A cursed book. A missing professor. Some nefarious men in gray suits. And a dreamworld called the Troposphere?
Ariel Manto has a fascination with nineteenth-century scientists-especially Thomas Lumas and The End of Mr. Y, a book no one alive has read. When she mysteriously uncovers a copy at a used bookstore, Ariel is launched into an adventure of science and faith, consciousness and death, space and time, and everything in between.
Seeking answers, Ariel follows in Mr. Y's footsteps: She swallows a tincture, stares into a black dot, and is transported into the Troposphere-a wonderland where she can travel through time and space using the thoughts of others. There she begins to understand all the mysteries surrounding the book, herself, and the universe. Or is it all just a hallucination?
With The End of Mr. Y, Scarlett Thomas brings us another fast-paced mix of popular culture, love, mystery, and irresistible philosophical adventure.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Ariel Manto has a fascination with nineteenth-century scientists-especially Thomas Lumas and The End of Mr. Y, a book no one alive has read. When she mysteriously uncovers a copy at a used bookstore, Ariel is launched into an adventure of science and faith, consciousness and death, space and time, and everything in between.
Seeking answers, Ariel follows in Mr. Y's footsteps: She swallows a tincture, stares into a black dot, and is transported into the Troposphere-a wonderland where she can travel through time and space using the thoughts of others. There she begins to understand all the mysteries surrounding the book, herself, and the universe. Or is it all just a hallucination?
With The End of Mr. Y, Scarlett Thomas brings us another fast-paced mix of popular culture, love, mystery, and irresistible philosophical adventure.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2008Per Schalter durch die Galaxis
Trubel in der Troposphäre: Scarlett Thomas hat einen Roman über eine abenteuerliche Reise durch die Abgründe der Virtualität geschrieben. Ausgangspunkt ist ein Drogenexperiment der höheren, steppenwölfischen Art.
Von Oliver Jungen
Die Epidemie der Dekonstruktion scheint abgeflaut, ganz ausgestanden noch nicht: Immer noch bröselt den Infizierten die Realität unter den Händen weg wie ein altes Brötchen. Auf der anderen Seite der "différance" indes blitzen nicht selten metarhetorische Wahrheiten auf. Die junge britische Autorin Scarlett Thomas hat nun den Versuch unternommen, die Geschichte des Poststrukturalismus als negative Theologie zu schreiben, und das in fiktiver Form. Bei aller populärwissenschaftlichen Verspieltheit ihres von Jochen Stremmel vorzüglich übersetzten Buches "Troposphere" (das Original erschien 2006) handelt es sich keineswegs (nur) um Konzeptfiktion, sondern um einen spannenden, lustigen und intelligenten Science-Fiction-Postpop-Roman. Gäbe es den Begriff der Humanities-Fiction, wäre der auch nicht unangemessen.
Cyberpunk und Quantenmechanik.
Dass nicht nur Heidegger, Derrida, Baudrillard und weitere Erkenntnisextremisten als Statisten durch das Buch geistern, sondern auch fleißig aus esoterischen und freilich überstrapazierten naturwissenschaftlichen Konzepten wie Quantenmechanik oder Quarks-Theorie zitiert wird, scheint auf den ersten Blick gar nicht notwendig. Es reicht schließlich schon ein Quentchen Cyberpunkphantasie, um sich - am Beispiel des jüngsten Virtual-Reality-Schnickschnacks - vorzustellen, unser gemeinhin für authentisch gehaltenes Leben könnte bereits ein "Second Life" sein, dem eine komplexere Ebene vorgelagert ist.
Der Roman basiert auf dieser Vermutung, aber doch mit der Pointe, dass die zunächst an einen Drogentrip, eine fortschreitende Psychose oder auch an philosophische und theologische Einheits-Spekulationen gemahnende Reise in die Troposphäre - der Begriff für das noch ungeschiedene, absolute Bewusstsein -, dem computergestützten Eintauchen in digitale Welten zum Verwechseln ähnelt. Sogar eine bildschirmartige Konsole lässt sich in Gedanken aufrufen, die verschiedene Funktionen wie den Sprung von einem Bewusstsein zum nächsten offeriert. "Surf the Troposphere!" prangt folgerichtig auf dem silbrig glänzenden Cover. Und ja, auch als großer Internetroman lässt sich dieses voluminöse Buch lesen: Soviel zur Überdeterminiertheit.
Aber doch sind alle Theorie-Ingredienzien nicht einfach prätentiöses Beiwerk, sondern bilden ein klug in- und gegeneinander verschachteltes Ideengerüst. Vorhalten lässt sich Thomas, die creative writing an der Universität von Kent unterrichtet, allenfalls eine ins Kraut schießende Kreativität, die sich nicht zuletzt in einer Beschreibungsmanie manifestiert. Dass sich das Geschehen an der Oberfläche deutlich an Filme wie "Matrix" anlehnt, ist dagegen ein freundliches Zugeständnis an den Leser, der schließlich kein Proseminar gebucht hat.
Der Handlungsrahmen ist geradezu klassisch. Die oberschlaue, doch arg sympathische Studentin Ariel Manto, geniebedingt einsam und ebenso geniebedingt bettelarm, schreibt ihre Dissertation über einen vergessenen Spiritisten des neunzehnten Jahrhunderts namens T. E. Lumas. Dieser wiederum hat ein autobiographisches Büchlein hinterlassen, das - leicht dämlich - "The End of Mister Y" heißt, mit einem Fluch behaftet sein soll und natürlich kaum noch auffindbar ist. Ariel stößt jedoch in einem Antiquariat auf ein Exemplar, und wir bekommen größere Auszüge präsentiert: Lumas berichtet darin von einem Drogenexperiment der höheren, steppenwölfischen Art. Auf einem Jahrmarkt ist er nach Genuss eines Zaubertranks in die Bewusstseins-Matrix geflutscht und von diesem Moment an damit beschäftigt, den Magier wiederzufinden, um an das Rezept zu gelangen. Schließlich präsentiert er es: Der Hauptbestandteil ist Weihwasser, der Rest Homöopathie.
Dass der Lumas-Spezialist Saul Burlem, nicht nur Ariels Doktorvater, sondern auch Vorbesitzer des ominösen Büchleins, auf mysteriöse Weise verschwunden ist, hält die Heldin nicht davon ab, das Mittel herzustellen. Es erlaubt ihr, für kurze Zeit ihrem nur durch kleine sexuelle Eskapaden mit einem verheirateten Dozenten aufgefrischten Schwerstbegabtenalltag zu entfliehen. Sie tut dies, obwohl oder vielmehr weil sie kurz zuvor auf den Mann ihrer Träume, den Theologen Adam, traf: "Ich verspüre den unwiderstehlichen Drang, durch das Zimmer zu gehen und mit ihm zu verschmelzen: Ich will ihn nicht küssen, nicht mit ihm ficken, sondern mit ihm verschmelzen."
Während ihr realer Körper sich in einer Art Tiefschlaf befindet, durchreist Ariel verschiedene Persönlichkeiten. Ungefährlich ist die Troposphäre nicht. Ganz abgesehen davon, dass verdursten kann, wer zu lange im Reich der subjektiv allgemeinen Phantasie verweilt, hat das Metabewusstsein seine eigene Polizei, die alle Leser von Lumas' Buch verfolgt. Auch in Ariels Gedankenwelt wollen bald Bewaffnete eindringen und Verwirrung stiften. Das telepathische Abenteuer aber macht süchtig: "Der überwältigende Gedanke: Ich will zurück in die Troposphäre." Einen Verbündeten findet die Heldin in Apoll, der hier seinem homerischen Beinamen Smintheus gemäß als Mäusegott reüssiert.
Allegorien des Lesens.
Traumtexte sind oft von einer hermeneutischen Angestrengtheit, die hier jedoch vermieden wird, weil sich die Handlung selbst mehr und mehr in die Gegenwelt verlagert. Das Buch nimmt immer mehr an Fahrt auf, und die Flucht vor den Verfolgern, in deren Verlauf auch der verschwundene Professor wiederkehrt und der Geliebte das Verschmelzen ernst nimmt, wirkt geradezu filmreif. Schließlich sind sogar Zeitreisen möglich. Das hat seinen Charme, weil es seine Logik hat. Die Geliebten des Professors, eine Vertreterin der "poststrukturalistischen Physik", eröffnet schließlich, dass der einzige Ausweg aus dem Troposphären-Debakel darin besteht, die Vergangenheit zu ändern und Lumas an seiner Veröffentlichung zu hindern: negative Schöpfung. Hieß es am Anfang noch: "Nach meinem Dafürhalten hat Derrida ohnehin schon alles bedacht", so gerät jetzt die Dekonstruktion selbst in dekonstruktive Strudel hinein.
Was wir vor uns haben, ist letztlich aber doch eine große Allegorie des Lesens: Der Zugang zur Troposphäre führt nicht zufällig durch einen Buchstabentunnel. Und vermutlich kommt der Roman mit seinem kreativen Überschuss und den waghalsigen Sprüngen von Figur zu Figur dem Synapsenfeuerwerk im Kopf von Lesenden tatsächlich sehr nahe. Es ist die oft erzählte und immer wieder zu erzählende Geschichte vom Verschwinden im Buch: "Das wirkliche Leben ist konkret. Gebt mir Bücher stattdessen, gebt mir die unsichtbaren Inhalte von Büchern, die Gedanken, die Ideen, die Bilder. Lasst mich Teil eines Buches werden." Lektüre schlägt um in Autorschaft. Und so scheint alles auf die alte genieästhetische Kränkung zuzulaufen: "Wollte ich je wissen, dass es keinen Gott gibt: dass wir Gott SIND?"
Das Ende ist geschickt arrangiert, denn nach knapp sechshundert Seiten entzieht sich uns die Heldin an Adams Seite in Richtung Paradies, ohne dass wir erfahren, ob die große Rettungsaktion Erfolg hatte. Auch im Epilog verschwimmen die Perspektiven: Wer ist Schöpfer, wer Geschöpf? Überlagert wird diese Reise zur totalen Immersion vom Anfang der Anfänge. Der Mythos der Erkenntnis hebt adamitisch neu an, die Handlung macht sich selbst unmöglich, und Ariel verflüchtigt sich zwischen dionysischer Entrückung und apollinischer Quantentheologie zum absoluten Luftgeist. Nach vielen Stunden in der Troposphäre sitzen wir schließlich wieder in der Realität, die aber so grau nun auch wieder nicht ist, dass man nicht ein- bis zweihundert Seiten dieses ansonsten so rasanten wie eleganten Denkromans hätte einsparen können.
- Scarlett Thomas: "Troposphere". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Jochen Stremmel. Kindler Verlag, Reinbek bei Hamburg 2008. 574 S., br., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Trubel in der Troposphäre: Scarlett Thomas hat einen Roman über eine abenteuerliche Reise durch die Abgründe der Virtualität geschrieben. Ausgangspunkt ist ein Drogenexperiment der höheren, steppenwölfischen Art.
Von Oliver Jungen
Die Epidemie der Dekonstruktion scheint abgeflaut, ganz ausgestanden noch nicht: Immer noch bröselt den Infizierten die Realität unter den Händen weg wie ein altes Brötchen. Auf der anderen Seite der "différance" indes blitzen nicht selten metarhetorische Wahrheiten auf. Die junge britische Autorin Scarlett Thomas hat nun den Versuch unternommen, die Geschichte des Poststrukturalismus als negative Theologie zu schreiben, und das in fiktiver Form. Bei aller populärwissenschaftlichen Verspieltheit ihres von Jochen Stremmel vorzüglich übersetzten Buches "Troposphere" (das Original erschien 2006) handelt es sich keineswegs (nur) um Konzeptfiktion, sondern um einen spannenden, lustigen und intelligenten Science-Fiction-Postpop-Roman. Gäbe es den Begriff der Humanities-Fiction, wäre der auch nicht unangemessen.
Cyberpunk und Quantenmechanik.
Dass nicht nur Heidegger, Derrida, Baudrillard und weitere Erkenntnisextremisten als Statisten durch das Buch geistern, sondern auch fleißig aus esoterischen und freilich überstrapazierten naturwissenschaftlichen Konzepten wie Quantenmechanik oder Quarks-Theorie zitiert wird, scheint auf den ersten Blick gar nicht notwendig. Es reicht schließlich schon ein Quentchen Cyberpunkphantasie, um sich - am Beispiel des jüngsten Virtual-Reality-Schnickschnacks - vorzustellen, unser gemeinhin für authentisch gehaltenes Leben könnte bereits ein "Second Life" sein, dem eine komplexere Ebene vorgelagert ist.
Der Roman basiert auf dieser Vermutung, aber doch mit der Pointe, dass die zunächst an einen Drogentrip, eine fortschreitende Psychose oder auch an philosophische und theologische Einheits-Spekulationen gemahnende Reise in die Troposphäre - der Begriff für das noch ungeschiedene, absolute Bewusstsein -, dem computergestützten Eintauchen in digitale Welten zum Verwechseln ähnelt. Sogar eine bildschirmartige Konsole lässt sich in Gedanken aufrufen, die verschiedene Funktionen wie den Sprung von einem Bewusstsein zum nächsten offeriert. "Surf the Troposphere!" prangt folgerichtig auf dem silbrig glänzenden Cover. Und ja, auch als großer Internetroman lässt sich dieses voluminöse Buch lesen: Soviel zur Überdeterminiertheit.
Aber doch sind alle Theorie-Ingredienzien nicht einfach prätentiöses Beiwerk, sondern bilden ein klug in- und gegeneinander verschachteltes Ideengerüst. Vorhalten lässt sich Thomas, die creative writing an der Universität von Kent unterrichtet, allenfalls eine ins Kraut schießende Kreativität, die sich nicht zuletzt in einer Beschreibungsmanie manifestiert. Dass sich das Geschehen an der Oberfläche deutlich an Filme wie "Matrix" anlehnt, ist dagegen ein freundliches Zugeständnis an den Leser, der schließlich kein Proseminar gebucht hat.
Der Handlungsrahmen ist geradezu klassisch. Die oberschlaue, doch arg sympathische Studentin Ariel Manto, geniebedingt einsam und ebenso geniebedingt bettelarm, schreibt ihre Dissertation über einen vergessenen Spiritisten des neunzehnten Jahrhunderts namens T. E. Lumas. Dieser wiederum hat ein autobiographisches Büchlein hinterlassen, das - leicht dämlich - "The End of Mister Y" heißt, mit einem Fluch behaftet sein soll und natürlich kaum noch auffindbar ist. Ariel stößt jedoch in einem Antiquariat auf ein Exemplar, und wir bekommen größere Auszüge präsentiert: Lumas berichtet darin von einem Drogenexperiment der höheren, steppenwölfischen Art. Auf einem Jahrmarkt ist er nach Genuss eines Zaubertranks in die Bewusstseins-Matrix geflutscht und von diesem Moment an damit beschäftigt, den Magier wiederzufinden, um an das Rezept zu gelangen. Schließlich präsentiert er es: Der Hauptbestandteil ist Weihwasser, der Rest Homöopathie.
Dass der Lumas-Spezialist Saul Burlem, nicht nur Ariels Doktorvater, sondern auch Vorbesitzer des ominösen Büchleins, auf mysteriöse Weise verschwunden ist, hält die Heldin nicht davon ab, das Mittel herzustellen. Es erlaubt ihr, für kurze Zeit ihrem nur durch kleine sexuelle Eskapaden mit einem verheirateten Dozenten aufgefrischten Schwerstbegabtenalltag zu entfliehen. Sie tut dies, obwohl oder vielmehr weil sie kurz zuvor auf den Mann ihrer Träume, den Theologen Adam, traf: "Ich verspüre den unwiderstehlichen Drang, durch das Zimmer zu gehen und mit ihm zu verschmelzen: Ich will ihn nicht küssen, nicht mit ihm ficken, sondern mit ihm verschmelzen."
Während ihr realer Körper sich in einer Art Tiefschlaf befindet, durchreist Ariel verschiedene Persönlichkeiten. Ungefährlich ist die Troposphäre nicht. Ganz abgesehen davon, dass verdursten kann, wer zu lange im Reich der subjektiv allgemeinen Phantasie verweilt, hat das Metabewusstsein seine eigene Polizei, die alle Leser von Lumas' Buch verfolgt. Auch in Ariels Gedankenwelt wollen bald Bewaffnete eindringen und Verwirrung stiften. Das telepathische Abenteuer aber macht süchtig: "Der überwältigende Gedanke: Ich will zurück in die Troposphäre." Einen Verbündeten findet die Heldin in Apoll, der hier seinem homerischen Beinamen Smintheus gemäß als Mäusegott reüssiert.
Allegorien des Lesens.
Traumtexte sind oft von einer hermeneutischen Angestrengtheit, die hier jedoch vermieden wird, weil sich die Handlung selbst mehr und mehr in die Gegenwelt verlagert. Das Buch nimmt immer mehr an Fahrt auf, und die Flucht vor den Verfolgern, in deren Verlauf auch der verschwundene Professor wiederkehrt und der Geliebte das Verschmelzen ernst nimmt, wirkt geradezu filmreif. Schließlich sind sogar Zeitreisen möglich. Das hat seinen Charme, weil es seine Logik hat. Die Geliebten des Professors, eine Vertreterin der "poststrukturalistischen Physik", eröffnet schließlich, dass der einzige Ausweg aus dem Troposphären-Debakel darin besteht, die Vergangenheit zu ändern und Lumas an seiner Veröffentlichung zu hindern: negative Schöpfung. Hieß es am Anfang noch: "Nach meinem Dafürhalten hat Derrida ohnehin schon alles bedacht", so gerät jetzt die Dekonstruktion selbst in dekonstruktive Strudel hinein.
Was wir vor uns haben, ist letztlich aber doch eine große Allegorie des Lesens: Der Zugang zur Troposphäre führt nicht zufällig durch einen Buchstabentunnel. Und vermutlich kommt der Roman mit seinem kreativen Überschuss und den waghalsigen Sprüngen von Figur zu Figur dem Synapsenfeuerwerk im Kopf von Lesenden tatsächlich sehr nahe. Es ist die oft erzählte und immer wieder zu erzählende Geschichte vom Verschwinden im Buch: "Das wirkliche Leben ist konkret. Gebt mir Bücher stattdessen, gebt mir die unsichtbaren Inhalte von Büchern, die Gedanken, die Ideen, die Bilder. Lasst mich Teil eines Buches werden." Lektüre schlägt um in Autorschaft. Und so scheint alles auf die alte genieästhetische Kränkung zuzulaufen: "Wollte ich je wissen, dass es keinen Gott gibt: dass wir Gott SIND?"
Das Ende ist geschickt arrangiert, denn nach knapp sechshundert Seiten entzieht sich uns die Heldin an Adams Seite in Richtung Paradies, ohne dass wir erfahren, ob die große Rettungsaktion Erfolg hatte. Auch im Epilog verschwimmen die Perspektiven: Wer ist Schöpfer, wer Geschöpf? Überlagert wird diese Reise zur totalen Immersion vom Anfang der Anfänge. Der Mythos der Erkenntnis hebt adamitisch neu an, die Handlung macht sich selbst unmöglich, und Ariel verflüchtigt sich zwischen dionysischer Entrückung und apollinischer Quantentheologie zum absoluten Luftgeist. Nach vielen Stunden in der Troposphäre sitzen wir schließlich wieder in der Realität, die aber so grau nun auch wieder nicht ist, dass man nicht ein- bis zweihundert Seiten dieses ansonsten so rasanten wie eleganten Denkromans hätte einsparen können.
- Scarlett Thomas: "Troposphere". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Jochen Stremmel. Kindler Verlag, Reinbek bei Hamburg 2008. 574 S., br., 19,90 [Euro].
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