Bringing his twin gifts of scientific speculation and scathing satire to bear on that hapless planet, Earth, Lem sends his unlucky cosmonaut, Ijon Tichy, to the Eighth Futurological Congress. Caught up in local revolution, Tichy is shot and so critically wounded that he is flashfrozen to await a future cure. Translated by Michael Kandel.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2002SCIENCE FACTION
Erzählungen von gestern mit den Themen von heute
Wer wünscht sich nicht hin und wieder eine rosarote Brille, durch die die Kanten und Ecken der rauhen Realität vorübergehend ihre Schärfe verlieren? Drogen etwa sind ein Mittel, die Filterbrille der fröhlichen Wahrnehmung auch bei widrigen Umständen auf der Nase zu behalten. Das ist bei chemischen Wahrnehmungsbeeinflussern weitgehend illegal. Dabei wäre es doch vorstellbar, daß eine verantwortungsbewußte Regierung mittels Drogen den alten Traum der idealen Gesellschaft verwirklicht. In seinem Roman "Der futurologische Kongreß" schickt Stanislaw Lem seinen Helden Ijon Tichy auf die Reise in solch ein halluzinogeninduziertes Utopia. Tichy wird als Raumfahrer mit praktischer Erfahrung auf den 8. Futurologischen Weltkongreß zu Nounas in Costricana eingeladen. Doch Costricana ist ein Land im Aufruhr (weswegen es für den Kongreß mit gleichlautender Thematik ausgewählt wurde) - es kommt zum Aufstand gegen die Regierung, die sich mit psychoaktiven Stoffen zur Wehr setzt. Tichy kann dem Chaos entkommen, doch von verschiedenen Wirkstoffen und den Ereignissen beeinflußt, erlebt er eine mögliche Zukunft. Vermeintlich eingefroren und Jahrzehnte später wieder aufgetaut, findet er sich in einem Zeitalter wieder, in dem eine mehrstellige Milliardenzahl an Menschen glücklich auf der Erde lebt, Krieg der Vergangenheit angehört und das Wetter sowie die Mode per Abstimmung festgelegt wird. Alle Probleme scheinen gelöst - dank der Chemie, die durch Schlucken, Schnupfen und Inhalieren nicht nur eine gehobene Stimmung vermittelt, sondern auch Wissen und Erlebnisse. Doch das Paradies der glücklichen, chemiegesteuerten Existenz erweist sich selbst als chemisch hervorgerufenenes Trugbild: In Wahrheit sind die Menschen krank, verwahrlost und dem Untergang geweiht. Als Tichy auf einen Verantwortlichen trifft, rechtfertigt dieser die Situation: "Wir narkotisieren die Zivilisation, denn sonst ertrüge sie sich selbst nicht."
Eine vergangene Zukunftsvision, die nach 30 Jahren hauptsächlich literarischen Wert hat? Vielleicht. Zumindest wird der Massenkonsum stimmungshebender Partydrogen noch nicht staatlich gefördert. Aber wer weiß? Nach Lem würden wir den Unterschied sowieso nicht bemerken.
Wolfgang Treß
"Der futurologische Kongreß" erschien mit 138 Seiten beim Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main in der Reihe Phantastische Bibliothek.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erzählungen von gestern mit den Themen von heute
Wer wünscht sich nicht hin und wieder eine rosarote Brille, durch die die Kanten und Ecken der rauhen Realität vorübergehend ihre Schärfe verlieren? Drogen etwa sind ein Mittel, die Filterbrille der fröhlichen Wahrnehmung auch bei widrigen Umständen auf der Nase zu behalten. Das ist bei chemischen Wahrnehmungsbeeinflussern weitgehend illegal. Dabei wäre es doch vorstellbar, daß eine verantwortungsbewußte Regierung mittels Drogen den alten Traum der idealen Gesellschaft verwirklicht. In seinem Roman "Der futurologische Kongreß" schickt Stanislaw Lem seinen Helden Ijon Tichy auf die Reise in solch ein halluzinogeninduziertes Utopia. Tichy wird als Raumfahrer mit praktischer Erfahrung auf den 8. Futurologischen Weltkongreß zu Nounas in Costricana eingeladen. Doch Costricana ist ein Land im Aufruhr (weswegen es für den Kongreß mit gleichlautender Thematik ausgewählt wurde) - es kommt zum Aufstand gegen die Regierung, die sich mit psychoaktiven Stoffen zur Wehr setzt. Tichy kann dem Chaos entkommen, doch von verschiedenen Wirkstoffen und den Ereignissen beeinflußt, erlebt er eine mögliche Zukunft. Vermeintlich eingefroren und Jahrzehnte später wieder aufgetaut, findet er sich in einem Zeitalter wieder, in dem eine mehrstellige Milliardenzahl an Menschen glücklich auf der Erde lebt, Krieg der Vergangenheit angehört und das Wetter sowie die Mode per Abstimmung festgelegt wird. Alle Probleme scheinen gelöst - dank der Chemie, die durch Schlucken, Schnupfen und Inhalieren nicht nur eine gehobene Stimmung vermittelt, sondern auch Wissen und Erlebnisse. Doch das Paradies der glücklichen, chemiegesteuerten Existenz erweist sich selbst als chemisch hervorgerufenenes Trugbild: In Wahrheit sind die Menschen krank, verwahrlost und dem Untergang geweiht. Als Tichy auf einen Verantwortlichen trifft, rechtfertigt dieser die Situation: "Wir narkotisieren die Zivilisation, denn sonst ertrüge sie sich selbst nicht."
Eine vergangene Zukunftsvision, die nach 30 Jahren hauptsächlich literarischen Wert hat? Vielleicht. Zumindest wird der Massenkonsum stimmungshebender Partydrogen noch nicht staatlich gefördert. Aber wer weiß? Nach Lem würden wir den Unterschied sowieso nicht bemerken.
Wolfgang Treß
"Der futurologische Kongreß" erschien mit 138 Seiten beim Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main in der Reihe Phantastische Bibliothek.
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