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Crackling, witty diaries by Kenneth Tynan, the feared and admired theatre critic'Kenneth Tynan is about to become a star...his scandalous diaries are a confessional cross between the two Alans, Clark and Bennett' Scotland on Sunday 'No one, they say, ever erected a statue to a critic, but Kenneth Tynan has bequeathed something even larger to posterity: a legendary life' Guardian A brilliant and feared critic, Kenneth Tynan was a nabob of the National Theatre alongside Laurence Olivier, and he was also the daring impresario who created 'Oh Calcutta'.He was a notorious eccentric, a louche…mehr

Produktbeschreibung
Crackling, witty diaries by Kenneth Tynan, the feared and admired theatre critic'Kenneth Tynan is about to become a star...his scandalous diaries are a confessional cross between the two Alans, Clark and Bennett' Scotland on Sunday'No one, they say, ever erected a statue to a critic, but Kenneth Tynan has bequeathed something even larger to posterity: a legendary life' GuardianA brilliant and feared critic, Kenneth Tynan was a nabob of the National Theatre alongside Laurence Olivier, and he was also the daring impresario who created 'Oh Calcutta'.He was a notorious eccentric, a louche sophisticate: connoisseur of cuisine, wine, literature and women. Where else could you find such a judicious blend of aesthetics, theatre lore, love, marriage, sex and politics?These sizzling diaries will remind older readers of a man whose reputation as the greatest critic of the twentieth century is still unchallenged and introduce younger readers to an electrifying writer who simply could not be boring.
Autorenporträt
John Lahr
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Lebe wild und gefährlich
Trauriger Verführer: Die Tagebücher des Kritikers Kenneth Tynan

Kenneth Tynan besaß ein feines Gespür für "Show People" - so der Titel eines seiner Bücher - und für die Inszenierung des eigenen Lebens. Er war berühmt für die Eleganz seiner Theaterkritiken, des Dandy-Schicks seiner Kleidung und für die Marotte, Zigaretten zwischen dem Mittel- und Ringfinger zu halten. Unsterblichkeit aber erlangte er durch ein einziges Wort: Am 13. November 1965 sagte er in einer Nachtsendung der BBC "fuck". Damit war das tabuisierte Wort zum ersten Mal in einer Fernsehsendung zu hören. In den darauffolgenden Tagen befaßten sich mehr als eintausend Zeitungsartikel mit dem Fauxpas, das Ereignis stellte alle anderen Nachrichten in den Schatten; der Fall wurde im Unterhaus diskutiert. Ein Coup.

Tynan hatte nichts dagegen, anderen ein Dorn im Auge zu sein, traktierte seine Umwelt mit boshaftem Witz, den sein Stottern angeblich noch verstärkte, mit Arroganz und einem Esprit, den er, den Worten einer Jugendfreundin gemäß, "anknipsen konnte wie ein Flutlicht". Mit 23 Jahren hatte der Oxford-Absolvent sein erstes Theater-Buch "He that Plays the King" (1950) geschrieben und selbst als Regisseur und Schauspieler gearbeitet. Von 1954 bis 1963 begleitete er als Kritiker der Wochenzeitung "Observer" eine Glanz-Ära des englischen Theaters, die Premieren wie Osbornes "Blick zurück im Zorn" und Becketts "Warten auf Godot" erlebte. Er war Insider und Kritiker des kulturellen und gesellschaftlichen Establishments seiner Zeit zugleich, war befreundet mit Truman Capote, John Osborne und Harold Pinter, Laurence Olivier, Marlene Dietrich, Louise Brooks und Orson Welles, der das Vorwort für sein erstes Buch schrieb, sowie mit Roman Polanski, mit dem er "Macbeth" drehte.

Die postum erschienenen, von John Lahr herausgegebenen und mit einem ausgezeichneten Vorwort versehenen "Diaries", die Tagebücher der Jahre 1971 bis 1980, zeigen Tynan im letzten, unglücklichen Jahrzehnt seines Lebens. Zwar hatte er seine offizielle Tätigkeit als Rezensent längst aufgegeben, aber die Witterung für Sensationen und Pointen, das Bedürfnis, die Welt nach eigenem Gusto schreibend neu zusammenzusetzen, im Disparaten Story-Material zu erkennen und Thesen und Meinungen zu formulieren, waren ihm geblieben. Journalist blieb er auch als Tagebuchschreiber. Mit einem markanten Unterschied im Ton allerdings: beim Verfassen der "Diaries" legte Tynan die Pose des Verführers und den schmeichelnden Ton ab, der noch seine schärfsten Verrisse kennzeichnet. In den Tagebüchern erlaubte er sich jegliche Geschmacklosigkeit, Bosheit und Gemeinheit; hier findet sich endloser Klatsch ebenso wie die gegen Ende seines Lebens zunehmende Verzweiflung, auch Albernheiten und obszöne kleine Gedichte übrigens - nur Geistlosigkeit und Langeweile nie. Tynan kommentierte und rezensierte alles: das politische Tagesgeschehen, seine Träume, Fernsehsendungen und Filme, Theaterstücke und vor allem seine Zeitgenossen, auch Frau und Freunde, Liebschaften und Kollegen, gelegentlich die eigenen Kinder. Die Mehrzahl der Tagebucheintragungen, die ihren Verfasser oft in denkbar ungünstigem Licht zeigen, provozieren immer noch und erzwingen gleichsam eine eigene Stellungnahme des Lesers. Genau das macht ihre hervorragende Qualität aus.

Die "Diaries of Kenneth Tynan" enthalten auf mehreren Ebenen Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft, in der sie entstanden sind und verstohlene Angriffe auf deren Umgang mit der Sexualität, den Tynan für verlogen hielt. In aller Offenheit schildert er sein eigenes Sexualleben, seine sadomasochistischen Neigungen, die sich mit zunehmendem Alter verstärkten. Daß mit der Veröffentlichung der Tagebücher über den eigenen Tod hinaus eine Provokation beabsichtigt war, ist anzunehmen; denn Tynan selbst, der 1980 starb, überließ die Tagebücher seiner ältesten Tochter ausdrücklich zur Publikation. Tatsächlich brachten ihn in England gerade die sensationalistischen Eintragungen über seine Bettgeschichten wieder ins Gespräch. Seine Sekretärin Rosemary Nibbs erklärte das wilde Leben ihres Chefs für frei erfunden: "Er neigte dazu, sein Leben zu dramatisieren." Wundern würde es nicht; Tynan war berüchtigt für seine practical jokes - und ausgesprochen erfreut, wenn sie glückten.

Ob erfunden oder nicht: Die den eigenen Sadomasochismus betreffenden Passagen legen ein Leitmotiv in Tynans Leben offen, nämlich seine Beschäftigung mit dem Thema Macht. Machtkonstellationen faszinierten ihn, er fühlte sich von Menschen in autoritären Positionen angezogen und zugleich angewidert. Ihm selbst aber erschien es am Ende nicht einmal mehr möglich, Kontrolle über die eigene Existenz zu gewinnen. In Laurence Olivier schien Tynan seinen Meister gefunden zu haben. Das läßt sich aus seinen Tagebüchern, den 1994 veröffentlichten Briefen, aber auch aus seinen Theaterkritiken ablesen.

Als Kritiker hatte Tynan Oliviers Bühnenauftritte ein Jahrzehnt lang auf Schritt und Tritt begleitet, und obwohl in seinen Rezensionen stets ein Grundton der Bewunderung vorherrschte, blieb er unbestechlich und besaß ein feines Auge noch für die kleinste Schwäche des großen Schauspielers. Als Olivier 1962 zum ersten Intendanten des National Theatre ernannt wurde, attackierte ihn Tynan deshalb und bewarb sich kurz darauf in einer typischen Paradoxhandlung um die Stelle des Chefdramaturgen bei ihm. Olivier gefiel die Idee, seinen schärfsten Beobachter mundtot zu machen, indem er ihn am eigenen Haus anstellte.

Die Stelle bekam Tynan schlecht. Die Tagebücher setzen ein in einer Zeit, als ihm klar wurde, daß es für ihn furchtbar schiefgegangen war. Seine Ehe war durch beiderseitige Affären destabilisiert. Die finanziellen Einnahmequellen wurden nach dem Abschied vom National Theatre immer knapper. Er glaubte, nicht mehr schreiben zu können, obwohl er in den letzten Lebensjahren noch glanzvolle Porträts produzierte, so etwa über Tom Stoppard und Louise Brooks. Seine Zusammenarbeit mit dem wenig risikofreudigen, autoritären Olivier erwies sich als großes persönliches Desaster: die poetische Präzision, die er dem Schauspieler Olivier als Kritiker hatte angedeihen lassen, war einer manischen Haßliebe für ihn als Vorgesetzten und Privatperson gewichen, wobei Abneigung und Enttäuschung allmählich die Oberhand gewannen. Hinzu kam der fortschreitende körperliche Verfall - Tynan litt unter einer erblichen Lungenkrankheit, die er durch hemmungslosen Zigarettenkonsum beschleunigte. Er ließ es sich dennoch nicht nehmen, parallel zu seinem eigenen Niedergang auch den Oliviers zu schildern.

Mit zunehmender Todesnähe wurde seine Prosa immer radikaler. Wie in seinen Kritiken, in denen er oft erst zum Schluß die eigene Meinung kundtat, lernt man auch in diesem Buch den Autor erst gegen Ende wirklich kennen. "Sei leicht, stechend, anmaßend und melancholisch", lautete sein selbst erfundenes Motto in jungen Kritikerjahren. Gegen Ende seines Lebens, das von heillosem Wüten gegen sich selbst gekennzeichnet war, befand er: "Ich bin keines dieser Dinge mehr, außer melancholisch."

MARION LÖHNDORF.

Kenneth Tynan: "The Diaries of Kenneth Tynan". Edited by John Lahr. Bloomsbury, London 2001. 439 S., geb., 25 £.

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"Kenneth Tynan is about to become a star...his scandalous diaries are a confessional cross between the two Alans, Clark and Bennett" Scotland on Sunday