In den letzten Jahren hat das filmische Werk der Nobelpreisträgers Samuel Becketts (1906-1989) international vehement an Bedeutung gewonnen. Seine TV-Arbeiten sowie die Filme »Film« und »Comédie« werden in Ausstellungen gezeigt, zum Gegenstand von Symposien und wissenschaftlichen Forschungen, und es scheint ein neuer, ein vor allem visuell denkender Beckett hier zu erstrahlen, dessen filmisches Werk auch eine neue Sicht auf sein schriftstellerisches Gesamtwerk ermöglicht. Der Band bietet in Originalbeiträgen, Nachdrucken und Übersetzungen bereits publizierter Aufsätze einen Überblick zum Stand des Nachdenkens über Becketts Filmleidenschaften und seine Bemühungen, in immer wechselnden Strategien das Feld des bewegten Bildes unnachahmlich in Szene zu setzen. Er versammelt methodisch heterogene und historisch weit auseinanderliegende Beiträge von Praktikern, Essayisten, Schriftstellern und Wissenschaftlern, um aus unterschiedlichsten Perspektiven sich diesem faszinierenden Kosmos zunähern. Dies geschieht, um einerseits zu dokumentieren, dass die Deutungsansätze eine Kulturgeschichte der Herangehensweisen repräsentieren, und dass es, daraus folgernd, eine verbindliche Interpretation gerade auch bei diesem polysinnlich arbeitenden Medienkünstler nicht geben kann und wird. Neben den Filmen stehen gerade auch Becketts Aussagen und Notizen zu einer Ästhetik des Mediums im Fokus der Autoren, da in diesen, oft kryptischen, Bemerkungen der hohe Grad der Reflexionen dieses »Fernsehdichters« deutlich wird.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Beckett: In der Kargheit liegt sein Reichtum, und das gilt für sein Filmwerk ebenso wie für seine bekannteren Theaterstücke, schreibt Christian Deutschmann in einer emphatischen und kompetenten Kritik des Bandes. Beckett fühlte sich immer schon zum Film, später fast mehr noch zum Fernsehen hingezogen, erzählt Deutschmann, und daran kann ganz organisch eine Frage anschließen, die in der Beckett-Forschung im ganzen heute en vogue zu sein scheint: Kann es sein, dass der "Drang zum Bild" in sein gesamtes Werk eingeschrieben ist? Nach Lektüre von Deutschmanns Kritik und seinem Referat einiger Artikel des Buchs, ist man geneigt die Frage mit "Ja" zu beantworten. Beckett, so steht da etwa, gelangt über das Fernsehen zu einem ganz neuen Genre: dem visuellen Gedicht. Nebenbei reflektiert der Band laut Deutschmann übrigens noch etwas anderes: eine verloren gegangene Intensität und Liebe, mit der sich die öffentlich-rechtlichen Sender einer solchen Avantgarde-Figur zuwandten. Denn trotz ihrer Kargheit, so Deutschmann, waren die Produktionen der Beckett-Filme durchaus aufwendig.
© Perlentaucher Medien GmbH
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