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Supermarket checkout girl Tracy Pringle has a very lively imagination indeed. In front of her, as she blip-blips herself into a daydream, walk past not boring housewives with screaming children or tired office clerks. This book exposes the flaws inherent to our multicultural society, and explores the nature of racism from an original angle.

Produktbeschreibung
Supermarket checkout girl Tracy Pringle has a very lively imagination indeed. In front of her, as she blip-blips herself into a daydream, walk past not boring housewives with screaming children or tired office clerks. This book exposes the flaws inherent to our multicultural society, and explores the nature of racism from an original angle.
Autorenporträt
Anthony McCarten, geboren 1961 in New Plymouth, ist ein Schriftsteller und Filmemacher aus Neuseeland. Er wohnt in Los Angeles, Wellington und in London.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.08.2008

An allem ist Cat Stevens schuld
Anthony McCartens Multi-Kulti- Roman „Englischer Harem”
Die großen Tragödien spielen sich heute zwischen den Kulturen ab. Nirgendwo sind die Gräben zwischen den Menschen so unüberwindbar wie dort, wo die Religionen mit Wucht kollidieren. Umgekehrt geben die kulturellen und religiösen Differenzen aber auch die besten Komödien her. Wo Menschen an die Grenzen ihrer Vorurteile stoßen und wie sie diese zu überwinden versuchen – das ist nicht nur lustig, sondern kann auch wunderbare Happyends hervorbringen.
Anthony McCartens Roman „Englischer Harem” liegt irgendwo in der Mitte. Er hebt an als turbulente Multikulti-Komödie, in deren Mittelpunkt die lebenslustige, 21-jährige Kassiererin Tracy steht. Zu Beginn verliert Tracy ihren Job und heuert in einem persischen Restaurant an. Das gehört Saaman „Sam” Sahar, einem Exil-Iraner, der eine feinere englische Art als die meisten Briten hat, allerdings auch von dem islamischen Recht Gebrauch macht, mehrere Ehefrauen haben zu dürfen. Zwei (plus vier Kinder) wohnen schon bei ihm, dann kommt es, wie es kommen muss: Er verliebt sich in Tracy und heiratet auch sie.
Weitere Figuren in diesem bunten Parallelgesellschaftspanorama: Sams zauberhafte Ehefrauen Firouzeh und Yvette, Tracys tölpelhafter Ex-Macker, der Rache schwört und Sam bei jeder Gelegenheit nachstellt, schließlich die Pringles, Tracys prollige Eltern, sie Kindergärtnerin, er Hausmeister. Sie wohnen in einem Sozialbau im schlimmsten Teil von London, wo das Gepflegteste die Ressentiments gegen Ausländer sind. Irgendwann stoßen noch Sams Eltern aus dem Iran dazu, die den Pringles an Borniertheit um nichts nachstehen.
Der Neuseeländer McCarten, Drehbuchautor und Verfasser von Theaterstücken und Romanen, setzt seine Geschichte mit großem Gespür für Effekte um. Immer wieder nimmt die Handlung rasante Wendungen, es kommt zu Verfolgungsjagden und erotischen Verwicklungen. In Rückblenden wird aufgerollt, wie der Perser Sam eigentlich zu seinen Frauen kam. Es ist nämlich nicht so, wie das Jugendamt unterstellt: Sams Verhältnis zu seinen ersten beiden Gattinnen ist rein platonisch und standesamtlich geheiratet hat er sie auch nicht. Er hat die Frauen nur nach dem Tod ihrer früheren Ehemänner zu sich genommen, damit sie nicht unversorgt bleiben.
McCartens Erzählweise ist vom Film inspiriert, vor allem seine Art, Schnitte zu setzen. Einmal nimmt sich Sam den fiesen Exfreund seiner Drittfrau vor, um ihm eine Lektion zu erteilen. In der nächsten Szene sehen wir, wie sich ein Messer senkt – allerdings in eine Schwarzwälderkirschtorte, die Sam seinem Widersacher anbietet, um bei einer schönen Tasse Tee ein Gespräch unter Männern zu führen. McCartens Dialoge wiederum könnten aus einer englischen Sitcom stammen. So verläuft etwa ein Gespräch zwischen den Pringles, als sie auf der Suche nach Tracys Beweggründen, einen Moslem zu heiraten, die Plattensammlung ihrer Tochter durchwühlen: „,Na worauf will ich wohl hinaus? Ich will darauf hinaus, dass Tracy von morgens bis abends diese Platten gedudelt hat, und dann, was passiert dann? Ihr Lieblingssänger tritt zum Islam über. Und was macht sie? Sie heiratet in einen Harem.‘ – ‚Das heißt, Cat Stevens steckt hinter allem?‘”
Fast unmerklich kippt der Roman dabei von Dur in Moll, aus der leichten Komödie wird eine düstere Bestandsaufnahme Englands. Das Jugendamt nimmt Sam die Kinder weg, obwohl er gegen kein Gesetz verstoßen hat, Sam selbst wird von Jugendlichen komareif zusammengeschlagen. Bis zum Schluss will er in seinem Glauben an die britische Toleranz nicht akzeptieren, dass er Opfer eines rassistischen Übergriffs wurde und „sein Orient-Okzident-Experiment” keine Zukunft hat. Immer deutlicher treten im Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert, die Risse im Gefüge der multikulturellen Gesellschaft hervor. Sam überlebt die Attacke nicht, ein vietnamesisches Geschwisterpaar aus dem Kindergarten von Tracys Mutter ist eines Tages tot, weil die Familie nach Ablehnung des Asylantrags keinen anderen Ausweg mehr sah, als gemeinsam von einer Brücke zu springen.
Zwar wird der desolate Sozialbau, in dem die Pringles leben und dessen Baufälligkeit bei McCarten für den Zustand der Gesellschaft steht, am Ende in die Luft gesprengt. Der Sprengstoff, den das Zusammenleben der Kulturen birgt, ist damit aber noch lange nicht aufgebraucht. VERENA MAYER
ANTHONY MCCARTEN: Englischer Harem. Roman. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Diogenes Verlag, Zürich 2008. 582 Seiten, 21,90 Euro.
Anthony McCarten Foto: Peter Peitsch
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