"This serious, compact survey of the war's history stands out as the most well-informed, accessible work available." (Los Angeles Times) Nearly a century has passed since the outbreak of World War I, yet as military historian Hew Strachan (winner of the 2016 Pritzker Literature Award) argues in this brilliant and authoritative new book, the legacy of the "war to end all wars" is with us still. The First World War was a truly global conflict from the start, with many of the most decisive battles fought in or directly affecting the Balkans, Africa, and the Ottoman Empire. Even more than World War II, the First World War continues to shape the politics and international relations of our world, especially in hot spots like the Middle East and the Balkans. Strachan has done a masterful job of reexamining the causes, the major campaigns, and the consequences of the First World War, compressing a lifetime of knowledge into a single definitive volume tailored for the general reader. Written in crisp, compelling prose and enlivened with extraordinarily vivid photographs and detailed maps, The First World War re-creates this world-altering conflict both on and off the battlefield-the clash of ideologies between the colonial powers at the center of the war, the social and economic unrest that swept Europe both before and after, the military strategies employed with stunning success and tragic failure in the various theaters of war, the terms of peace and why it didn't last. Drawing on material culled from many countries, Strachan offers a fresh, clear-sighted perspective on how the war not only redrew the map of the world but also set in motion the most dangerous conflicts of today. Deeply learned, powerfully written, and soon to be released with a new introduction that commemorates the hundredth anniversary of the outbreak of the war, The First World War remains a landmark of contemporary history.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2001Der Safeschlüssel war mit dem General auf Kur
Hew Strachan zertrümmert Mythen über die Schlachten des Ersten Weltkrieges
Hew Strachan: The First World War. Band 1: To Arms. Oxford University Press, Oxford 2001. 1227 Seiten, 30,- Pfund.
"My darling One & beautiful - Everything tends towards catastrophe, & collapse. I am interested, geared up and happy." Diese Zeilen schrieb Winston Churchill am 28. Juli 1914 seiner Frau, und die Katastrophe, die er hier so warm begrüßte, war der heraufziehende Erste Weltkrieg. Die meisten Europäer seines Zeitalters, Männer wie Frauen, waren zwar nicht von derartig blind-kriegerischem Enthusiasmus erfüllt. Sie waren aber wohl zutiefst von der Notwendigkeit der Landesverteidigung überzeugt. Sie gingen "Willingly to war", wie Hew Strachan das entsprechende Kapitel seines Buches über den Ersten Weltkrieg betitelt. Ihr Mitmachen bis 1917/18 war eine der wesentlichen Voraussetzungen dieses Krieges.
Der Krieg begann an vielen Orten mit wilden Improvisationen. So mußte im serbischen Generalstab der Safe mit den Mobilmachungsunterlagen aufgesprengt werden, da Generalstabschef Radomir Putnik auf Kur war und den Schlüssel mitgenommen hatte. Und die deutsche Schutztruppe in Kamerun hatte kaum Munition. Man erfährt nun, mit welch abenteuerlichen Mixturen die Feuerwerker diesem Mangel abzuhelfen suchten.
Doch nicht nur im Kleinen, auch im Großen mußte improvisiert werden, und zwar spätestens dann, als sämtliche Kriegspläne im Herbst 1914 zusammenbrachen, die Munitionsversorgung nicht mehr ausreichte, die Truppen sich eingruben und es klar wurde, daß dieser Krieg länger dauerte als vorausgesehen. Hier stellt sich die Frage, wie lang denn der Krieg - nach den Prognosen der Generalstäbe - wohl hätte dauern sollen. Die Antwort wird in einem eigenen Unterkapitel "The short war illusion" gegeben, gewissermaßen unter der Überschrift: "Wie lang war ,lang' überhaupt"? Drei Monate? Sechs Monate? Zwei Jahre? Strachan behandelt die "Short war illusion" als optimistisches "wishful thinking", für die bei sorgfältigem Nachdenken schon vor 1914 keinerlei Gründe vorgelegen hatten.
Doch von den Einzelheiten nun zum Kern. Wie kann diese neue Geschichte des Ersten Weltkriegs beurteilt werden? Der Verfasser ist Professor für Militärgeschichte. Er hat seit dem Ende der achtziger Jahre an dieser Geschichte des Ersten Weltkriegs gearbeitet. Die Frage, was daran denn neu sein soll, beantwortet er selbst wie folgt: Er wollte den Anglozentrismus der britischen Forschung überwinden und den Weltkrieg international, komparativ und als globales Geschehen darstellen. Der erste Band - zwei sollen noch folgen - schildert auf 1200 Seiten das erste Jahr des Ersten Weltkrieges.
Der Blick ist tatsächlich global. So wird unter anderem dargestellt, warum die Russen die Schlacht bei Tannenberg im August 1914 verloren haben und die Deutschen die Marneschlacht. Strachan behandelt die Operationsplanung der Österreicher und warum im Sommer 1914 ihre anfängliche Offensive gegen Serbien - und später auch die gegen Rußland - scheiterte. Er widmet sich auch ausführlich der Frage, warum die noch von den Balkankriegen geschwächte Türkei im November 1914 in den Krieg eintrat und was sich die "policy makers" in Konstantinopel davon versprochen hatten, und er hebt die oftmals unterschätzte Kampfstärke der Türken hervor.
Die Darstellung wendet sich auch den außereuropäischen Ereignissen zu. So unterrichtet Strachan den Leser über die Aussichten des ( vom Sultan gegen die europäischen Kolonialmächte ausgerufenen) "Heiligen Krieges" und über die Orientierungssuche der Führer der Senussi in Libyen zwischen den Türken und der Entente. Man erfährt, warum die Japaner in den Krieg eingriffen und wie der deutsche Besitz im Pazifik zwischen ihnen und den britischen Dominions zur Verteilung kam. Weitere umfangreiche Kapitel, gewissermaßen Bücher im Buch, sind der Kriegsfinanzierung und den Kämpfen in den deutschen Kolonien in Afrika gewidmet.
Der Autor behandelt alles - und dies komparativ und auf globaler Ebene und unter Berücksichtigung der gesamten relevanten Literatur. Dies ist das Neue, während eine griffige These, unter der das Ganze überschriftartig zusammengefaßt werden könnte, nicht auszumachen ist. Es handelt sich nämlich um Militärgeschichte, bei der die detaillierte Darstellung der Kampfhandlungen und die Analyse der gegeneinander kämpfenden militärischen Organismen im Vordergrund steht.
Wenn Strachan Kämpfe schildert - und dies geschieht oft -, wird das operative Geschehen gewissermaßen unter der Lupe seziert. In seiner Geschichte des Ersten Weltkriegs spielt, gerade durch den vergleichenden Ansatz, die Analyse der einzelnen für das Kampfgeschehen wesentlichen Faktoren eine zentrale Rolle: die Führung der Truppen auf dem Schlachtfeld, die Ausbildung und Ausrüstung von Stäben und Soldaten, die Feindaufklärung, die Versorgung mit Lebensmitteln und Munition, der Stand von Straßen- und Eisenbahnverbindungen sowie von Nachrichtenwegen. Parallel dazu werden die Kämpfe in ihrem zeitlichen Ablauf dargestellt, also die einzelnen Bewegungen der Truppenkörper, dann werden, zwischen den Seiten hin und herspringend, die jeweiligen schlachtentscheidenden Faktoren verglichen. Und dies für alle europäischen und afrikanischen Schlachtfelder, für die Verteidigung von Kiaochow, den Seekrieg in der Nordsee und den Kreuzerkrieg in Übersee, wie etwa die Falklandschlacht des Dezembers 1914.
Nun hat eine solche Darstellungsweise Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, daß hier ein vorurteils- und leidenschaftsloser Analytiker mit großer Sachkenntnis darlegt, wie die Kämpfe verliefen und warum sie den Ausgang nahmen, den sie nahmen. Bei dieser Gelegenheit werden am laufenden Band - gewissermaßen im Vorübergehen - Mythen und Halbwissen über die Schlachten des Ersten Weltkrieges zertrümmert. Der Nachteil ist, daß diese voluminöse Darstellung vergleichsweise anstrengend mitzuverfolgen ist. Auch die Ausstattung mit - bei diesem Erzählstil erforderlichen - Karten ist unzureichend. Das Hauptproblem des Unternehmens dürfte der gewaltige Umfang des Gesamtwerks werden. Wer sich davon nicht abschrecken läßt, dem werden Strachans enzyklopädische Belesenheit und sein präzises Urteil neue Sichtweisen auf den Ablauf des Ersten Weltkrieges vermitteln.
HOLGER AFFLERBACH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hew Strachan zertrümmert Mythen über die Schlachten des Ersten Weltkrieges
Hew Strachan: The First World War. Band 1: To Arms. Oxford University Press, Oxford 2001. 1227 Seiten, 30,- Pfund.
"My darling One & beautiful - Everything tends towards catastrophe, & collapse. I am interested, geared up and happy." Diese Zeilen schrieb Winston Churchill am 28. Juli 1914 seiner Frau, und die Katastrophe, die er hier so warm begrüßte, war der heraufziehende Erste Weltkrieg. Die meisten Europäer seines Zeitalters, Männer wie Frauen, waren zwar nicht von derartig blind-kriegerischem Enthusiasmus erfüllt. Sie waren aber wohl zutiefst von der Notwendigkeit der Landesverteidigung überzeugt. Sie gingen "Willingly to war", wie Hew Strachan das entsprechende Kapitel seines Buches über den Ersten Weltkrieg betitelt. Ihr Mitmachen bis 1917/18 war eine der wesentlichen Voraussetzungen dieses Krieges.
Der Krieg begann an vielen Orten mit wilden Improvisationen. So mußte im serbischen Generalstab der Safe mit den Mobilmachungsunterlagen aufgesprengt werden, da Generalstabschef Radomir Putnik auf Kur war und den Schlüssel mitgenommen hatte. Und die deutsche Schutztruppe in Kamerun hatte kaum Munition. Man erfährt nun, mit welch abenteuerlichen Mixturen die Feuerwerker diesem Mangel abzuhelfen suchten.
Doch nicht nur im Kleinen, auch im Großen mußte improvisiert werden, und zwar spätestens dann, als sämtliche Kriegspläne im Herbst 1914 zusammenbrachen, die Munitionsversorgung nicht mehr ausreichte, die Truppen sich eingruben und es klar wurde, daß dieser Krieg länger dauerte als vorausgesehen. Hier stellt sich die Frage, wie lang denn der Krieg - nach den Prognosen der Generalstäbe - wohl hätte dauern sollen. Die Antwort wird in einem eigenen Unterkapitel "The short war illusion" gegeben, gewissermaßen unter der Überschrift: "Wie lang war ,lang' überhaupt"? Drei Monate? Sechs Monate? Zwei Jahre? Strachan behandelt die "Short war illusion" als optimistisches "wishful thinking", für die bei sorgfältigem Nachdenken schon vor 1914 keinerlei Gründe vorgelegen hatten.
Doch von den Einzelheiten nun zum Kern. Wie kann diese neue Geschichte des Ersten Weltkriegs beurteilt werden? Der Verfasser ist Professor für Militärgeschichte. Er hat seit dem Ende der achtziger Jahre an dieser Geschichte des Ersten Weltkriegs gearbeitet. Die Frage, was daran denn neu sein soll, beantwortet er selbst wie folgt: Er wollte den Anglozentrismus der britischen Forschung überwinden und den Weltkrieg international, komparativ und als globales Geschehen darstellen. Der erste Band - zwei sollen noch folgen - schildert auf 1200 Seiten das erste Jahr des Ersten Weltkrieges.
Der Blick ist tatsächlich global. So wird unter anderem dargestellt, warum die Russen die Schlacht bei Tannenberg im August 1914 verloren haben und die Deutschen die Marneschlacht. Strachan behandelt die Operationsplanung der Österreicher und warum im Sommer 1914 ihre anfängliche Offensive gegen Serbien - und später auch die gegen Rußland - scheiterte. Er widmet sich auch ausführlich der Frage, warum die noch von den Balkankriegen geschwächte Türkei im November 1914 in den Krieg eintrat und was sich die "policy makers" in Konstantinopel davon versprochen hatten, und er hebt die oftmals unterschätzte Kampfstärke der Türken hervor.
Die Darstellung wendet sich auch den außereuropäischen Ereignissen zu. So unterrichtet Strachan den Leser über die Aussichten des ( vom Sultan gegen die europäischen Kolonialmächte ausgerufenen) "Heiligen Krieges" und über die Orientierungssuche der Führer der Senussi in Libyen zwischen den Türken und der Entente. Man erfährt, warum die Japaner in den Krieg eingriffen und wie der deutsche Besitz im Pazifik zwischen ihnen und den britischen Dominions zur Verteilung kam. Weitere umfangreiche Kapitel, gewissermaßen Bücher im Buch, sind der Kriegsfinanzierung und den Kämpfen in den deutschen Kolonien in Afrika gewidmet.
Der Autor behandelt alles - und dies komparativ und auf globaler Ebene und unter Berücksichtigung der gesamten relevanten Literatur. Dies ist das Neue, während eine griffige These, unter der das Ganze überschriftartig zusammengefaßt werden könnte, nicht auszumachen ist. Es handelt sich nämlich um Militärgeschichte, bei der die detaillierte Darstellung der Kampfhandlungen und die Analyse der gegeneinander kämpfenden militärischen Organismen im Vordergrund steht.
Wenn Strachan Kämpfe schildert - und dies geschieht oft -, wird das operative Geschehen gewissermaßen unter der Lupe seziert. In seiner Geschichte des Ersten Weltkriegs spielt, gerade durch den vergleichenden Ansatz, die Analyse der einzelnen für das Kampfgeschehen wesentlichen Faktoren eine zentrale Rolle: die Führung der Truppen auf dem Schlachtfeld, die Ausbildung und Ausrüstung von Stäben und Soldaten, die Feindaufklärung, die Versorgung mit Lebensmitteln und Munition, der Stand von Straßen- und Eisenbahnverbindungen sowie von Nachrichtenwegen. Parallel dazu werden die Kämpfe in ihrem zeitlichen Ablauf dargestellt, also die einzelnen Bewegungen der Truppenkörper, dann werden, zwischen den Seiten hin und herspringend, die jeweiligen schlachtentscheidenden Faktoren verglichen. Und dies für alle europäischen und afrikanischen Schlachtfelder, für die Verteidigung von Kiaochow, den Seekrieg in der Nordsee und den Kreuzerkrieg in Übersee, wie etwa die Falklandschlacht des Dezembers 1914.
Nun hat eine solche Darstellungsweise Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, daß hier ein vorurteils- und leidenschaftsloser Analytiker mit großer Sachkenntnis darlegt, wie die Kämpfe verliefen und warum sie den Ausgang nahmen, den sie nahmen. Bei dieser Gelegenheit werden am laufenden Band - gewissermaßen im Vorübergehen - Mythen und Halbwissen über die Schlachten des Ersten Weltkrieges zertrümmert. Der Nachteil ist, daß diese voluminöse Darstellung vergleichsweise anstrengend mitzuverfolgen ist. Auch die Ausstattung mit - bei diesem Erzählstil erforderlichen - Karten ist unzureichend. Das Hauptproblem des Unternehmens dürfte der gewaltige Umfang des Gesamtwerks werden. Wer sich davon nicht abschrecken läßt, dem werden Strachans enzyklopädische Belesenheit und sein präzises Urteil neue Sichtweisen auf den Ablauf des Ersten Weltkrieges vermitteln.
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