostiziert. Und die Auseinandersetzung damit ist angesichts des Drucks zur Globalisierung für Manager höchst relevant. Können wir wirklich davon ausgehen, dass die Welt mit fortschreitender Vernetzung enger zusammenrückt? Sind beispielsweise die asiatischen Länder die Massenmärkte der Zukunft? Ist die Marktwirtschaft mit ihren (annähernd) vollkommenen Kapital- und Gütermärkten das dominante Element im nächsten Jahrtausend? Huntington liefert sehr interessante "Gegenthesen". Denn Globalisierung erfordert unternehmerische Visionen und langfristiges Denken, das über den Tellerrand des üblichen Managementinstrumentariums hinausweist. Das Buch gehört in die Bibliothek von Entscheidungsträgern.
Dr. Burkhard Schwenker ist Partner und Mitglied der Geschäftsführung von Roland Berger & Partner, International Management Consultants.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Denkgerüste von Williamson, Strategien von Porter, Szenarien von Huntington / Von Burkhard Schwenker
MÜNCHEN, 15. Oktober. Oliver E. Williamsons Buch "Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications" ist auch 25 Jahre nach Erscheinen für Manager und Berater aktueller denn je. Denn es behandelt zentrale Fragen der Unternehmensführung: Wann macht es Sinn, Unternehmen in ihrer klassischen Form aufzulösen? Unter welchen Bedingungen kann es vorteilhafter sein, Unternehmensaufgaben (oder -funktionen) an Dritte (den Markt) zu vergeben? Welche Unternehmensbereiche werden wann besser in Eigenregie betrieben und unter welchen Voraussetzungen können Netzwerke erfolgreich sein? Heute wird in diesem Zusammenhang von "virtuellen Strukturen", von "Business Migration" oder von der "Dekonstruktion der Wertschöpfungskette" gesprochen. Selbstverständlich haben sich nicht nur die Begrifflichkeiten über die Zeit verändert, sondern auch die Branchenspielregeln. Doch die Grundfragen sind im Prinzip gleich geblieben. Und sie erfordern angesichts der unternehmerischen Tragweite der Entscheidungen damals wie heute eine analytische Fundierung. Genau dafür liefert Williamsons Buch immer noch die besten Instrumente und theoretischen Denkgerüste.
Wer also in der sich abzeichnenden "Net-Economy" mit ihrem Zwang zu schnellen Entscheidungen über Kooperationen, Zusammenschlüsse oder auch ganz neue Geschäftsmodelle nicht unreflektiert vermeintlichen strategischen Managementmoden nachlaufen will, sondern den anstehenden Fragen auch einmal theoretisch fundiert auf den Grund gehen möchte - und das sollte jeder Entscheidungsträger tun -, nehme Williamsons "Markets and Hierarchies" wieder einmal zur Hand. Und er wird feststellen, dass eine saubere theoretische Analyse zeitlos und immer wieder lesens- und lohnenswert ist.
Ebenso zur Pflichtlektüre gehört nach wie vor Michael Porters "Competitive Strategy" am besten gleich gemeinsam mit dem Nachfolgewerk "Competitive Advantage". Porters Strategiebücher sind noch immer und immer wieder lesenswert - verständlich geschrieben, voller (auch heute noch wichtiger) Anregungen, mit intelligenten Denk- und Strukturierungsvorschlägen zur Unternehmensstrategie. Porter liefert insbesondere mit seinem Denkansatz der "fünf Triebkräfte des Wettbewerbs" und den daraus abgeleiteten Analysewerkzeugen eine äußerst nützliche Strukturierungshilfe. Diese mag angesichts der ständig steigenden Komplexität des wirtschaftlichen Umfelds heute noch wertvoller sein als in den achtziger Jahren. Denn letztlich geht es doch darum, schnell zu entscheiden, welche Aspekte für eine Strategie wichtig sind und welche weniger. Porters Analyseschema ist robust und auf neue Sichtweisen anwendbar. Gerade darin liegt seine Stärke. Und mit seinen weiterführenden Überlegungen zu Verflechtungen zwischen Unternehmen, zu Horizontalstrategien, "Mehrpunktwettbewerben" von Konzernen und zur Rolle der Synergien ist Porter wieder hochaktuell, denn gerade diese Fragen bestimmen die heutige Strategielandschaft.
Ob in der Telekommunikation, der deregulierten Energieindustrie oder auch in den neuen Geschäften der E-Commerce-Welt: Die Frage nach horizontalen Verflechtungen über Branchengrenzen hinweg, nach der Logik von Zusammenschlüssen und dem Wettbewerb zwischen Verbünden steht (wieder) im Mittelpunkt der Strategiediskussion. Samuel P. Huntington hat in "The Clash of Civilizations", aufbauend auf einer sehr informativen und lesenswerten Analyse vergangener und aktueller Konflikte, die weltpolitischen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts prognostiziert. Und die Auseinandersetzung damit ist angesichts des Drucks zur Globalisierung für Manager höchst relevant. Können wir wirklich davon ausgehen, dass die Welt mit fortschreitender Vernetzung enger zusammenrückt? Sind beispielsweise die asiatischen Länder die Massenmärkte der Zukunft? Ist die Marktwirtschaft mit ihren (annähernd) vollkommenen Kapital- und Gütermärkten das dominante Element im nächsten Jahrtausend? Huntington liefert sehr interessante "Gegenthesen". Denn Globalisierung erfordert unternehmerische Visionen und langfristiges Denken, das über den Tellerrand des üblichen Managementinstrumentariums hinausweist. Das Buch gehört in die Bibliothek von Entscheidungsträgern.
Dr. Burkhard Schwenker ist Partner und Mitglied der Geschäftsführung von Roland Berger & Partner, International Management Consultants.
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