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From the ashes of empire, the nation rose on a wave of idealism. That, at least, is the standard tale. Dominique Reill argues that empire retained many supporters after 1919. Investigating the post-WWI crisis in multicultural, urbane Fiume, she finds that the stories of empireâ s cosmopolitans have been overwritten by the triumph of nationalism.

Produktbeschreibung
From the ashes of empire, the nation rose on a wave of idealism. That, at least, is the standard tale. Dominique Reill argues that empire retained many supporters after 1919. Investigating the post-WWI crisis in multicultural, urbane Fiume, she finds that the stories of empireâ s cosmopolitans have been overwritten by the triumph of nationalism.
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Autorenporträt
Dominique Kirchner Reill is Professor of Modern European History at the University of Miami and author of the award-winning Nationalists Who Feared the Nation: Adriatic Multi-Nationalism in Habsburg Dalmatia, Trieste, and Venice.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2021

Ein exaltierter Dichter für die Pfeffersäcke
Anbahnung des Faschismus? Dominique Kirchner Reill wirft neues Licht auf Gabriele D'Annunzios politisches Abenteuer in Fiume

Ab Januar 1919 tagten in Paris die Sieger des Ersten Weltkriegs. Immer wieder ging es dabei auch um die Hafenstadt Fiume. Das heutige Rijeka in Kroatien war bis 1918 neben Triest einer der beiden wichtigen Häfen des Habsburgerreiches gewesen. Triest diente der österreichischen, Fiume der ungarischen Reichshälfte als Tor zur Welt. Budapest hatte jahrzehntelang investiert, um Fiume zu einem international bedeutenden Handelsplatz zu machen. Das glückte, die Stadt boomte.

Nach 1918 wurde Fiume von Italien und dem neuen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Jugoslawien) beansprucht. Rom verwies darauf, dass eine Mehrheit der Stadtbevölkerung italienischsprachig war und den Anschluss an Italien wünschte. Fiumes "italienischer Nationalrat" hatte bereits am 30. Oktober 1918 den Anschluss der Stadt an Italien proklamiert. Wie wollte man das ignorieren in Zeiten, da Woodrow Wilson als Präsident der werdenden amerikanischen Großmacht den Gedanken des Selbstbestimmungsrechts der Völker forcierte? Doch die Rechnung, die Italien mit der relativ zuverlässigen Volkszählung von 1910 präsentierte und laut der Fiume eine italienischsprachige Mehrheit hatte, war unvollständig. Bezog man das kroatisch geprägte und für die Stadt überlebenswichtige Umland ein, sahen die Verhältnisse anders aus - die Agglomeration Fiume war kroatisch geprägt.

Woodrow Wilson stellte sich in Paris Forderungen nach einem Anschluss Fiumes an Italien jedoch auch aus strategischen und ökonomischen Gründen entgegen: Für Jugoslawien und die mitteleuropäischen Staaten ohne Meerzugang - Ungarn, Österreich, Rumänien, die Tschechoslowakei - sei es wichtig, dass Italien nicht ein Monopol auf die wichtigsten Hafenstädte der nördlichen Adria erhalte. Doch in Italien heizte der Dichter und Kriegsheld Gabriele D'Annunzio die Fiume-Hysterie an. Sein Schlagwort vom "verstümmelten Sieg" ging um. Italien sei groß und wolle größer werden, es brauche Fiume, schrieb er, und bald wurden aus seinen Worten Taten: Mit einigen hundert Freischärlern marschierte D'Annunzio am 12. September 1919 in Fiume ein und nahm die Stadt mit Unterstützung proitalienischer Lokalpolitiker für Italien in Besitz. Später erhob er sich zum "Duce" Fiumes, betrieb einen Führerkult mit Aufmärschen, Fackelzügen und pathetischen Reden. Losung: "Italien oder Tod". Das Abenteuer währte sechzehn Monate, Weihnachten 1920 wurde die Stadt belagert - von italienischen Truppen. Eigentlich hätte Italien Fiume tatsächlich lieber annektiert, doch fürchtete man in Rom, durch ein Beharren auf der ostadriatischen Trophäe die westlichen Alliierten zu verärgern und so andere, wichtigere Gebiete der erstrebten territorialen Nachkriegsbeute zu gefährden.

So setzte Italien am Ende Waffen ein, um Fiume und dem angereisten Dichter-Duce die Einsicht aufzuzwingen, dass eine Irredenta vom Mutterland aus übergeordneten Gründen nicht gewollt war. Im Januar 1921 zog D'Annunzios Freischärlertruppe ab.

D'Annunzios charismatische Herrschaft über Fiume wird bis heute oft als Vorbild für Benito Mussolinis Machtergreifung gesehen, an der sich wiederum Hitler orientierte. Fiume sei gleichsam ein "Laboratorium des Faschismus" gewesen. Die amerikanische Historikerin Dominique Kirchner Reill hat nun ein Buch vorgelegt, in dem sie untersucht, wie substanziell solche Lesarten sind. Sie bestreitet nicht, dass D'Annunzio in Fiume tatsächlich eine neue Art der Politik eingeführt habe, eine "Sakralisierung des massenorientierten Nationalismus", wie sie es nennt. Schließlich reiste sogar Mussolini aus Italien an, um sich D'Annunzios Herrschaft anzusehen.

Die Verbindungslinien zum frühen italienischen Faschismus seien unverkennbar, schreibt die Autorin. D'Annunzio scheiterte zwar, aber der Mobilisierungseffekt, den er generiert hatte, sei für viele eine wichtige Lektion gewesen. Nicht nur hätten sich später viele von D'Annunzios Fiume-Veteranen Mussolini angeschlossen. "Es gab auch eine Kontinuität in Uniformen, Grüßen, Losungen, Kriegsliedern und in der soldatischen Überhöhung eines charismatischen Duce, der in fast täglichen Balkonreden imperialistische Begeisterung weckte."

Deshalb habe Mussolini D'Annunzio und dessen Legionäre auch als Vorläufer seiner faschistischen Revolution anerkannt, den Fiume-Veteranen gar Pensionen angeboten. Nur sei D'Annunzios Herrschaft über Fiume insgesamt "ebenso nichtfaschistisch wie faschistisch gewesen", relativiert die Autorin. Der "Bonvivant-Kosmopolitismus", die offen praktizierte Homosexualität oder die Rauschgiftexperimente der Freischärler in Fiume waren weder für Mussolini noch für Hitler stilbildend.

Nicht wenige Darstellungen von D'Annunzios fiumanischer Eskapade kranken daran, dass sie allein aus literarisch-italienischer Perspektive und oft auch nur in Kenntnis italienischer Quellen geschrieben wurden. D'Annunzios Fiume wird so zur lustigsten Baracke des Faschismus verkitscht, zur eindimensionalen Kulisse. Indem Dominique Kirchner Reill italienische mit kroatischen Quellen kombiniert, etwa aus dem Stadtarchiv von Rijeka, bekommt ihre Darstellung dagegen Tiefe und Kontur. Im Spiegel der von ihr ausgewerteten Gerichtsakten, Polizeiprotokolle, Geschäftsbriefe und anderer Archivfunde wird eine pragmatische Hafenstadt mit einem Bürgertum von pfeffersäckischer Lebensklugheit erkennbar. Zerfallen war das Imperium, das die Stadt groß gemacht hatte, und nun suchte man eben einen neuen staatlichen Rahmen zum Gedeih. Das relativ wohlhabende Italien schien da schlicht eine bessere Option zu sein als das heikle Experiment eines gemeinsamen Staates der Südslawen.

Eine Mehrheit der Fiumaner wollte den Anschluss, hoffte in Italien aber auf einen Sonderstatus als semi-autonomes "Corpus separatum", den die Stadt schon in Österreich-Ungarn besessen hatte. Für Fiumes italienischsprachiges Bürgertum sollte D'Annunzio der Türöffner nach Italien und damit zur Fortführung der Geschäftstätigkeit sein. Den überdrehten Dichter zum Herrn der Stadt zu machen erscheint da als durchaus rationale Entscheidung für das Irrationale.

D'Annunzios eigene Version seiner Zeit in Fiume habe allzu oft unreflektiert ihren Weg in die Geschichtsschreibung gefunden, bemängelt Kirchner Reill. Viele Darstellungen seien zudem so stark auf Fiume als Modell des italienischen Faschismus fixiert, dass wichtige Aspekte übersehen worden seien. Nationalismus sei nicht der bestimmende oder zumindest nicht der allein bestimmende Faktor gewesen, der das damalige Geschehen in der Stadt geprägt habe. Detailreich und quellensatt widerspricht Kirchner Reill der These, eine ganze Stadt sei zwischen 1919 und 1921 D'Annunzios Charisma erlegen und habe sich wehrlos zum Proberaum einer der beiden mörderischen Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts machen lassen.

MICHAEL MARTENS

Dominique Kirchner Reill: "The Fiume Crisis". Life in the Wake of the Habsburg Empire.

Harvard University Press, Cambridge 2020. 289 S., geb., 35,90 [Euro].

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