When a bevy of winemakers descend on Saint-Denis, competing for its land and spurring resentment among the villagers, the idyllic town--where Benoit "Bruno" Courreges is the town's only policeman--finds itself the center of an intense drama, with suspicious fires at the agricultural research station that is working on genetically-modified crops. Two young men--Max, an environmentalist who hopes to make organic wine, and Fernando, the heir to an American wine fortune--become rivals for the affections of Jacqueline, a flirtatious, newly arrived Quebecoise student of wine. Events grow ever darker, culminating in two suspicious deaths, and Bruno finds that the problems of the present are never far from those of the past.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.09.2010DAS HÖRBUCH
Kommune und Kapital
Johannes Steck liest „Grand Cru“,
den zweiten Fall für Bruno
Martin Walker ist geborener Schotte, politischer Journalist und Managementberater. Als solcher ist er prädestiniert, sich in Frankreich zu verlieben. Wo, wenn nicht dort, locken feines Essen, Muße und Natur? Insofern genießt er unsere Sympathie für den Entschluss, sich das Périgord zur Zweitheimat zu wählen. Auch dass er ebendort, in Saint-Denis, einen Kleinstadtpolizisten namens Bruno ermitteln und den nunmehr zweiten Fall lösen lässt, ist Ausdruck von Bonhomie und keineswegs zu tadeln. Die Frage, ob aus so viel Wohlsein spannende Romane entstehen, bleibt davon jedoch unberührt.
Noch keine vierzig Jahre ist Bruno alt und unbeweibt. Zu Beginn von „Grand Cru“ schreckt ihn ein Scheunenbrand aus seinem Junggesellenschlaf. Außerdem ist ein Acker verkohlt. Der Anschlag ist für lange Zeit die einzige kriminelle Tat. Nachdem die Hälfte der Handlung vorbeigezogen ist, erleidet ein alter Mann einen Herzinfarkt und stirbt ein junger Mann in einem Weinfass. Die Geschichte hinter diesen beiden Todesfällen zu entwirren, gelingt Bruno en passant.
Die eigentliche Handlung vollzieht sich ganz im Atmosphärischen. „Grand Cru“ ist der Roman einer Haltung und eines Landstrichs. Die Hauptdarsteller hören auf die Namen Tarte und Vinaigrette, Pâté und Schinken, Rosenknospenmarmelade, Croissant, Baguette, Entenschmalz und Trüffelomelette – Wörter, die durch pure Evokation alles Unwohlsein mit einem Bannfluch belegen. Wenn Bruno über den Markt spaziert, kennt er „alle Händler persönlich und die meisten ihrer Kunden.“ Die Stadt ist ihm Familie, sie nährt ihn, er beschützt sie. Bruno erscheint als das personifizierte Saint-Denis: herzlich, langsam, traditionsverbunden. Er ist Teil der „großartigen Winzerkultur seines Heimatbezirks“ im „gastronomischen Herzland von Frankreich“, wo sich die meisten Gebräuche „wie schon seit Jahrhunderten abspielen“ und die Weine „seit Hunderten Jahren“ traditionell gewonnen werden. Die Postkarte ist hier Programm.
Flotte Damen, spitze Lippen
Das Idyll ist bedroht, es fällt aber nicht. Gerade im Angesicht von Globalisierung, Gentechnik und Klimawandel bewährt sich das Modell Saint-Denis. Der Investor aus den USA, der eine Großkellerei etablieren will, wird von den tapferen Galliern in die Flucht geschlagen; stattdessen soll eine gemeinwohlorientierte Aktiengesellschaft die Interessen von Kommune und Kapital versöhnen.
Johannes Steck liest das lange Werk, das sich durchaus hätte filetieren lassen, sonor und variantenreich. Er schlüpft durch Modulations- und Tempowechsel in verschiedene Rollen, verleiht der „verrückten Engländerin“ einen britischen Akzent, gibt dem großmäuligen Inspektor von außerhalb ein derbes, breites Idiom, spitzt die Lippen und flötet, wenn flotte Damen erscheinen. Aufs Ganze gesehen aber verdoppelt er durch den Hang zum Märchenonkelhaften Walkers umständliche Erzählweise. So entsteht ein Produkt der Diogenes-Kultur von hoher Wiedererkennbarkeit: kultiviert, unaufgeregt, betulich. Darauf einen Sauvignon!
ALEXANDER KISSLER
MARTIN WALKER: Grand Cru. Der zweite Fall für Bruno, Chef de police. Gelesen von Johannes Steck. Diogenes Hörbuch, Zürich 2010. 8 CDd, 551 Min, ca. 30 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Kommune und Kapital
Johannes Steck liest „Grand Cru“,
den zweiten Fall für Bruno
Martin Walker ist geborener Schotte, politischer Journalist und Managementberater. Als solcher ist er prädestiniert, sich in Frankreich zu verlieben. Wo, wenn nicht dort, locken feines Essen, Muße und Natur? Insofern genießt er unsere Sympathie für den Entschluss, sich das Périgord zur Zweitheimat zu wählen. Auch dass er ebendort, in Saint-Denis, einen Kleinstadtpolizisten namens Bruno ermitteln und den nunmehr zweiten Fall lösen lässt, ist Ausdruck von Bonhomie und keineswegs zu tadeln. Die Frage, ob aus so viel Wohlsein spannende Romane entstehen, bleibt davon jedoch unberührt.
Noch keine vierzig Jahre ist Bruno alt und unbeweibt. Zu Beginn von „Grand Cru“ schreckt ihn ein Scheunenbrand aus seinem Junggesellenschlaf. Außerdem ist ein Acker verkohlt. Der Anschlag ist für lange Zeit die einzige kriminelle Tat. Nachdem die Hälfte der Handlung vorbeigezogen ist, erleidet ein alter Mann einen Herzinfarkt und stirbt ein junger Mann in einem Weinfass. Die Geschichte hinter diesen beiden Todesfällen zu entwirren, gelingt Bruno en passant.
Die eigentliche Handlung vollzieht sich ganz im Atmosphärischen. „Grand Cru“ ist der Roman einer Haltung und eines Landstrichs. Die Hauptdarsteller hören auf die Namen Tarte und Vinaigrette, Pâté und Schinken, Rosenknospenmarmelade, Croissant, Baguette, Entenschmalz und Trüffelomelette – Wörter, die durch pure Evokation alles Unwohlsein mit einem Bannfluch belegen. Wenn Bruno über den Markt spaziert, kennt er „alle Händler persönlich und die meisten ihrer Kunden.“ Die Stadt ist ihm Familie, sie nährt ihn, er beschützt sie. Bruno erscheint als das personifizierte Saint-Denis: herzlich, langsam, traditionsverbunden. Er ist Teil der „großartigen Winzerkultur seines Heimatbezirks“ im „gastronomischen Herzland von Frankreich“, wo sich die meisten Gebräuche „wie schon seit Jahrhunderten abspielen“ und die Weine „seit Hunderten Jahren“ traditionell gewonnen werden. Die Postkarte ist hier Programm.
Flotte Damen, spitze Lippen
Das Idyll ist bedroht, es fällt aber nicht. Gerade im Angesicht von Globalisierung, Gentechnik und Klimawandel bewährt sich das Modell Saint-Denis. Der Investor aus den USA, der eine Großkellerei etablieren will, wird von den tapferen Galliern in die Flucht geschlagen; stattdessen soll eine gemeinwohlorientierte Aktiengesellschaft die Interessen von Kommune und Kapital versöhnen.
Johannes Steck liest das lange Werk, das sich durchaus hätte filetieren lassen, sonor und variantenreich. Er schlüpft durch Modulations- und Tempowechsel in verschiedene Rollen, verleiht der „verrückten Engländerin“ einen britischen Akzent, gibt dem großmäuligen Inspektor von außerhalb ein derbes, breites Idiom, spitzt die Lippen und flötet, wenn flotte Damen erscheinen. Aufs Ganze gesehen aber verdoppelt er durch den Hang zum Märchenonkelhaften Walkers umständliche Erzählweise. So entsteht ein Produkt der Diogenes-Kultur von hoher Wiedererkennbarkeit: kultiviert, unaufgeregt, betulich. Darauf einen Sauvignon!
ALEXANDER KISSLER
MARTIN WALKER: Grand Cru. Der zweite Fall für Bruno, Chef de police. Gelesen von Johannes Steck. Diogenes Hörbuch, Zürich 2010. 8 CDd, 551 Min, ca. 30 Euro.
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