With the born storyteller's command of narrative and imaginative approach, Leonard Mlodinow vividly demonstrates how our lives are profoundly informed by chance and randomness and how everything from wine ratings and corporate success to school grades and political polls are less reliable than we believe. By showing us the true nature of chance and revealing the psychological illusions that cause us to misjudge the world around us, Mlodinow gives us the tools we need to make more informed decisions. From the classroom to the courtroom and from financial markets to supermarkets, Mlodinow's intriguing and illuminating look at how randomness, chance, and probability affect our daily lives will intrigue, awe, and inspire.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2009Vielleicht würfelt Gott nicht, wir aber schon!
Leonard Mlodinow hat viele Beispiele an der Hand, um unsere Aufmerksamkeit für den Zufall zu schärfen
Wir Menschen halten uns für die Krone der Schöpfung. In mancher Hinsicht stimmt das ja auch. Andererseits können wir nicht so gut hören wie eine Fledermaus oder tasten wie ein Maulwurf, nur vermissen wir diese Fähigkeiten normalerweise nicht. So geht es uns auch mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Unser Sinnesorgan dafür ist nicht sehr brauchbar, aber diese Tatsache ignorieren wir gerne. In seinem Buch führt es der amerikanische Physiker Leonard Mlodinow an vielen Beispielen vor Augen.
Sein Untertitel lautet "Wie der Zufall unser Leben bestimmt". Doch so ganz trifft das nicht, denn der Zufall bestimmt unser Leben nur zum Teil. Es geht um das Zusammenspiel des Zufalls mit deterministischen Einflüssen und darum, dass wir dieses Zusammenspiel oft nicht richtig durchschauen.
Gleich ein Beispiel: Wie soll man geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg in Hollywood beurteilen? Es ist immer extrem unsicher, ob ein Film seine Kosten einspielt. Ein paar Hits müssen viele Flops mitfinanzieren. Sherry Lanson leitete viele Jahre lang erfolgreich die Produktionsfirma Paramount. Dann lag deren Marktanteil drei Jahre lang deutlich niedriger als zuvor. Lanson wurde gefeuert. Im Jahr danach schrieb die Firma wieder bessere Zahlen - und zwar mit Projekten, die Lanson noch geplant hatte. Mlodinows Interpretation läuft darauf hinaus, dass wir die Abhängigkeit dieser Umsätze vom Zufall unterschätzen. Sherry Lanson muss demnach nichts falsch gemacht haben, sie hatte bloß Pech.
Ähnliche Dinge spielen sich im Sport ab. Wenn ein Team in eine Krise gerät, wird oft eilig der Trainer gewechselt. Doch wie Untersuchungen zeigen, die Mlodinow anführt, ändert das im Durchschnitt nichts an den Leistungen. Natürlich bedeutet das nicht, dass es keine schlechten Trainer gibt, aber eben auch manche gute, die das Opfer von zufälligen Schwankungen werden.
Das Buch erklärt anschaulich statistische Grundverfahren und folgt dabei der historischen Entwicklung. Vor der damit verknüpften elementaren Mathematik braucht man sich nicht zu fürchten. Die Anfänge der Wahrscheinlichkeitsrechnung ortet Mlodinow in der Renaissance, in der Zeit von Galileo Galilei. Auf eine einfach zu handhabende Arithmetik ließ sich kaum verzichten: Elementare Wahrscheinlichkeiten sind Brüche, die man immer wieder addieren und multiplizieren muss. Das ging mit dem überlegenen Dezimalsystem der arabischen Zahlen ungleich einfacher als mit den römischen Zahlen.
Die ersten Anwendungen der neuen Wissenschaft betrafen Glücksspiele. Sie haben eine so klare Struktur, dass der Einstieg in die Theorie hier besonders leicht war. Gerolamo Cardano schrieb in jungen Jahren "Das Buch der Glücksspiele", unternahm aber dann keine großen Anstrengungen es auch zu veröffentlichen. Nach Cardano entwickelten Galilei, Blaise Pascal und Jakob Bernoulli die Theorie der Wahrscheinlichkeiten weiter. Der englische Landpfarrer Thomas Bayes beschäftigte sich vor allem mit den sogenannten bedingten Wahrscheinlichkeiten, also der Berechnung von Erwartungswerten eines Ereignisses unter der Voraussetzung, dass ein bestimmtes anderes Éreignis vorher eingetroffen ist.
Das gibt öfter Anlass zu Verwirrungen. An einem Beispiel aus dem berüchtigten Prozess gegen O. J. Simpson werden sie illustriert: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann, der seine Frau verprügelt, sie später auch umbringt, mag bei 1 zu 2500 liegen. Wenn aber eine Frau geschlagen und später ermordet wird, dann in neun von zehn Fällen von der gleichen Person. Natürlich geht es im Strafprozess nicht um Plausibilität, sondern um die Wahrheit, aber mit solchen Statistiken lässt sich eine Jury beeinflussen. Die Verteidigung von Simpson argumentierte mit der ersten Wahrscheinlichkeit. Relevant wäre aber die zweite gewesen. Nicole Brown Simpson war ja ermordet worden.
Hinterher ist man schlauer. Nachträglich fand man viele deutliche Hinweise auf den geplanten Überfall auf Pearl Harbor. Diese Asymmetrie von Vergangenheit und Zukunft sollte man im Kopf behalten. Beeindruckend sind zwei von Mlodinows Diagrammen. Das erste zeigt das Abschneiden von 800 Investmentfonds in den Jahren 1991 bis 1995. Das zweite zeigt die gleichen Fonds zwischen 1996 und 2000 und sieht völlig chaotisch aus: Erfolg in der Vergangenheit garantiert hier keinen Erfolg in der Zukunft, was immer ein Bankberater erzählen mag.
Von der Benotung von Schulaufsätzen über edle Weine bis zum Betrug bei Sportwetten reicht die Palette von Mlodinows Beispielen. Zu lernen ist aus ihnen vor allem, etwas mehr Vorsicht und Skepsis bei Einschätzungen walten zu lassen. Wir neigen eben dazu, Ordnung auch dort zu entdecken, wo es gar keine gibt, und den Zufall auszublenden. Vielleicht hat das ja auch seine Vorteile, die evolutionär belohnt wurden. Aber zu empfehlen ist es sicherlich, diese Neigung zu korrigieren.
ERNST HORST
Leonard Mlodinow: "Wenn Gott würfelt oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt". Aus dem Amerikanischen von Monika Niehaus. Rowohlt Verlag, Reinbek 2009. 318 S., 5 Abb., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Leonard Mlodinow hat viele Beispiele an der Hand, um unsere Aufmerksamkeit für den Zufall zu schärfen
Wir Menschen halten uns für die Krone der Schöpfung. In mancher Hinsicht stimmt das ja auch. Andererseits können wir nicht so gut hören wie eine Fledermaus oder tasten wie ein Maulwurf, nur vermissen wir diese Fähigkeiten normalerweise nicht. So geht es uns auch mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Unser Sinnesorgan dafür ist nicht sehr brauchbar, aber diese Tatsache ignorieren wir gerne. In seinem Buch führt es der amerikanische Physiker Leonard Mlodinow an vielen Beispielen vor Augen.
Sein Untertitel lautet "Wie der Zufall unser Leben bestimmt". Doch so ganz trifft das nicht, denn der Zufall bestimmt unser Leben nur zum Teil. Es geht um das Zusammenspiel des Zufalls mit deterministischen Einflüssen und darum, dass wir dieses Zusammenspiel oft nicht richtig durchschauen.
Gleich ein Beispiel: Wie soll man geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg in Hollywood beurteilen? Es ist immer extrem unsicher, ob ein Film seine Kosten einspielt. Ein paar Hits müssen viele Flops mitfinanzieren. Sherry Lanson leitete viele Jahre lang erfolgreich die Produktionsfirma Paramount. Dann lag deren Marktanteil drei Jahre lang deutlich niedriger als zuvor. Lanson wurde gefeuert. Im Jahr danach schrieb die Firma wieder bessere Zahlen - und zwar mit Projekten, die Lanson noch geplant hatte. Mlodinows Interpretation läuft darauf hinaus, dass wir die Abhängigkeit dieser Umsätze vom Zufall unterschätzen. Sherry Lanson muss demnach nichts falsch gemacht haben, sie hatte bloß Pech.
Ähnliche Dinge spielen sich im Sport ab. Wenn ein Team in eine Krise gerät, wird oft eilig der Trainer gewechselt. Doch wie Untersuchungen zeigen, die Mlodinow anführt, ändert das im Durchschnitt nichts an den Leistungen. Natürlich bedeutet das nicht, dass es keine schlechten Trainer gibt, aber eben auch manche gute, die das Opfer von zufälligen Schwankungen werden.
Das Buch erklärt anschaulich statistische Grundverfahren und folgt dabei der historischen Entwicklung. Vor der damit verknüpften elementaren Mathematik braucht man sich nicht zu fürchten. Die Anfänge der Wahrscheinlichkeitsrechnung ortet Mlodinow in der Renaissance, in der Zeit von Galileo Galilei. Auf eine einfach zu handhabende Arithmetik ließ sich kaum verzichten: Elementare Wahrscheinlichkeiten sind Brüche, die man immer wieder addieren und multiplizieren muss. Das ging mit dem überlegenen Dezimalsystem der arabischen Zahlen ungleich einfacher als mit den römischen Zahlen.
Die ersten Anwendungen der neuen Wissenschaft betrafen Glücksspiele. Sie haben eine so klare Struktur, dass der Einstieg in die Theorie hier besonders leicht war. Gerolamo Cardano schrieb in jungen Jahren "Das Buch der Glücksspiele", unternahm aber dann keine großen Anstrengungen es auch zu veröffentlichen. Nach Cardano entwickelten Galilei, Blaise Pascal und Jakob Bernoulli die Theorie der Wahrscheinlichkeiten weiter. Der englische Landpfarrer Thomas Bayes beschäftigte sich vor allem mit den sogenannten bedingten Wahrscheinlichkeiten, also der Berechnung von Erwartungswerten eines Ereignisses unter der Voraussetzung, dass ein bestimmtes anderes Éreignis vorher eingetroffen ist.
Das gibt öfter Anlass zu Verwirrungen. An einem Beispiel aus dem berüchtigten Prozess gegen O. J. Simpson werden sie illustriert: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann, der seine Frau verprügelt, sie später auch umbringt, mag bei 1 zu 2500 liegen. Wenn aber eine Frau geschlagen und später ermordet wird, dann in neun von zehn Fällen von der gleichen Person. Natürlich geht es im Strafprozess nicht um Plausibilität, sondern um die Wahrheit, aber mit solchen Statistiken lässt sich eine Jury beeinflussen. Die Verteidigung von Simpson argumentierte mit der ersten Wahrscheinlichkeit. Relevant wäre aber die zweite gewesen. Nicole Brown Simpson war ja ermordet worden.
Hinterher ist man schlauer. Nachträglich fand man viele deutliche Hinweise auf den geplanten Überfall auf Pearl Harbor. Diese Asymmetrie von Vergangenheit und Zukunft sollte man im Kopf behalten. Beeindruckend sind zwei von Mlodinows Diagrammen. Das erste zeigt das Abschneiden von 800 Investmentfonds in den Jahren 1991 bis 1995. Das zweite zeigt die gleichen Fonds zwischen 1996 und 2000 und sieht völlig chaotisch aus: Erfolg in der Vergangenheit garantiert hier keinen Erfolg in der Zukunft, was immer ein Bankberater erzählen mag.
Von der Benotung von Schulaufsätzen über edle Weine bis zum Betrug bei Sportwetten reicht die Palette von Mlodinows Beispielen. Zu lernen ist aus ihnen vor allem, etwas mehr Vorsicht und Skepsis bei Einschätzungen walten zu lassen. Wir neigen eben dazu, Ordnung auch dort zu entdecken, wo es gar keine gibt, und den Zufall auszublenden. Vielleicht hat das ja auch seine Vorteile, die evolutionär belohnt wurden. Aber zu empfehlen ist es sicherlich, diese Neigung zu korrigieren.
ERNST HORST
Leonard Mlodinow: "Wenn Gott würfelt oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt". Aus dem Amerikanischen von Monika Niehaus. Rowohlt Verlag, Reinbek 2009. 318 S., 5 Abb., geb., 19,90 [Euro].
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